Bild: Die AfD war auch in Gelsenkirchen sehr erfolgreich Redaktion

Ja, ja, dat schäbbig, aber cute Gelsenkirchen. Einst eine SPD-Hochburg, dann Shithole, dann Swiftkirchen, nun AfD-Hotspot. Armut, vermeintliche Überforderung durch Migration und das Gefühl, abgehängt zu sein. All das scheint die Menschen in die Arme der AfD zu treiben. Doch was steckt hinter diesem politischen Erdbeben? 

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Am 9. Februar 2025 verwandelte Kendrick Lamar die Super Bowl Halftime Show in New Orleans in ein spektakuläres Kunstwerk. Mit politischen Botschaften, persönlichen Statements und einer energiegeladenen Performance festigte er seinen Status als einer der einflussreichsten Künstler unserer Zeit. Doch während Fans die Show feierten, blieben viele Zuschauer verwirrt – besonders diejenigen, die mit Lamars komplexer Symbolik und seinem Rap-Beef mit Drake nicht vertraut waren. 

Nachdem Lamar bei der Super Bowl LVI 2022 noch Teil eines legendären Hip-Hop-Dreamteams war, stand er dieses Mal allein im Rampenlicht. Unterstützt von Samuel L. Jackson, der in der Rolle des Uncle Sam als spiritueller Führer agierte, eröffnete Lamar mit einem kraftvollen Statement: „The revolution is about to be televised.“ Die Choreografie der Tänzer, die sich zu einer amerikanischen Flagge formierten, und die Verwendung von Symbolen wie einem Tic-Tac-Toe-Spiel zeigten Lamars Fähigkeit, traditionelle Bilder zu dekonstruieren und neu zu interpretieren. 

Ein Höhepunkt war für viele die Performance von „Not Like Us“. Die Grammy-prämierte Hater-Hymne, die auch im Zentrum von Lamars öffentlichem Disput mit Drake steht. Meme das Abends: Kendrick Lamar mit einem Augenzwinkern in Richtung Kamera und der Zeile „Say, Drake, I hear you like ’em young“ lieferte Lamar nicht nur einen Seitenhieb auf seinen Rivalen. Dieser Moment endete mit einem gemeinsamen und lauten Schrei des gesamten Stadiums, das Drake vorwirft, dass er gerne jung datet und das gesamte Stadion „A MINOOOOOR“ schreit! Provokativ, aber auch kraftvoll.

Doch „Not Like Us“ war mehr als nur ein Diss-Track – es war ein Moment der kollektiven Freude. Die Tänzer, die in chaotischer Harmonie agierten, und die Cameo-Auftritte von Serena Williams und Mustard unterstreichen den Crossover-Erfolg des Songs. Lamar nutzte die Bühne, um authentische Emotionen zu vermitteln und bewies, dass er mehr als nur ein Künstler ist – er ist ein kulturelles Phänomen. 

Lamars Performance war nicht nur musikalisch, sondern auch politisch aufgeladen. Ein Protestierender mit einer palästinensischen Flagge schaffte es trotz strengster Sicherheitsvorkehrungen auf das Spielfeld, was die globale Reichweite und Bedeutung der Show unterstrich. Lamar selbst nutzte die Bühne, um klare Botschaften zu senden – sei es durch seine Texte oder die Symbolik seiner Performance.

Die vier Plattformen, die wie PlayStation-Controller-Tasten geformt waren, symbolisierten das Leben als Spiel, bei dem die Regeln von unsichtbaren Mächten diktiert werden. Diese Metapher spiegelte Lamars Kritik an systemischem Rassismus, kultureller Aneignung und der Kommerzialisierung von Kunst wider. Die Tänzer, die sich um eine Straßenlaterne versammelten, erinnerten an die nervöse Energie einer Straßenschlacht und unterstreichen die prekären Lebensbedingungen vieler Schwarzer Gemeinschaften in den USA.

Auch die Anwesenheit von Serena Williams, die während „Not Like Us“ einen Crip-Walk aufführte, war eine subtile Anspielung auf ihre Kritik nach den Olympischen Spielen 2012 und ihre Verbindung zu Drake. Jeder Moment der Show war durchdacht und voller Bedeutung – ein Beweis für Lamars Fähigkeit, Kunst und Botschaft zu vereinen.

