Bild: Lena Dillenburg

Der Weg zurück in die Freiheit führt durch Langendreer, jedenfalls für die Gefangenen der JVA Bochum-Langendreer, die hier im offenen Vollzug eine Ausbildung machen. Die Gefangenen Mo und Mr. Y teilen ihre Geschichte und erzählen von ihren Gefühlen im Gefängnis.

Mo sagt, er sei kein Verbrecher: „Ich kann keiner Fliege was tun. Ich hab was Falsches gemacht und jetzt muss ich dafür geradestehen.“ Mo ist Gefangener in der JVA Bochum-Langendreer. Neben Kleinkriminellen sitzen hier auch Sexualstraftäter und Mörder. Aber die Sonne scheint und im Hof zwitschern die Vögel, nichts erinnert an das typische angsteinflößende ‚Prison Break‘-Bild eines Gefängnisses.

Die JVA Langendreer ist besonders: Wer hier eine Ausbildung im offenen Vollzug machen will, muss sich bewerben. Das heißt, es besteht keine Fluchtgefahr und alle können das Gelände verlassen, wenn sie die Regeln befolgen.

Ohne seinen Aufenthalt in Langendreer hätte Mo keine Ausbildung gemacht: „Ich hab mir das immer gewünscht, hab‘s immer bereut, dass ich direkt angefangen habe zu jobben. Vielleicht war das Schicksal.“ Mittlerweile darf er fast jedes Wochenende seine Familie besuchen. Seiner kleinen Tochter und den Nachbarn sagt Mo, er sei auf Montage: „Man schämt sich schon.“

Andere Gefangene dürfen nur mit einem Beamten von ihren Angehörigen besucht werden. „Das geht auf Lasten der Familie und der Ehe, davor haben viele – glaube ich – Angst.“, erzählt Mo.

Ausweise und auch Handys müssen die Studierenden beim Hineingehen in ein Schleusenfach legen. Der Pressesprecher Alexander Auferkamp führt die Studierenden heute durch die Ausbildungsstätten der JVA. Er hat Spaß an seinem Job: „Man kommt morgens an und weiß nie, was einen erwartet.“

Los geht es in die Elektrowerkstatt. In einem Raum voller großer Fenster sitzen fünf Gefangene auf Drehstühlen an großen Schreibtischen. Die Tische sind voller Kabel, Schalter und Computer. Versteckt hinter einem Bildschirm sitzt auch Mo. Die Gefangenen tragen beigefarbene Hosen und einen tannengrünen Pullover, ihre Arbeitskleidung, und beachten die Besucher mal mehr, mal weniger.

Weiter geht es in einen kleinen Park voll mit Steinen und Erdhaufen, vorbei an Baggern und Gefangenen, die Schutt in Schubkarren durch die Gegend schieben, hinein in den Bereich Gartenbau. Es läuft Musik von Phil Collins und eine Gruppe Gefangener präsentiert ihr laufendes Projekt: Ein Outdoor-Klassenzimmer für den Sommer.

Wie ein Ort, vor dem viele Menschen Angst haben, sieht es hier nicht aus – bis jetzt. In einem Raum mit Milchglasfenstern, einer einfachen Matratze, einer Toilette und einem Waschbecken aus Metall lehnt sich Auferkamp ans Fenster und erklärt, dass in dieser Zelle Gefangene untergebracht werden, bei denen Fluchtgefahr besteht. Zum Beispiel, wenn ein neues Ermittlungsverfahren für einen Gefangenen eröffnet wird. „Für die Gefangenen ist es sehr schwer hier zu sein.“, erklärt der Pressesprecher: „Zum einen müssen sie sich komplett entkleiden und Anstaltskleidung anziehen, damit sie keine gefährlichen Gegenstände bei sich haben können, und zum anderen bricht für die Gefangenen eine Welt zusammen, wenn klar wird, dass sie vielleicht zurück in den geschlossenen Vollzug müssen.“

Vor seiner Ausbildung zum Fachlagerist in Langendreer war auch Mr. Y für 13 Monate im geschlossenen Vollzug und weiß: „Da sind Welten dazwischen. 23 Stunden eingesperrt. Hier kann man rumlaufen, Schlüssel hat man selber in der Hand, kann rausgehen. Würd ich jetzt nicht nochmal tauschen wollen.“

Mr. Y sitzt in einem Sessel in der Leselounge und erzählt, dass er während der Corona-Pandemie seinen Job verloren hat und dann wegen Internetbetrug aufgefordert wurde, sich selbst zu stellen. Durch das große Fenster hinter ihm scheint immer noch die Sonne. Seine Geschichte wollte er nicht der ganzen Gruppe erzählen, aber für ein Einzelgespräch ist er bereit.

