Nachdem sich die irische Regierung im Februar diesen Jahres bei den Opfern der katholischen Magdalenenheime entschuldigt hatte, wurden letzte Woche endlich Pläne für eine Entschädigung der – teils unter Mitwirkung staatlicher Stellen – in diesen Einrichtungen gefangen gehaltenen Frauen vorgestellt. Die von katholischen Frauenorden betriebenen, gefängnisartigen Heime dienten vor allem dem Wegsperren von Frauen aufgrund der gesellschaftlich vorherrschenden Sexualmoral – was u.a. unverheiratet schwanger gewordene, vermeintlich promiskuitiv lebende oder von Familienmitgliedern sexuell missbrauchte Frauen betraf. Bis zur Schließung des letzten Heims 1996(!) wurden etwa 30.000 Frauen dorthin verschleppt, welche dann in den Heimen nach zutiefst menschenverachtenden Regeln leben und (meist in Wäschereien) schwere Zwangsarbeit leisten mussten. Tausende Frauen starben dort, viele wurden gefoltert oder sexuell missbraucht. Die überlebenden Opfer sollen als Entschädigung nun bis zu 100.000 Euro sowie eine staatliche Rente und kostenlose Krankenversorgung erhalten. Opfergruppen kritisierten zurecht die fehlende finanzielle Beteiligung der verantwortlichen Frauenorden.

Patrick Henkelmann

 

Seit ihrer Gründung 1976 hatte die konfessionsunabhängige christlich-konservative Organisation Exodus International versucht, Homosexuelle durch eine höchst umstrittene Konversionstherapie („reparative therapy“) und durch den christlichen Glauben zu ‚heilen‘. Am 19. Juni hat die zur Ex-Gay-Bewegung gehörende Organisation jedoch erfreulicherweise erklärt, ihre Arbeit aus Gründen der Einsicht nach 37 Jahren einzustellen. Kurz zuvor hatte sich ihr Präsident Alan Chambers in einem auf ihrer Internetseite exodusinternational.org nachlesbaren, bemerkenswerten offenen Brief bei Schwulen, Lesben und Bisexuellen für sein Wirken entschuldigt.

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Bild: Sex and Crime: Stimmungsmache im Spiegel., Der Spiegel macht Stimmung gegen Prostitution Foto: Patrick Henkelmann

Die seit Ende letzten Jahres wiedergekehrte Debatte um eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes wird diesmal massiver denn je von den Medien befeuert. Auch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sprang nun auf diesen Zug auf; so titelte die am 27. Mai 2013 erschienene Ausgabe reißerisch: „Bordell Deutschland. Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“. Wie bei solch einem Titel schon zu erwarten, nimmt der entsprechende Artikel klar die Position von ProstitutionsgegnerInnen ein – samt altbekannter, unbewiesener oder falscher Behauptungen und Pauschalisierungen. Die streitbare Prostituiertenorganisation Doña Carmen e.V. bezeichnet den Spiegelartikel in einer (auf donacarmen.de zu findenden) Stellungnahme als „Lumpenjournalismus“ und wirft dem Magazin vor, bei diesem Thema „rassistische Vorurteile“ gegen Osteuropäerinnen zu bedienen. Die :bsz setzt sich im Folgenden exemplarisch mit einigen Aussagen beider Texte auseinander.

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Auch homosexuelle Jugendliche und junge Erwachsene (bis 21 Jahren) dürfen ab dem 1. Januar 2014 Mitglied bei den US-Pfadfindern, den Boy Scouts of America (BSA), werden. 61 Prozent der etwa 1400 Delegierten des Nationalen Rats der BSA stimmten bei ihrem Jahrestreffen in Texas für eine entsprechende Resolution. Die seit 103 Jahren bestehende Regel zum Ausschluss von Homosexuellen wird dadurch jedoch leider nur teilweise abgeschafft: Homosexuelle Erwachsene, die als ehrenamtliche Betreuer für die BSA arbeiten wollen, werden weiterhin ausgeschlossen. Zukünftige Kontroversen zum Thema Homosexualität sind bei den BSA daher vorprogrammiert – vor allem aber, da viele christliche Organisationen, welche die BSA unterstützen, Homosexualität ablehnen und als mit dem Pfadfindertum unvereinbar betrachten. Die 1910 gegründeten BSA zählen mit ca. 2,7 Millionen jungen Mitgliedern und einer Million älteren Freiwilligen zu den größten Jugendorganisationen der USA.

Patrick Henkelmann

 

Bild: „Du bist nicht dein Job! Du bist nicht das Geld auf deinem Konto! Nicht das Auto, das du fährst! Nicht der Inhalt deiner Brieftasche!“ – Tyler Durden. , Kommentar: Bewerbungen in einer entfremdeten Gesellschaft Grafik: Wikimedia

Man müsse sich verkaufen, heißt es. Nicht auf dem Sklavenmarkt, sondern auf dem Arbeitsmarkt. Bei der Bewerbung und dem Vorstellungsgespräch findet der Verkauf statt; weite Teile des eigenen Lebenslaufs werden dafür oft schon lange im Voraus geplant. „Verkaufen“ meint hier leider nicht bloß, die eigenen arbeitsrelevanten Qualifikationen zielgerichtet zu entwickeln und authentisch zu vermitteln sowie Missverständnisse zu vermeiden. Reicht es doch häufig nicht, die für die jeweilige Arbeit benötigten Fähigkeiten zu besitzen und zuverlässig zu sein, eventuell noch sympathisch. Nein, der/die ArbeitnehmerIn soll in der spätkapitalistischen Gesellschaft möglichst in jeder Hinsicht so sein, wie es dem/der ArbeitgeberIn vorteilhaft erscheint. Wer sich auf dieses Selbst-Marketing einlässt, der verkauft nicht nur seine Arbeitskraft, sondern potenziell auch seine Persönlichkeit und läuft Gefahr, sein Selbst zu verlieren.

