Palästinenser und Kurden. Zwei über Jahrzehnte unterdrückte Völker möchten demonstrieren. Über das Wochenende sind hunderte Beamte in Berlin im Dienst.
Palästinenser und Kurden. Zwei über Jahrzehnte unterdrückte Völker möchten demonstrieren. Über das Wochenende sind hunderte Beamte in Berlin im Dienst.
Kommentar. Kunstfestivals müssen sich den Realitäten von Politik bewusst sein, wenn sie politisch sein wollen.
Kommentar. Im Nahost-Konflikt kennen zahlreiche deutsche MedienvertreterInnen nur einen Schuldigen: den Staat Israel. Dass für die oftmals tendenziöse Berichterstattung bei der Hamas abgeschrieben wird, scheint nicht zu stören.
Kommentar. Der AStA der UDE hat sich im Antisemitismus-Streit selbst auseinander genommen. Das ist jedoch nicht weiter schlimm.
Vortrag: Ingo Elbe dozierte in der vergangenen Woche im Bahnhof Langendreer über die Geschichte des Antisemitismus und dessen heutiges Gesicht in der Gesellschaft.
Nach politischen Pleiten ist die Türkei in eine internationale Isolation manövriert worden und hat deutlich weniger Freunde als noch vorher. Aus diesem Grund peilt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan einen Kurswechsel seiner Politik an und bändelt mit denen, die er vorher verspottet hat.
Mit seinem Würgegriff gegen Opposition und Medien in der Türkei und seiner Dummdreistigkeit gegenüber der EU, den USA und Russland hat Erdoğan der Welt offen gezeigt, wie er tickt. Dass dies negative Folgen nach sich ziehen würde, hatte er natürlich nicht erwartet. Die TouristInnen bleiben aus, die Wirtschaft stagniert und das Land leidet unter Anschlägen.
Als erste Entscheidung seiner Neuorientierung telefonierte er seit langer Zeit wieder mit dem russischen Staatschef Putin. Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im November 2015 beharrte der selbsternannte Sultan darauf, sich für nichts rechtfertigen zu müssen. Nun bittet er um Verzeihung; vor Augen hat er dabei die Wirtschaft, die durch die Aufhebung des Handelsembargos zwischen Türkei und Russland wieder angekurbelt wird.
Die zweite Entscheidung muss Erdoğan wohl mehr abverlangt haben. Er entschuldigte sich bei Israel und treibt fortan eine Annäherung der beiden Länder voran, nachdem er die letzten sechs Jahre damit verbrachte, Israel zu verschmähen. Seit der Krise um das türkische Schiff „Mavi Marmara“ 2010, das als Teil einer Solidaritätsaktion die israelische Handelsblockade des Gazastreifens durchbrechen sollte und dabei von israelischen Soldaten geentert wurde (neun türkische Tote), wetterte Erdoğan gegen die Politik Netanjahus. Man hätte meinen können, dass er wenigstens bei seiner antiisraelischen Gesinnung nicht dem Opportunismus verfallen würde, doch auch da wirft er alle Prinzipien über Bord.
Ich bin gespannt, was seine nächsten Züge sein werden; getreu dem Motto: Was interessiert mich mein Geschwafel von gestern?
:Eugen Alexandersson
Kaum eine Woche vergeht, ohne dass die Beziehung zwischen Israel und Palästina von aggressiven Aktionen belastet wird. Der sogenannte Nahostkonflikt, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen Arabern und Juden entstand, ebnete zahlreichen Kriegen seinen Boden. Dass es auch Wege der Annäherung geben kann, zeigt die israelische Metal-Band Orphaned Land.
„Let the Truce be Known“ heißt der Track aus dem Album „All is one“, der vom sogenannten Weihnachtsfrieden inspiriert ist und für Orphaned Land (Morgenland) als Beispiel dient, dass Frieden trotz aller Hindernisse möglich sein kann: „We raise our hands and walk upright to move towards each other. No guns, no death between The enemies now turned to brothers". Bei diesem unauthorisierten Weihnachtsfrieden waren im ersten Weltkrieg zum 24. Dezember 1914 Deutsche und Engländer im Grabenkampf ins Singen eingestiegen und ließen damals die Waffen ruhen. Passend dazu traten sie mit ihrer pazifistischen Einstellung am 23. Dezember im Turock mit Layment (Herne) auf, einer Heavy-Metal-Band aus dem Pott.