Ein Moment war für Mr. Y besonders schlimm: „Einen Tag nachdem ich mich gestellt habe, wurde mir gesagt ‚Sie müssen in die Geschlossene‘. Als dann die Tür zuging, wo ich die Gitter gesehen habe, ist mein ganzes Leben an mir vorbei gezogen. Das Schlimmste, was ich je erlebt habe, muss ich echt sagen.“

Alexander Auferkamp glaubt, dass alle Gefangenen hier Angst haben – vor allem Zukunftsängste. Aber nicht gerne darüber reden.

Auch Mr. Y möchte sich nicht von seiner Angst leiten lassen. Er denkt: ‚Es soll ja nichts Schlimmes passieren‘ – denn wenn er sich zu sehr auf negative Gedanken konzentriert, könnten sie am Ende Wirklichkeit werden. Er konzentriert sich lieber auf das, was ihn motiviert und geht immer weiter seinen Weg zurück in die Freiheit.

Fußnote: Die Namen der Gefangenen wurden für diesen Beitrag geändert. Aus Datenschutzgründen können die echten Namen nicht genannt werden. Ein Kontakt ist über den Pressesprecher Alexander Auferkamp möglich.

:Gastartikel von Lena Dillenburg

Wie jedes Jahr nimmt Deutschland auch 2025 am Eurovision Song Contest teil. Zuletzt war man dabei nicht sonderlich erfolgreich, die Bilanz der letzten zehn Jahre sieht sehr mau aus: Neben zwei Überraschungserfolgen von Michael Schulte im Jahr 2018 (4. Platz) sowie Isaak im vergangenen Jahr (12. Platz) verbuchten die deutschen Teilnehmer:innen vier letzte und drei vorletzte Plätze.

Das soll sich dieses Jahr nicht noch mal wiederholen. In der Schweiz soll das Duo Abor & Tynnaden Karren aus dem Dreck ziehen, bestehend aus den Geschwistern Attila (26) und Tünde Bornemisza (24). Mit ihrem Song „Baller“ scheinen sie damit einen Nerv getroffen und einen Hit gelandet zu haben – schaut man sich die Kommentare unter dem Auftrittsvideo des Songs auf dem internationalen Youtube-Kanal des Eurovision Song Contests (über 1 Million Aufrufe) an: „So good. This needs to win, it’s modern, very 2020s and will become a hit!“, schreibt etwa ein User. „Best offer from Germany in years!“, hält ein anderer fest. „Finally Germany coming with something cool since Lena. This is such an earworm”, adelt ein weiterer User den Song.

Bis man einen ersten negativen Kommentar findet, muss man ewig scrollen. Der Grundtenor ist sehr positiv. Etliche Kommentierende scheinen es auch sehr zu begrüßen, dass Deutschland zum ersten Mal seit 2007 wieder mal einen deutschsprachigen Beitrag ins Rennen schickt. Damals trat Roger Cicero mit dem Song „Frauen regier’n die Welt“ auf. Viele in den Kommentaren freuen sich auf einen „deutschen Vibe“.

Schaut man sich die Kommentare unter dem Auftrittsvideo auf dem deutschen ESC-Account (über zwei Millionen Aufrufe) an, zeigt sich ein ganz anderes Bild. Die Kommentare zerreißen den Song auf allen Ebenen – eine regelrechte 180-Grad-Wendung: Zu schlecht gesungen, zu austauschbar, schlicht zu schlecht und nicht konkurrenzfähig soll der sein. Hier scrollt man eher lange, bis man erste positive Kommentare findet und die Kommentare lauten eher so: „Wir landen auf dem alalalalalalalalalalaletzten Platz“ (über 1.000 Likes) oder „Hab das Lied meinem Onkel im Rollstuhl vorgespielt aber dann ist er aufgestanden um es wieder aus zu schalten“ (über 2.400 Likes). Ein weiterer schreibt: „Das soll der beste Song sein?! Sie kann nicht singen, nicht atmen. Der Song ist belanglos. Komplett “ballerballer“ (über 1.400 Likes). Was unter die Gürtellinie geht, habe ich hier vorsichtshalber mal außen vorgelassen. Die Häme der User scheint keine Grenzen zu kennen – nicht mal unter dem eigenen Posting des Duos auf Instagram. Auch dort reiht sich Hate- an Hate-Kommentar.

