Bei der Sängerin von Jex Thoth fragt man sich, ob sie einen verhext, mit verbotenen Substanzen in ihren Räucherstäbchen berauscht – oder schlichtweg mit einer unglaublich atmosphärischen Performance betört. Glücklicherweise kommt man aber erst nach der Show dazu, sich diese Frage zu stellen. Denn die 90 Minuten am Freitagabend in der Matrix waren ein ekstatisches Ereignis.
Während Jessica Toth wie eine Gottesanbeterin in fließenden Bewegungen ein Messer langsam an ihrem Arm entlang gleiten ließ, bewegten sich die BesucherInnen mit geschlossenen Augen rhythmisch zu ihrer Stimme. Unterstützt wurde die Stimmung durch unzählige Kerzen, auf den Verstärkern aufgetürmt, und einen dezenten Räucherstäbchenduft, der wahrscheinlich das Marihuana-Wölkchen überdeckte, das die Sängerin zu Beginn der Show mit auf die Bühne brachte.
Mystisches Zuschauerspiel
Mit dem Messer, mit dem sie zuvor eine Art Totentanz aufführte, spießte sie schließlich eines ihrer qualmenden Stäbchen auf und führte es zelebrierend über die Bühne. Spätestens da waren die meisten dem betörendem Duft und der kräftigen, rauchigen Stimme verfallen. Doch damit nicht genug: Jessica ließ alsbald das Publikum vollends an ihrer Praktik teilhaben, indem sie mit brennender Kerze, weiterhin berauschend singend, durch die Menge schritt.
Doomig düster – psychedelisch, leicht
„Tiefer als Musik“, „magisch“ und „ein Gesamtkunstwerk“ sind einige Attribute, die nach der Show aufzuschnappen waren. Während das Mark der Band, der Gesang, an die Leidenschaftlichkeit von Beth Gibbons von der britischen Band Portishead erinnert, begibt sich der Schlagzeuger talentiert auf die Ebene von Neurosis, eines Klassikers des Doom-Genres.
Auf jeden Fall beweisen Jex Thoth, dass „Hippierock“ von der amerikanischen Westküste nicht immer gleich „Hippierock“ ist, sondern auch ohne (zumindest synthetischen) Drogeneinfluss aphrodisierend wirken kann.
:Anna-Eva Nebowsky