Die Show endete mit einem kraftvollen Finale: „tv off“ und die Anzeige „Game Over“ auf dem Spielfeld brachten die Performance zu einem spektakulären Abschluss. Samuel L. Jackson fasste den Abend perfekt zusammen: „That’s what I’m talking about!“

Neben der Politik gab es auch noch ein realen Support auf der Bühne. SZA, die mit Lamar die Hits „luther“ und „All the Stars“ performte, wobei letzterer ihre stimmliche Brillanz zeigte. Trotz eines leichten Momentumverlusts durch „luther“ gelang es Lamar, die Energie zurückzugewinnen. Technische Probleme, wie übertönter Gesang und enge Kameraführung trübten den Start, wurden aber bis zu SZAs Auftritt behoben.

Die kritischen Stimmen sind laut! Denn Politik hat nichts im Sport zu suchen. Aber K.Dot nutze seine Plattform für einen Diskurs, den die USA und insbesondere Black America nötig hat. Lamar nutzte die Bühne, um Themen wie systemischen Rassismus, kulturelle Aneignung und die Kommerzialisierung von Kunst anzusprechen.
 
Kendrick Lamars  Super Bowl Halftime Show 2025 ist  mitlerweile eine der am meistgesehensten Halftime Shows aller Zeiten auf YouTube. Er hat gezeigt, dass Kunst und Kommerz durchaus Hand in Hand gehen können – wenn der Künstler dahinter die Vision und den Mut hat, seinen eigenen Weg zu gehen. Für diejenigen, die die Bedeutung hinter den Symbolen verstanden, war die Show ein Meisterwerk. Für alle anderen bleibt sie ein faszinierendes Rätsel, das dazu einlädt, tiefer in die Welt von Kendrick Lamar einzutauchen.

Redakteurin

Die Alternative für Deutschland (AfD) gilt als migrationsfeindlich – doch sie gewinnt ausgerechnet unter Menschen mit Migrationsgeschichte Stimmen. Eine Mischung aus Frust, Abgrenzung und konservativen Werten spielt eine Rolle für die Sympathie. Ein Blick auf einen überraschenden Trend.   

Es scheint so, als wäre die AfD für Menschen mit Migrationsgeschichte unwählbar. Doch das Bild ändert sich vermeintlich. Auch wenn die Mehrheit migrantischer Wähler:innen weiterhin Parteien aus der politischen „Mitte“ bevorzugt, wächst eine Gruppe heran, die der Partei ihre Stimme geben möchte. Da ist es anscheinend egal, dass die Partei für einen harten Kurs gegen Migration steht. 

Bei der vergangenen Bundestagswahl lag noch die SPD bei vielen Wähler:innen mit Migrationsgeschichte weit vorne. Achtung! Ich sag jetzt nicht, dass die alle die AfD wählen werden. But something has changed.  Wenn ich Euch sage, dat mein Vattern immer hinter dieser Partei stand, egal was passierte. Aber irgendwie haben die auch meinen Vatta verloren. Er versteht schlichtweg nicht, wofür die stehen. Würde er jetzt die AfD wählen? Nein, aber Vattern steht sinnbildlich für viele Menschen aus der Gastarbeiter:innen-Generation, die ihr „das-hab-ich-schon-immer-so-gemacht“ kaum hinterfragen. Die Wahl 2017 zeigte auf, dass besonders Menschen aus der Türkei, Italien oder dem arabischen Raum traditionell eher Mitte-links wählten. Die Union hingegen hatte bei Spätaussiedler:innen aus der ehemaligen Sowjetunion einen guten Stand. Doch diese Muster lösen sich zunehmend auf.   

Und nein, ich laber nicht nur! Eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) zeigt:  Die SPD bleibt bei Menschen mit Migrationsgeschichte die beliebteste Partei, doch sie verliert an Zustimmung. Die Union hält sich stabil. Gleichzeitig werden kleinere Parteien wie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) oder auch die AfD attraktiver. Vor allem bei postsowjetischen Migrant:innen kann die AfD punkten – und neuerdings auch in Teilen der türkisch- und arabischstämmigen wie konservativ afrikanischen Community.   