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Am 19. und 20. April fand in Frankfurt am Main das erste „Koordinierungstreffen Pro Prostitution“ statt. Mehr als 80 SexarbeiterInnen und Pro-Prostitutions-AktivistInnen befassten sich auf der Tagung kritisch mit den aktuellen politischen Debatten über die Prostitution.

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Bild: Samurai in Kampfstellung: Was ist Mythos, was ist Wahrheit bei diesen Kriegern?, Ein Blick auf zwei Klassiker der Samurai-Literatur Foto: Historical Picture Archive/Corbis / Felice Beato

Die Samurai, jene japanischen Krieger, deren Klasse erst 1871 offiziell abgeschafft wurde, umgibt bis heute ein Mythos. Meist romantisiert oder phantastisch überhöht, haben sie auch hierzulande ihren Platz in den Unterhaltungsmedien gefunden. Wer jedoch nicht nur wissen will, wie ein Katana (japanisches Schwert) aussieht, sondern an tiefer gehendem, wirklichem Wissen über die Denkweise, Kultur und das Leben der Samurai interessiert ist, der wird um die Lektüre von Sachbüchern zum Thema kaum herum kommen. Eine Möglichkeit bilden hierbei Klassiker, in denen Samurai ihre Welt und den Bushidō („Weg des Kriegers“) in Teilen selbst beschrieben haben. Eben jene Klassiker werden heutzutage gerne als zeitlose Strategieratgeber auch für zivile Belange vermarktet, insbesondere für ManagerInnen. Lohnt und bereichert ihre Lektüre wirklich?

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Bild: Gruselkabinett: Hörspiele für schaurig-schöne Abende., Ein Horrorklassiker als Hörgrusel Foto: Patrick Henkelmann

1927 in Massachusetts, Neuengland: ein gerade volljährig gewordener junger Mann will von der Hafenstadt Newburyport weiter in die (fiktive) Stadt Arkham reisen, wo er mehr über seine Familiengeschichte erfahren möchte. Da der Protagonist knapp bei Kasse ist, will er für seine Weiterreise am nächsten Morgen statt dem Dampfzug einen alten Bus nehmen, der jedoch über die verfallene, in den Nachbarstädten berüchtigte und von Fremden gemiedene (ebenfalls fiktive) Hafenstadt Innsmouth fährt. Über Innsmouth hört und recherchiert der unbenannte Protagonist, dass es in dieser Stadt nach dem wirtschaftlichen Niedergang in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zu mysteriösen Ereignissen und einem rapiden Verfall gekommen sei. Die meisten EinwohnerInnen von Innsmouth sollen ein charakteristisches Aussehen mit ‚fischartigen‘ Zügen und Missbildungen haben, das sich mit dem Alter immer stärker ausprägt. Es heißt gar, die Bevölkerung von Innsmouth hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.

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Bild: Das Rotlichtviertel in Frankfurt am Main bei Nacht., Kommentar: Die Liberalisierung der Prostitution hat nicht geschadet Wikimedia / Arne Hückelheim (CC BY-SA 3.0 DE)

Das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (ProstG) hat die Prostitution in Deutschland liberalisiert und war ein richtiger – wenn auch zu kleiner und vor allem symbolischer – Schritt zur beruflichen Anerkennung der SexarbeiterInnen. KritikerInnen des Gesetzes – allen voran Alice Schwarzer – behaupten jedoch immer wieder, die mit dem ProstG verbundene Liberalisierung habe die Situation der Prostituierten nicht verbessert, sondern verschlechtert und das Gesetz habe nicht den Prostituierten, sondern nur den Bordellbetreibern, Zuhältern und Menschenhändlern genutzt. Durch das ProstG hätten Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland zugenommen. Solche Behauptungen werden von den Medien größtenteils unkritisch übernommen und oft reißerisch präsentiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant mit Verweis auf diese angeblichen negativen Folgen des ProstG noch in der laufenden Legislaturperiode eine Verschärfung desselben. Beweise oder auch nur tatsächliche Hinweise für eine solche negative Entwicklung infolge des ProstG gibt es jedoch nicht.

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Bild: Äußerliche Trostlosigkeit im Vergnügungsviertel: Die Straße Im Winkel in Bochum., Kommentar: Die wiederkehrende Debatte um die Verschärfung des Prostitutionsgesetzes Foto: Wikimedia Commons / Vulkanhorn (CC0 1.0)

Am 16. Januar diesen Jahres lief im Ersten zur besten Sendezeit der Spielfilm „Operation Zucker“. Dieser erzählt die fiktive Geschichte eines zehnjährigen Mädchens aus Rumänien, das in Deutschland in die Fänge von Kinderhändlern gerät und in einem nach außen als Single-Club getarnten „Kinderbordell“ in Berlin landet. Im Film kämpfen eine Polizistin und eine Staatsanwältin einen aussichtslosen Kampf gegen das Netzwerk der Menschenhändler und Pädosexuellen. In der Realität sind Fälle von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung bei Kindern, also bei Minderjährigen unter 14 Jahren, glücklicherweise sehr selten. So gab es nach einer Statistik des Bundes­kriminalamtes (BKA) in den letzten 18 Jahren im Schnitt pro Jahr fünf polizeilich ermittelte mutmaßliche Opfer in dieser Altersgruppe und 66 in der Altersgruppe der 14 bis 17-Jährigen – wobei die Zahl der gerichtlich bestätigten Opfer noch deutlich darunter liegen dürfte.

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