Wer hätte das gewusst? Seit dem 17. Jahrhundert gibt es einen lebendigen Islam in Polen. :bsz-Redakteur Marek Firlej wollte mehr darüber erfahren und reiste ins tatarische Dorf Bohoniki.
Wer hätte das gewusst? Seit dem 17. Jahrhundert gibt es einen lebendigen Islam in Polen. :bsz-Redakteur Marek Firlej wollte mehr darüber erfahren und reiste ins tatarische Dorf Bohoniki.
Unlängst geriet die polnische Regierung in die Kritik, weil sie erstens nur wenige Geflüchtete aufnehmen wollte und zweitens weil sie nur bereit waren, ChristInnen aufzunehmen. Die Bevölkerung sei nicht bereit, sich auf den Islam einzulassen, hieß es von polnischer Seite oft. Dabei wurde genauso häufig übersehen, dass es eine einheimische muslimische Minderheit gibt – mitten in Europa! Seit hunderten von Jahren leben TatarInnen in Polen. Unser Redakteur und Student der Religionswissenschaft Marek besuchte das tatarische Dorf Bohoniki.
Vom Ruhrgebiet heißt es immer wieder, hier gäbe es mehr PolInnen als anderswo in Deutschland. Das hätte sich sogar in unserer hiesigen Mundart, dem Ruhrdeutschen niedergeschlagen. Auf jeden Fall aber gäbe es hier so viele Kowalskis, Schimanskis und andere -skis wie sonst nirgends. Was ist dran an den „Ruhrpolen“?
Die amtliche Statistik für das Rheinland verzeichnet für das Jahr 1861 lediglich 16 polnische EinwohnerInnen. Nur ein halbes Jahrhundert später gab es im Ruhrgebiet (das ja teils im Rheinland, teils in Westfalen liegt) fast eine halbe Million polnischsprachige Menschen. Grund für diese rasante Entwicklung war natürlich die enorm schnell wachsende Kohle- und Stahlindustrie im Pott, die Menschen aus dem ganzen Reich in die Region lockte, nicht nur PolInnen. Doch da stellt sich auch schon ein wesentliches Problem: Wer ist überhaupt ein Pole oder eine Polin?
Von der genannten halben Million fühlten sich rund 160.000 gar nicht polnisch, obwohl sie die polnische Sprache sprachen. Im 19. Jahrhundert gab es keinen polnischen Staat; Preußen, Russland und Österreich hatten das Gebiet unter sich aufgeteilt. Masuren (im heutigen Nordosten Polens) war schon länger preußisch. Die MasurInnen also sahen sich als PreußInnen – nicht zuletzt, weil sie, anders als etwa die SchlesierInnen und PosenerInnen, evangelisch waren. Im Ruhrgebiet wurden sie – für sie wohl ziemlich schockierend – oft als „Polacken“ beschimpft.
Die Ur-RuhrgebietlerInnen (wobei der Begriff „Ruhrgebiet“ selbst erst nach dem Ersten Weltkrieg bekannt wurde) und auch die anderen deutschen Zugezogenen warfen „die aus dem Osten“ in einen Topf und diskriminierten sie oft harsch. Und das, obwohl sie in vielen Zechen, etwa bei Prosper in Bottrop, mehr als die Hälfte der Belegschaft unter Tage ausmachten. Doch Aufstiegschancen waren schlecht ohne Deutschkenntnisse. Deshalb blieben den ZuwandererInnen nur zwei Optionen: Unter sich bleiben oder assimilieren. Aus diesem Grund hat die ruhrdeutsche Mundart gar nicht so viele polnische Einflüsse: Wie die Menschen, so blieben die Sprachen voneinander getrennt oder die eine ging in der anderen auf; zu Durchmischung kam es selten.
Vor dem Ersten Weltkrieg entstanden unzählige polnische Vereine: Chöre, Sportvereine, Kirchengemeinden, Heimatvereine und viele mehr. Auch polnische Zeitungen gab es. Neben Bottrop und Gelsenkirchen waren Herne und Bochum wichtige Zentren polnischer Aktivitäten. Die Gegend um die heutige Straße Am Kortländer in Bochum wurde früher Klein Warschau genannt. Hier hatten die regionalen FunktionärInnen ihren Sitz. Noch heute sieht man an einer Hauswand den Schriftzug der früher dort ansässigen Bank Robotników, der Arbeiterbank. Auch die Polengewerkschaft war dort angesiedelt. Obwohl sie kaum Prestige hatten und sich entweder abkapselten – bzw. abkapseln mussten – oder angepasst haben, prägten PolInnen das Ruhrgebiet entscheidend mit. Unbemerkt, unsichtbar – bis auf das -ski im Nachnamen. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten viele PolInnen aus Deutschland in den neugegründeten polnischen Staat zurück. Erst Flüchtende und SpätaussiedlerInnen bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg neue Zuwanderungswellen aus unserem östlichen Nachbarland.