Das kann doch nicht sein, Deutschland!? Was sagt das über unsere Mentalität aus? Haben wir verlernt, optimistisch zu sein, Euphorie zu entwickeln, ja schlicht Hoffnung und Fantasie zu haben? Oft scheint es so, als geben viele hierzulande Dingen oft nicht mal eine Chance – Hate aus Prinzip scheint deutlich verbreiteter zu sein.

Klar, Kritik ist in Ordnung und das muss auch so sein. Aber es ist nicht damit zu erklären und zu rechtfertigen, dass die Meinungen in Deutschland zum Song so konträr zu denen im Ausland stehen. Das kann nicht mit konstruktiver Kritik erklärt werden. Die Niederreder-Mentalität lässt jede Euphorie im Keime ersticken.

Dass wir es doch eigentlich doch noch können, hat die Heim-EM im vergangenen Jahr gezeigt. Um die Nationalmannschaft entstand ein Hype – und das nach langwierigen Jahren des Niederredens, des Murrens und Besserwissens.

Die deutschen ESC-Beiträge scheinen über diese Phase noch nicht hinaus zu sein. Auch der letztjährige 12.-Platzierte Isaak wurde vor dem ESC-Wettbewerb mit Hate und Häme quittiert.

Dabei kann das bei Künstler:innen zu einer großen Verunsicherung führen. Abor & Tynna stehen am Anfang ihrer Karriere, noch nicht alles kann da perfekt sein. Ziel sollte es da aber sein, zu er- und nicht zu entmutigen. Die Nationalmannschaft dürfte dies bei der Heim-EM auch sicherlich beflügelt haben. Auch wenn es nicht zum EM-Sieg gereicht hat, dürften die meisten hierzulande das Turnier in positiver Erinnerung haben. Können wir eine solche Geschichte nicht auch mal beim ESC schreiben?

Der Song hat doch eigentlich beste Voraussetzungen dafür: Endlich mal wieder ein deutschsprachiger Beitrag, was scheinbar insbesondere im Ausland auf sehr viel Begeisterung stößt. Ein charismatisches und authentisches Geschwisterduo. Eine originelle Melodie mit einzigartigem Cello-Einsatz. Ein Song, der ballert.

Auch über den Song hinausgehend steckt dahinter eine echt schöne Geschichte, die verbindet. Mit Abor und Tynna tritt für Deutschland ein österreichisches Duo mit rumänischen und ungarischen Wurzeln in der Schweiz an. Besser gehts doch gar nicht für die Idee und Vision des Eurovision Song Contests.

International wird all das anerkannt. Und in Deutschland? Naja, da ist man eben typisch deutsch. Wenn du auch so bist, ändere das doch mal, und gib Neuem erstmal eine Chance, bevor du dich vom typischen Niederreder-Reflex leiten lässt! Fühlt sich gut an! 

:Leon Hartmann

Auch wenn die Vorlesungszeit noch nicht vorüber ist, hat der Sommer bereits begonnen – und damit auch die Sommerfeste der Bochumer Studierendenwohnheime.  

Sommer, Sonne, Sonnenschein – wenn die Temperaturen im Juli beginnen auf den jährlichen Höchststand zu klettern, ist vielen Studierenden nach feiern zumute und die Sommerfest-Saison beginnt. Auch, wenn die Ruhr-Universität selbst dieses Jahr weder ein digitales, noch ein reelles Sommerfest feiert, sieht das bei der Hochschule Bochum sowie bei den Studierendenwohnheimen des Akafös anders aus. Dort werden die Bierbänke und die schattenspendenden Pavillons aufgebaut und die Bierfässer werden angehauen, um den Gästen einen angenehmen Abend zu bereiten.  

Eingeleitet wurde die Sommerfest-Saison von dem Studierendenwohnheim an der Kollegstraße 2 am 15. Juni. Eines der größten und bekanntesten Studierendenwohnheime Bochums, der Grimberg, feierte sein Sommerfest zehn Tage später, am 25. Juni. Diese legendäre Veranstaltung mit 100 Litern Freibier, Cocktails und einer abendlichen Kopfhörerparty wollten sich geschätzte 500 Studierende nicht entgehen lassen.   

Vergangenes Wochenende führte das Studierendenwohnheim Auf der Papenburg die Sommerfest-Saison erfolgreich fort. Ihren Namen machte sich das Wohnheim zum Programm, mit dem Motto „Die Papenburg ruft zu den Fahnen!“. Es wurden Burgzinnen zur Dekoration gebastelt und mehrere Fahnen sowie ein Banner mit dem Motto des Sommerfestes schmückten den Parkplatz, der als Eventlocation diente. Auch kämpfte das Sommerfest der Papenburg gegen das Klischee an, dass Studierendenwohnheimsfeiern ein pures Saufgelage wären. Neben dem Bierwagen und dem Cocktailstand, die natürlich nicht fehlen durften, gab es Spielstände, an denen man Dosenwerfen und Glücksraddrehen konnte. Das Highlight, jedoch war der Ritter der Papenburg, gegen den man für eine Wertmarke kämpfen konnte. Auch legte das Studierendenwohnheim Wert auf das nachbarschaftliche Miteinander und lud Anwohner:innen der Nachbarschaft ein, welche mit ihren Familien erschienen. Besonders die Kinder – sowie viele andere Studierende – hatten Spaß daran, gegen den Ritter der Papenburg zu kämpfen.  