Warum? Naja, ich hab hier nicht die Antwort auf alles und es gibt nicht DIE EINE Erklärung dafür. Vielmehr lassen sich mehrere Motive ausmachen:   

Protest und Frust: Wie die meisten Menschen in Deutschland fühlen sich viele Migrant:innen von der Politik nicht gehört. Hohe Lebenshaltungskosten, Wohnungsnot und wirtschaftliche Unsicherheit treffen sie oft härter als andere. Aber zum Glück aller inszeniert sich die AfD  als Partei des Protests – und das spricht einige an. Ich zitiere an dieser Stelle Burak Yilmaz: „Wenn Menschen arm sind, sind sie frustriert. Wenn sie frustriert sind, sind sie wütend – und dann brauchen sie den starken Mann, der auf den Tisch haut“.  

Ablehnung neuer Migration: Menschen, die sich selbst als integriert sehen und von dem weiß-deutschen Volk als „guter Migrant“ akzeptiert worden sind, stehen neuer Zuwanderung oft skeptisch gegenüber. Die Standard-Floskel, die ihnen ins Ohr gesetzt wird:  „Wir mussten uns alles hart erarbeiten – und jetzt bekommen die Neuen alles geschenkt.“ Die AfD, aber auch die CDU bedient sich hier aus dem klassischen Buch der White Supremacy um zwei Gruppen gegeneinander auszuspielen. Denn heute ist für die „Neuen“ eben alles einfacher als für die Alteingesessen. 

Konservative Werte: Überraschung! Nicht alle Menschen mit internationaler Geschichte sind wie sie es auf Neudeutsch sagen: WOKE!  Kommen wir noch mal zu meinem Vatta. Der gute Mann geht jede Woche in die Kirche und dort werden noch andere Werte gefeiert. Ja, nicht nur muslimische Menschen sind so … Surprise! Die AfD vertritt in einigen Bereichen Positionen, die eben mit traditionellen, patriarchalen Strukturen in manchen migrantischen Communitys übereinstimmen. Ob Genderkritik, Familienpolitik und auch die Ablehnung von „Wokeness“. Nochmal, nein mein Vatta wählt die nicht und sieht das ganze nicht so eng, wie es sich hier ließt.  

Nationalismus und Abgrenzung: Diskriminierungen gibt es nicht nur gegen Migrant:innen, sondern auch unter ihnen. So gibt es etwa in der türkischen Community nationalistische Strömungen, die sich mit AfD-Positionen decken. Bei Russlanddeutschen wiederum spielt die Ablehnung muslimischer Migrant:innen eine Rolle. Dies sind nur ausgewählte Beispiele und ich könnte das Spiel noch ein paar Runden spielen.  

Über die Jahre hat sich die AfD angepasst und weiß um diese Entwicklungen. Seit Jahren versucht sie aktiv, ihr Image zu verändern und auch anzuwerben. So gibt es inzwischen AfD-nahe Vereine mit Namen wie „Mit Migrationshintergrund für Deutschland“. Ziel: Die AfD als Partei der „integrierten Migrant:innen“ zu präsentieren. Doch die Strategie ist widersprüchlich. Während die Partei öffentlich um migrantische Stimmen wirbt, machen viele Mitglieder mit rassistischen Äußerungen Schlagzeilen. So bleibt die AfD für die Mehrheit der Menschen mit Migrationsgeschichte unwählbar.   

Ja, aktuell handelt es sich um eine kleine Gruppe. Laut Wahlforscher:innen beträgt der Anteil migrantischer AfD-Wähler:innen etwa zwei Prozent – doch er wächst. Wir haben in den USA gesehen, wie Menschen aus marginalisierten Communites für Trump gestimmt haben. Er ist die Person mit dem Status eines Selfmade-Mannes, der es mal endlich anspricht. Yaaaay! Das lieben wir. Denn die kapitalistische Work-Hard-Culture, die in vielen Köpfen unserer Eltern implementiert wurde zeigt sich auch an der Wahlurne. Arbeiten muss sich halt lohnen und die anderen sind einfach zu faul. Die wirtschaftlichen Sorgen verschärfen dieses Denken der Ungerechtigkeit und das vertieft wiederum das Gefühl der gesellschaftlichen Spaltung. Und das macht die AfD attraktiv – auch für migrantische Milieus.  

Christmas comes early this year! Also sprecht über die Wahl mit Freund:innen und Familie. Ich hab mit meiner Familie schon über die Wahl und die Zukunft ihrer Kinder in diesem Land gesprochen. Aktuell scheint es mir die einzige Lösung.