Getrübte Aufbruchstimmung: Der Wahlsieg der griechischen Linkspartei unter Alexis Tsipras weckte bei Millionen Hoffnung. Dann der Schock – und eine Riesengefahr für Europa.
Getrübte Aufbruchstimmung: Der Wahlsieg der griechischen Linkspartei unter Alexis Tsipras weckte bei Millionen Hoffnung. Dann der Schock – und eine Riesengefahr für Europa.
In den vergangenen Tagen gingen von den Wahlberechtigten in Europa nur 43,09 Prozent ihre Stimme für das Europäische Parlament abgeben. Einen traurigen Rekord stellten die SlowakInnen mit einer Wahlbeteiligung von 13 Prozent auf. Paradoxerweise waren unter diesen europaweit verhältnismäßig wenigen Stimmen relativ viele für die sogenannten „EuropaskeptikerInnen“, RechtspopulistInnen und NationalistInnen. Anscheinend ist den EU-BürgerInnen die EU zum größten Teil egal, zu einem geringeren Teil sogar ein Dorn im Auge.
Im KulturCafé referierte Tilo Perlick, wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Dortmund am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, am vergangenen Dienstag über das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU und wollte dabei eigentlich nicht zu sehr in die Breite gehen. Was folgte, war eine Abrechnung mit PolitikerInnen, LobbyistInnen und vor allem Wirtschaftsunternehmen, die mit TTIP die Politik von morgen bestimmen wollen. Am Ende war das Publikum sprachlos und doch begeistert.
Die Europawahl am 25. Mai rückt näher; am Dienstag, dem 29. April, werden von 16 bis 18 Uhr im Hörsaal HGB 10 daher sechs prominente Europa-PolitikerInnen an der Ruhr-Uni Rede und Antwort auf Eure brennenden Fragen stehen: Mit Prof. Dr. Jürgen Mittag (SPD), Dennis Radtke (CDU), Lukas Krakow (FDP), Kai Gehring (Grüne) und Fabio de Masi (Linke) sind alle fünf derzeit im Europaparlament vertretenen Parteien, die in NRW auf dem Stimmzettel stehen, bei der vom AStA-Referat für Politische Bildung organisierten Diskussionsrunde vertreten. Hinzu kommt einer der beiden SpitzenkandidatInnen der Piraten, Fotios Amanatides, der am 29. April einzulösen verspricht, was sich die Partei bereits für die laufende Wahlperiode im Landtag vorgenommen hatte: dem Polit-Eintopf frei nach NRW-Fraktionssprecher Dr. Joachim Paul einen „Schuss Chili“ beizumengen.
Eingepfercht in Schlauchbooten, klapprigen Fischkuttern oder versteckt im Bauch gigantischer Frachtschiffe begeben sie sich auf ihre gefährliche Reise. Von der nordafrikanischen Küste aus über den Atlantik oder durchs Mittelmeer versuchen afrikanische Flüchtlinge die Festung Europa zu erreichen. Tausende verdursten oder ertrinken jährlich allein im Mittelmeer. Dabei starten sie voller Hoffnung auf ein besseres – oder zumindest irgendein – Leben. Angekommen auf europäischem Boden wartet das Asylverfahren. Monate andauernde Ungewissheit gefolgt von teils jahrzehntelangem Dahinvegetieren unter mancherorts kaum zumutbaren Bedingungen. Während sich die EU-Staaten Verantwortlichkeiten zuschieben, bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke. Aktuell macht die Initiative „Lampedusa in Hamburg“ auf Missstände europäischer Asylpolitik aufmerksam.
Macht die EU nur noch Politik für Großkonzerne? Die aktuellen Bestrebungen der politischen Eliten, die Grundversorgung der Bevölkerung multinationalen Konzernen zum Fraß vorzuwerfen, lassen das vermuten: Wenn es nach der Europäischen Kommission ginge, würde nicht nur einer Privatisierung der Trinkwasserversorgung Tür und Tor geöffnet (siehe :bsz 945, Seite 4, „Sintflut oder Sturm im Wasserglas“), sondern künftig bei Obst und Gemüse fast ausschließlich kostspielig patentiertes Saatgut zugelassen. Durch europaweite Referenden gegen beide Vorhaben wird versucht, die basisferne Eurokratie zu zügeln – mit ersten Erfolgen. Wieviel bürokratische Bevormundung aus Brüssel verträgt Europa?
Schlechtes Wasser zu überzogenen Preisen – dieses Schreckensszenario fürchten VerbraucherschützerInnen und PolitikerInnen nach einem Vorstoß der EU-Kommission. Ein neuer Richtlinienvorschlag der KommissarInnen bewirbt eine liberale Konzessionsvergabe für den Wassermarkt. Kritiker fürchten, dass so die Schleusen für eine Privatisierung geöffnet werden.