Leserbrief. Leser Fabian Schefczik äußert sich zur Glosse „SozialarbeiterInnen für JuLis“.
Leserbrief. Leser Fabian Schefczik äußert sich zur Glosse „SozialarbeiterInnen für JuLis“.
Soziales. Obdachlose sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Die Minderheit wird stigmatisiert, entmenschlicht und mit Vorurteilen betrachtet. Die :bsz war am Wochenende auf der Platte am Buddenbergplatz hinter dem Hauptbahnhof, um die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen.
„Schöne Schuhe, wer hat dir die denn bezahlt?“, wurde Studentin Lara M. von ihrer Arbeitskollegin schnippisch gefragt. Nahezu jedeR Studierende wird zumindest hin und wieder mit solch vorurteilsbelasteten Aussagen konfrontiert. Der heutige Studierende ist faul, dumm, schlampig, pleite, schläft bis zum Nachmittag und hat hauptsächlich Bier im Kühlschrank und Party im Kopf.
Prostitution ist momentan ein heftig umstrittenes Thema in den Medien. Und Alice Schwarzer meldet sich am lautesten zu Wort, wenn es um (Zwangs-)Prostitution geht – doch macht sie das tatsächlich zu einer Expertin? Am 12. November lud das internationale Frauenforum „Migra!“ Mechthild Eickel von der Bochumer Prostituierten-Beratungsstelle Madonna e.V. an die RUB ein, um über „Sexarbeit und Migration“ zu referieren. Auf Alice Schwarzer und deren Kreuzzug gegen die Prostitution ist Eickel nicht gut zu sprechen.
Die seit Ende letzten Jahres wiedergekehrte Debatte um eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes wird diesmal massiver denn je von den Medien befeuert. Auch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sprang nun auf diesen Zug auf; so titelte die am 27. Mai 2013 erschienene Ausgabe reißerisch: „Bordell Deutschland. Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“. Wie bei solch einem Titel schon zu erwarten, nimmt der entsprechende Artikel klar die Position von ProstitutionsgegnerInnen ein – samt altbekannter, unbewiesener oder falscher Behauptungen und Pauschalisierungen. Die streitbare Prostituiertenorganisation Doña Carmen e.V. bezeichnet den Spiegelartikel in einer (auf donacarmen.de zu findenden) Stellungnahme als „Lumpenjournalismus“ und wirft dem Magazin vor, bei diesem Thema „rassistische Vorurteile“ gegen Osteuropäerinnen zu bedienen. Die :bsz setzt sich im Folgenden exemplarisch mit einigen Aussagen beider Texte auseinander.
„Mit mir nicht!“ Selbstbewusst saß Dany am letzten Mittwoch im HGB 20 und erzählte, was sie nach der Schließung des Dortmunder Straßenstrichs 2011 dachte: „Ich arbeite seit sieben Jahren selbstbestimmt und freiwillig in der Prostitution und ich will einfach nur meine Arbeit ausführen – mehr nicht.“ Darum ging sie vor Gericht, um die Stadt Dortmund zu verklagen – auf das erneute Einführen eines Straßenstrichs, eines Arbeitsplatzes, an dem früher 70 bis 100 Frauen am Tag der Prostitution nachgingen. Dany bekam am 21. März 2013 Recht. Die Stadt Dortmund muss einen neuen Ort für die Sexarbeiterinnen bereitstellen, reichte jedoch Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision des Urteils ein. Nach dem zunächst erfolgreichen Prozess „ist Pustekuchen angesagt“, kritisierte Dany den aktuellen Schwebezustand.
Zwischen 1926 und 1951 drehte das us-amerikanische Komiker-Duo „Laurel und Hardy“ 106 Filme. Im deutschsprachigen Raum wurden Stan Laurel und Oliver Hardy unter der Bezeichnung „Dick und Doof“ bekannt. Dass man mit signifikanten körperlichen Merkmalen, (gemimt) eingeschränkter geistiger Leistungsfähigkeit sowie zahlreichen Klischees und Vorurteilen im Kino und Fernsehen richtig Kasse machen konnte und kann, ist eine historisch verbriefte Tatsache. Auch die amerikanische TV-Serie „The Big Bang Theory“ zeigt, dass es noch immer ganz normal zu sein scheint, sich öffentlich und medial auf Kosten anderer zu belustigen.
Das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (ProstG) hat die Prostitution in Deutschland liberalisiert und war ein richtiger – wenn auch zu kleiner und vor allem symbolischer – Schritt zur beruflichen Anerkennung der SexarbeiterInnen. KritikerInnen des Gesetzes – allen voran Alice Schwarzer – behaupten jedoch immer wieder, die mit dem ProstG verbundene Liberalisierung habe die Situation der Prostituierten nicht verbessert, sondern verschlechtert und das Gesetz habe nicht den Prostituierten, sondern nur den Bordellbetreibern, Zuhältern und Menschenhändlern genutzt. Durch das ProstG hätten Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland zugenommen. Solche Behauptungen werden von den Medien größtenteils unkritisch übernommen und oft reißerisch präsentiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant mit Verweis auf diese angeblichen negativen Folgen des ProstG noch in der laufenden Legislaturperiode eine Verschärfung desselben. Beweise oder auch nur tatsächliche Hinweise für eine solche negative Entwicklung infolge des ProstG gibt es jedoch nicht.
Am 16. Januar diesen Jahres lief im Ersten zur besten Sendezeit der Spielfilm „Operation Zucker“. Dieser erzählt die fiktive Geschichte eines zehnjährigen Mädchens aus Rumänien, das in Deutschland in die Fänge von Kinderhändlern gerät und in einem nach außen als Single-Club getarnten „Kinderbordell“ in Berlin landet. Im Film kämpfen eine Polizistin und eine Staatsanwältin einen aussichtslosen Kampf gegen das Netzwerk der Menschenhändler und Pädosexuellen. In der Realität sind Fälle von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung bei Kindern, also bei Minderjährigen unter 14 Jahren, glücklicherweise sehr selten. So gab es nach einer Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) in den letzten 18 Jahren im Schnitt pro Jahr fünf polizeilich ermittelte mutmaßliche Opfer in dieser Altersgruppe und 66 in der Altersgruppe der 14 bis 17-Jährigen – wobei die Zahl der gerichtlich bestätigten Opfer noch deutlich darunter liegen dürfte.