(Christoph Koitka) Weltweit werden jährlich Milliarden für Menschen bezahlt. Homo sapiens, eine von unzähligen Waren auf dem globalen Markt. Der Autor und ehemalige Stern-Chefredakteur Michael Jürgs („Seichtgebiete“, „BKA: Die Jäger des Bösen“) hat sich für sein neues Buch „Sklavenmarkt Europa“ die mafiösen Geschäfte einmal genauer angesehen. Seine Recherchen haben ihn dabei tief in die Abgründe (un-)menschlichen Handelns geführt. Die :bsz hat mit ihm gesprochen.

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Bild: Die Plakate sorgten für Gesprächsstoff an der RUB., Die Prostitutionsdebatte erreicht die RUB Foto: Patrick Henkelmann

Prostitution ist momentan ein heftig umstrittenes Thema in den Medien. Und Alice Schwarzer meldet sich am lautesten zu Wort, wenn es um (Zwangs-)Prostitution geht – doch macht sie das tatsächlich zu einer Expertin? Am 12. November lud das internationale Frauenforum „Migra!“ Mechthild Eickel von der Bochumer Prostituierten-Beratungsstelle Madonna e.V. an die RUB ein, um über „Sexarbeit und Migration“ zu referieren. Auf Alice Schwarzer und deren Kreuzzug gegen die Prostitution ist Eickel nicht gut zu sprechen.

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Bild: Sex and Crime: Stimmungsmache im Spiegel., Der Spiegel macht Stimmung gegen Prostitution Foto: Patrick Henkelmann

Die seit Ende letzten Jahres wiedergekehrte Debatte um eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes wird diesmal massiver denn je von den Medien befeuert. Auch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sprang nun auf diesen Zug auf; so titelte die am 27. Mai 2013 erschienene Ausgabe reißerisch: „Bordell Deutschland. Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“. Wie bei solch einem Titel schon zu erwarten, nimmt der entsprechende Artikel klar die Position von ProstitutionsgegnerInnen ein – samt altbekannter, unbewiesener oder falscher Behauptungen und Pauschalisierungen. Die streitbare Prostituiertenorganisation Doña Carmen e.V. bezeichnet den Spiegelartikel in einer (auf donacarmen.de zu findenden) Stellungnahme als „Lumpenjournalismus“ und wirft dem Magazin vor, bei diesem Thema „rassistische Vorurteile“ gegen Osteuropäerinnen zu bedienen. Die :bsz setzt sich im Folgenden exemplarisch mit einigen Aussagen beider Texte auseinander.

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Bild: Das Rotlichtviertel in Frankfurt am Main bei Nacht., Kommentar: Die Liberalisierung der Prostitution hat nicht geschadet Wikimedia / Arne Hückelheim (CC BY-SA 3.0 DE)

Das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (ProstG) hat die Prostitution in Deutschland liberalisiert und war ein richtiger – wenn auch zu kleiner und vor allem symbolischer – Schritt zur beruflichen Anerkennung der SexarbeiterInnen. KritikerInnen des Gesetzes – allen voran Alice Schwarzer – behaupten jedoch immer wieder, die mit dem ProstG verbundene Liberalisierung habe die Situation der Prostituierten nicht verbessert, sondern verschlechtert und das Gesetz habe nicht den Prostituierten, sondern nur den Bordellbetreibern, Zuhältern und Menschenhändlern genutzt. Durch das ProstG hätten Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland zugenommen. Solche Behauptungen werden von den Medien größtenteils unkritisch übernommen und oft reißerisch präsentiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant mit Verweis auf diese angeblichen negativen Folgen des ProstG noch in der laufenden Legislaturperiode eine Verschärfung desselben. Beweise oder auch nur tatsächliche Hinweise für eine solche negative Entwicklung infolge des ProstG gibt es jedoch nicht.

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Bild: Äußerliche Trostlosigkeit im Vergnügungsviertel: Die Straße Im Winkel in Bochum., Kommentar: Die wiederkehrende Debatte um die Verschärfung des Prostitutionsgesetzes Foto: Wikimedia Commons / Vulkanhorn (CC0 1.0)

Am 16. Januar diesen Jahres lief im Ersten zur besten Sendezeit der Spielfilm „Operation Zucker“. Dieser erzählt die fiktive Geschichte eines zehnjährigen Mädchens aus Rumänien, das in Deutschland in die Fänge von Kinderhändlern gerät und in einem nach außen als Single-Club getarnten „Kinderbordell“ in Berlin landet. Im Film kämpfen eine Polizistin und eine Staatsanwältin einen aussichtslosen Kampf gegen das Netzwerk der Menschenhändler und Pädosexuellen. In der Realität sind Fälle von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung bei Kindern, also bei Minderjährigen unter 14 Jahren, glücklicherweise sehr selten. So gab es nach einer Statistik des Bundes­kriminalamtes (BKA) in den letzten 18 Jahren im Schnitt pro Jahr fünf polizeilich ermittelte mutmaßliche Opfer in dieser Altersgruppe und 66 in der Altersgruppe der 14 bis 17-Jährigen – wobei die Zahl der gerichtlich bestätigten Opfer noch deutlich darunter liegen dürfte.

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