Für musikalische Untermalung sorgte das Geraschel Kollektiv, ein DJ Kollektiv, welche vom Nachmittag bis in den späten Abend und in die Nacht hinein die Papenburg mit entspannender Techno- und Housemusik bespielte. Auch für den Abend angekündigt war der bilinguale Sänger und Songwriter keskeskester, der genau wie das Geraschel Kollektiv am Wochenende zuvor bei Bochum Total auftrat – jedoch war keskeskester leider krankheitsbedingt verhindert.  

Für die Studierendenwohnheime sind die Sommerfeste jedoch mehr als nur feiern und trinken. Die Studierenden der Wohnheime und ihre Helfer:innen bereiten die Feste oft monatelang vor, um den Feiernden nicht nur einen schönen Abend zu bieten, sondern auch, um ihnen den Charakter ihres Wohnheimes näher zu bringen und zu zeigen, was das Wohnheimleben alles zu bieten hat.   

Wer nicht genug von den Sommerfesten der Bochumer Studierendenwohnheime bekommen kann und am liebsten gar nicht aufhören möchte zu feiern, kann sich auf das Sommerfest des Studidorfs am Samstag, den 13. August freuen. 

Gastautorin: Augustina Berger 

Bild: Symbolbild, Uni-Projekt Unser Campus Bild: Archiv

Im Wintersemester 2021/2022 fand sich am Campus der Ruhr Universität Bochum ein Seminar der besonderen Art zusammen.  „Unser Campus“, geleitet von Laura Chlebos (eine der MitarbeiterInnen des Marie Jahoda Center für internationale Geschlechtsstudien), ist ein Seminar im Rahmen des von ihr geleiteten gleichnamigen Projektes gewesen, das den Campus der Ruhr Universität in Bochum als einen öffentlichen Raum identifiziert, der für „Wissen, Austausch, Freundschaft und Toleranz“ steht. Auch steht dieser Raum für „Aufmerksamkeit und Respekt“, über die man sich vor allen Dingen erst mal im Klaren sein muss, um Missstände zu entdecken, gegen sie anzugehen und für StudentInnen Anlaufstellen und Safer Spaces zu schaffen. 

 

 

 

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Bild: Endlich wieder Schule – Robin als Wahlhelfer bei der Landdtagswahl., Im Wahllokal mit Robin Robin Grysczyk

Es ist wie eine abzugebende Gruppenarbeit, für die man nur einen Tag Vorbereitungszeit hat. So oder so ähnlich fühlte ich mich bei der diesjährigen Landtagswahl 2022 in NRW. Insgesamt war es meine dritte Wahl, bei der ich auf der Seite der Wahlunterstützenden stand und die erste in meiner Funktion des Koordinators. Für mich bedeutete es mehr Verantwortung, früher aufstehen, länger bleiben, aber auch etwas mehr Taschengeld.   

 

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Bild: Symbolbild, Studistimmen Bild: bena

G’schichten aus’m … Hafen des Wissens? 

Uns kennt Ihr mittlerweile ja. Woche für Woche versorgen wir Euch mit Neuigkeiten sehr unterschiedlicher Aktualität, Gemecker und Reportagen. Die volle :bsz-Experience also. Doch so gern wir das auch tun, wollten wir dieses Mal besonders einige von Euch zu Wort kommen, und erzählen lassen, wie das denn damals so war, als Ersti. Wie war es den Campus kennenzulernen, in den ersten Veranstaltungen zu sitzen und zu pendeln? Oder Zoom kennenzulernen, in Zoom-Konferenzen zu sitzen und zu pennen? Hier haben wir vier Geschichten… aus dem ersten Semester!

 

 

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Bild: Not asking for it! Bild: Louie

Kommentar. Feminismus ist mehr als Männerhass. Es geht darum, jeden Tag strukturelle und persönliche Kämpfe auszutragen, politische Schlachten im Privaten auszutragen und manchmal sogar darum, sexistische Strukturen innerhalb der engsten Kreise zu erkennen und aufzubrechen.

 
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