Mehr zu den Verstrickungen zwischen polnischer und deutscher Sprache und Nationalität – die nämlich nur selten eindeutig zu klären war – kann man in Peter Oliver Loews Buch „Wir Unsichtbaren“ nachlesen: Von mittelalterlichen Prinzessinnen bis zu den heutigen SaisonarbeiterInnen auf dem Erdbeerfeld deckt der Autor auf, warum PolInnen zwar immer in Deutschland existent, aber selten sichtbar waren.
Loew, Peter Oliver: Wir Unsichtbaren – Geschichte der Polen in Deutschland
2014, 336 Seiten, C.H.Beck Paperback, 18,95 Euro
Wie kam es eigentlich zum Feiertag Allerheiligen? Unsere NachbarInnen aus Polen begehen diesen Feiertag weitaus flächendeckender als wir Deutschen. Denn dort sind mehr als 90 Prozent der Bevölkerung katholisch getauft.
Polnische ParlamentarierInnen haben der „Gender-Ideologie“ den Kampf angesagt. In der Gruppe „Stop ideologii Gender!“ haben sich 17 meist konservative PolitikerInnen zusammengeschlossen, um diese „Ideologie aus dem öffentlichen Leben zu eliminieren“. Damit tragen sie die Bestrebungen der katholischen Kirche in Polen in die Politik. Aber anscheinend haben weder die Bischöfe noch die VolksvertreterInnen eine Ahnung davon, was mit Gender überhaupt gemeint ist.
(mar) Es ist fast schon ein Klischee, dass unliebsame politische Entscheidungen und gesellschaftliche Entwicklungen von studentischen Protesten begleitet werden. Von den großen Studentenbewegungen der 68er bis hin zur außerparlamentarischen Opposition in autoritären Regimen – es sind oftmals die Universitäten, von denen der Protest ausgeht. Es muss jedoch nicht immer drastische Ausgangssituationen haben – Engagement zeigen Studierende oft gerade dann, wenn es um ihre ureigensten Belange geht: Forschung und Lehre, Hochschulpolitik, Lehrpläne, die Verteilung universitärer Gelder – kurz: ums Studium. Die Studierenden in den meisten deutschen Bundesländern genießen ein relativ hohes Maß an Mitsprache bei universitären Dingen, eine verfasste Studierendenschaft und studentische Beteiligung in den meisten Gremien von Instituts- bis zur Rektoratsebene. Doch wie sieht es in anderen Ländern aus? In der neuen Reihe „Die studentische Stimme“ schaut sich die :bsz in Europa und der Welt um und berichtet, wie es woanders um studentische Mitbestimmung bestellt ist. Den Auftakt macht unser östliches Nachbarland Polen.
Da wird zusammengeführt, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst: „CRASH Bochum“ heißt der zweite Teil einer internationalen Kunstausstellung. Der erste fand im Mai im schlesischen Katowice (Kattowitz) statt. Hier wie dort stellten und stellen 15 KünstlerInnen aus Polen und 15 aus Deutschland aus. Das Crash im Titel spielt dabei nicht auf den medial überstrapazierten Begriff culture clash und seinen Wortspielbruder culture crash an, sondern auf den Zusammenprall unterschiedlichster künstlerischer Ausdrucksformen, Ansichten, Techniken und Inhalte. KünstlerInnen profitieren vom fruchtbaren Austausch untereinander, BesucherInnen erwartet im Freien Kunst Territorium (FKT) eine äußerst vielfältige Ausstellung, deren erster Teil bereits 4.000 Menschen anzog.
Im Interview erzählt :bsz-Redakteur Marek Firlej, warum er für die GFPS (Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa e.V.) die „Städtetage“ mitorganisiert und junge Menschen aus halb Europa in Bochum zusammenbringt. Unterstützt wird die Initiative dabei unter anderem vom RUB- AStA, dem FSR Germanistik und durch das EU-Programm „Jugend in Aktion“.