Mit „All is one“ haben die Israelis 2013 ein dynamisches Album in die Läden und auf die Bühne gebracht, dass durch seinen orientalischen Folk-Stil auffällt, aber auch durch den Einsatz von Violinen, Cellos und Chorgesängen im Gedächtnis der HörerInnen bleibt. Nachdem Layment den Saal übervollzählig rockten, weil der Frontsänger am Tag zuvor glücklicherweise Vater wurde und eine Vertretung eingeplant gewesen war. Insofern war tatsächlich von einem weihnachtlichem Kinderglück zu sprechen, das der Hauptband einen familiären Einstieg ebnete. Die Performance von Orphaned Land war professionell solide und Frontsänger Kobi Farhi bot – obwohl seine Sachen am Flughafen verschludert wurden und er sich schnell komplett neu eindecken musste – in Kombination mit dem Licht und Nebelspiel eine gute Show, wie auch der Rest der Band. Schade nur, dass die Chorgesänge und die klassischen Intstrumente eingespielt waren ̶ wobei man ja auch nicht erwarten kann, dass 25 SängerInnen und acht StreicherInnen eingeflogen werden.
Zu sehen und zu hören sind Orphaned Land spätestens wieder beim Wacken Open Air, bei dem sie wieder vor großem Publikumauftreten werden und der Metalgemeinde ihre Version von Nächstenliebe näherbringen werden.
:Alexander Schneider
Deutsch-Israelische Befindlichkeiten: Heimatlosigkeit und federleichte Sinnsuche einer Berliner Studentin in „Anderswo“, dem Regie-Debüt der israelischen Filmemacherin Ester Amrami.
Anderswo, das müsste sich auch die junge Israelin Noa (Neta Riskin) denken, ist es auch nicht besser. Zwar sitzt sie gemeinsam mit ihrer Familie beengt im Auto, aber ihr deutsch-stereotyper Freund wirkt wie ein Fremdkörper – und verteidigt sich dezent, als sein Name falsch ausgesprochen wird: „Mein Name ist Jörg, nicht Jorg.“ „Wo ist der Unterschied“, erwidert Noas Schwester. Die Antwort: „Es ist ein O mit Umlaut, mit zwei Punkten drauf. Wie: Ö!“ Mutter wie Schwester artikulieren munter und provokant: „Öööö, Ööööh …“ – deutsch-israelische Befremdlichkeiten, die später deutlicher zutage treten, wenn Noas Großmutter (die den Holocaust überlebte) im Sterben liegt. Vor allem zwischen Noa und ihrer Mutter: „Das Letzte, was Oma jetzt noch braucht, ist ein Deutscher an ihrem Bett.“
Zumindest sprachlich ist Noa Expertin für das Fremde: In Berlin sammelt die Studentin für ihre Abschlussarbeit unübersetzbare Wörter verschiedener Sprachen und befragt ExpertInnen (darunter der Schriftsteller Wladimir Kaminer mit einem Gastauftritt) dazu. Als sie erfährt, dass ihr Forschungsprojekt nicht weiter gefördert wird, schleppt sie sich mit ihrer Sinnkrise zu ihrer Familie nach Israel – ihr Freund reist überraschend nach. Doch auch in ihrer Heimat fühlt sie sich fremd.
Neben den amüsant-leicht präsentierten Kulturunterschieden öffnet Ester Amrami auch einen Blick für die Spannungen im Land: Militarismus, Nationalismus und Proteste auf den Straßen. Absurd scheint es, wenn sich die Ängste und Konflikte in den familiären Szenen widerspiegeln, etwa wenn Noas Vater seinen neuen Bombenkeller präsentiert: eine Besenkammer aus Beton. Amrami bewahrt trotz tragischer Momente durchgehend eine gewisse Leichtigkeit. Genauso heiter wie pointiert ist auch das Ende: Eins von Noas Videointerviews, ein unbekümmertes Lachen auf die Frage: „In welcher Sprache fühlst Du dich zuhause?“
:Benjamin Trilling
Läuft im Kino Sweet Sixteen, Dortmund
Jede Kritik an Israels Militäreinsatz im Gazastreifen als Antisemitismus zu bezeichnen, ergibt keinen Sinn. Ebenso aber auch, sich reflexartig diesen Vorwurf der ach so berechtigten Israelkritik gegenüber zu verbitten. Es macht einen Unterschied, wer warum und wie Kritik äußert, denn Antisemitismus beginnt nicht erst mit Brandsätzen auf Synagogen.
Pazifismus und Humanismus gehen nicht mit der Konjunktur. Deutschland ist wieder wer: die bestimmende Macht in Europa, Exporteur von Waffen und stationierten SoldatInnen um den ganzen Globus. Der mediale Diskurs marschiert im Gleichschritt: Von FAZ über WAZ bis hin zu den Ruhrbaronen – keine Kritik der israelischen Kriegspolitik, die nicht vom Vorwurf, antisemitische Hetze zu betreiben, verschont wird. Pünktlich zum 100. Jubiläum des massenhaften Gemetzels des 1. Weltkriegs wird die Verblendungsmaschinerie angekurbelt.