Verteidigungsminister Boris Pistorius legt den Gesetzesentwurf für den neuen Wehrdienst vor. Neben der Rückkehr zur Wehrpflicht, kehrt auch die unangenehme ärztliche Untersuchung zurück.

Ja, die Musterung ist alles andere als angenehm. Für alle, die es nicht kennen: Bei der Musterung geht es um eine ärztliche Untersuchung, die feststellen soll, ob man(n) für den Wehrdienst geeignet ist oder nicht. Bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 war die Musterung für alle Männer, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, verpflichtend. Für Frauen war die Musterung nur bei einer freiwilligen Bewerbung Pflicht.

Auch ich musste damals noch als einer der letzten Jahrgänge zu genau dieser Musterung, ungewollt. Ich erinnere mich noch gut daran, wie das Thema seine Runden machte, und welche “Tricks” man(n) anwenden kann, um dem Wehrdienst zu entkommen. Unter uns gesagt, war es einfach den am Tag vorher eine Tüte rauchen, um beim Drogentest durchzufallen. Das war dann direkt ein K.O.-Kriterium, das zum Ausschluss aus dem Wehrdienst führt.
Wer Drogen fernbleiben wollte, reichte einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung (KDV) ein. Zur Musterung musste ich dennoch, auch wenn mein KDV-Antrag bereits vorlag. Wirklich Bock hatte ich da drauf. Eine ungefähre Vorstellung, was einen erwartet, hat man irgendwie schon aufgeschnappt.

Anyways, Augen zu und durch. Sonst droht eine saftige Geldstrafe, gar kein Bock. Dabei fängt die Musterung fast schon harmlos an. Am PC vor Ort ein paar Fragen ausfüllen und Logik- und Ethik-Aufgaben lösen. Wirklich unangenehm wird es erst bei der ärztlichen Untersuchung im Anschluss. Ein rundum Check-Up, bei dem keine Ecke und Spalte am Körper ausgelassen wird. Bei der Intim-Berührung durch wildfremde Bundeswehrärzte, bleibt es aber nicht. Man wird auch anhand seiner körperlichen Eigenschaften bewertet. Größe, Gewicht, Sehfähigkeit und weitere Aspekte werden auf einer Skala abgeglichen und in Güteklassen eingestuft. Dinge, die für mich selbst als normal galten, wurden plötzlich als „Fehler” abgewertet. Da fühlt man sich doch richtig wohl, wenn einem alle Missstände an einem selbst aufgezeigt werden. Ich verlasse die kalte Arztpraxis im Wissen, dass ich ein Mann zweiter Klasse bin. Danke dafür, I guess. Habe ich erwähnt, dass das alles ungewollt war?

Dass der neue Wehrdienst eine Rückkehr zur Musterungs-Pflicht vorsieht, graust mich. Reicht es denn nicht, dieses Prozedere, das in dem Rahmen ja vielleicht ganz sinnvoll ist, nur Wehrdienst-Interessierten zuzumuten? Ist ja irgendwo auch eine Verletzung der eignen Rechte, wenn man sich dem nicht entziehen kann. Ihr catched meinen drift, niemand sollte sich ungewollt intim berühren lassen müssen. Es als Voraussetzung zum Wehrdienst zu machen, sure. Für den Rest gilt: Finger weg von unseren Eiern! Zu Urolog:innen sollte man als Mann trotzdem gehen, nur eben freiwillig.
:Artur Airich