Bild: Between a rock and a hard place: Ein Versuch, die Welt zwischen Arbeiten und nichts tun auf die Bühne zu bringen. Bild: © Michael Saup, Nach der Arbeit einfach mal abschalten? Bild: © Michael Saup

Vergangenen Samstag kam es zur Premiere von Tobias Staabs Theaterstück „After Work“ in den Kammerspielen. Was sagt uns das Stück über die Welt des arbeitenden Menschen?

Theater. 19:30 im Bochumer Schauspielhaus, das Publikum wartet gebannt auf den Beginn des Schauspiels. Auf der Bühne haben die Darsteller*innen bereits Platz genommen und starren ähnlich gebannt ins Publikum. Sie tragen Kleidungsstücke der Renaissance und sollen einen bunten Mix verschiedener Gesellschaftstypen darstellen. Das Requiem beginnt. Doch irgendwie scheinen die Menschen eher ausgestellt als arbeitend, irgendwann schleicht sich die Darstellerin Anne Rietmeijer aus der Gruppe weg, um dann wenig später in einem Affenkostüm wieder zurückzukehren. Denn der Mensch stammt vom Affen ab. So, oder so ähnlich, zumindest tanzt der Affe sehr modern über die Bühne, bis wir eine neue Zeit erreichen. Wie in einer Zooausstellung erkennt der tanzende Affe hinter eine Folie die Umrisse eines Menschen. Der Proletarier verbirgt sich hinter dem Folienvorhang und nutzt einen Stock, um gegen die Folie zu piksen. Erst zärtlich, dann bestimmter, bis er den Stock zu einer Flagge umformt und diese hisst. Man springt sehr szenenhaft von Bild, zu Bild, von denen manche besser, manche schlechter funktionieren, jedoch erzeugt dies eine leicht rauschhafte Erfahrung für die Zuschauer*innen. Man soll hier vermutlich einfach mal abschalten und den Tag nach der Arbeit ausklingen lassen, denn wirkliche Antworten was aus der Welt der arbeitenden Menschen wird, bekommt man hier nicht. Vielleicht insofern, dass wir am Ende einfach an ein System gefesselt bleiben, dass uns nach und nach obsolet macht, weil es automatisierter wird?

Diese Interpretationen bleiben allerdings den Zuschauer*innen überlassen. Der Theatertrip verzichtet größtenteils auf Dialoge oder direkte Rede, eher verdeutlicht es die Unruhen, die der Arbeitsalltag mit sich bringen kann, um dann ab und an mit ruhigeren Bildern zu kontern. Man sieht Momente der Versöhnung, die Geburt der Suits, schamanenhafte Motivationsredner*innen und Fitness Gurus, alles um die Menschen zu einer funktionierenden, arbeitenden Gesellschaft zu formen. Auch in Beziehungen wird innerhalb von quasi Performance-Gesprächen der Bezug zur Arbeiter*innenwelt hergestellt. „Akte der Liebe sind doch etwa so wie Akte der Arbeit, findest du nicht auch?“ Am besten funktionieren an diesem Abend aber die intimeren Momente und besonders entführen die leicht versetzten Gesangspassagen von Rietmeijer in kurze verträumte Minuten. Es wird viel getanzt und auf Modern Dance-Bewegungsmuster zurückgegriffen. Dabei sticht häufig die Musikauswahl besonders hervor und spielt mit Kontrasten zu den dargestellten Bildern. In den episodenartigen Fragmenten werden dabei immer wieder verschiedene Formen von Arbeiter*innen, Arbeitsmoralitäten oder Mittel der Selbstoptimierung und Disziplinierung dargestellt, manchmal nur nicht deutlich oder aggressiv genug. Vieles bleibt leider zu assoziativ. Aber vielleicht war das so gedacht, zumindest kann man sich vorstellen, dass die Regie dieser Szenenfragmente Spaß gemacht haben muss. Ob sich das allerdings auf das Publikum vollkommen übertragen kann, steht zur Debatte. Abgebildet wird hier zunächst ein surreales Schauspiel, das wie in einem Traum von Assoziation zu Assoziation springt und gipfelt schlussendlich in der Fesselung des Menschen, nachdem er zunächst noch romantisierend über eine Folterapparatur spricht. Am Ende des Stücks kehrt der Affe auf die Bühne zurück, allerdings in einem der Renaissance-Kleider. Kleider machen Leute? Oder bleiben wir Affen?

:Christian Feras Kaddoura

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Bild: Hier bald erstmal nichts zu sehen: Das Metronom Theater. , The show must go on! Bild: fufu

Theater. Schlechte Nachrichten für alle, die gerne im Ruhrgebiet ins Musical gehen. Zwei Instanzen sagen erstmal Adé NRW.

Traurig, aber wahr. Bald ist Schluss mit Popcorn-Musicals im Ruhrgebiet. Wie Stage Entertainment verkünden ließ, ist März 2020 das Ablaufdatum für die beiden Musical-Spielhäuser Metronom Theater Oberhausen und  Colosseum Theater  Essen. Zumindest unter der Stage Entertainment-Führung werde es kein Folgeprogramm auf den Bühnen der beiden Spielhäuser geben, weil sich die Ruhrgebietsstandortefinanziell nicht lohnen. Trotz zu häufig leerer Publikumssitze stand man laufend hohen Produktionsgebühren gegenüber. Dafür gibt es in Hamburg allein mittlerweile vier Stage-Häuser, denn generell scheinen doch noch genug Leute in Musicals zu gehen, nur im Ruhrgebiet nicht. Stage zieht das Fazit: Abzug.

Im Metronom Theater kann man sich also noch gut ein halbes Jahr „Tanz der Vampire“ anschauen, bevor sich hier 88 Mitarbeiter*innen dann in der generell mit Jobs sehr rar gesäten Musical-Industrie neu umsehen müssen. Doch es hat sich angebahnt, denn bis auf an Wochenenden, Feiertagen und besonderen Spartagen haben die Musicals zuletzt nur wenig Besucher*innen in die Häuser gelockt. Es was zur Spielzeit von Tarzan schon äußerst schwierig war, die durch die, ganzen Schwing- und Spring-Installationen besonders hohen Produktionskosten zu decken, lockte man mit diesem allseits bekannten Disney-Programm zumindest noch viele Familien ins Theater, denn man machte schlicht Programm für Jung und Alt. Es war schwierig, aber belebt, bevor es dann mit dem Nachfolger „Bat out of Hell“ einfach zu leer blieb. Man freute sich in Oberhausen zwar über die erste Deutschlandpremiere Jim Steinmans, jedoch genoß das Stück fast keinerlei Bekanntheit und auch Meat Loaf, Wappentier und der Verfasser der meisten Lieder des Musicals, vermutlich einfach zu wenigen ein Begriff. Auch das Übersetzen der englischen Songtexte hatte für viele Besucher*innen nicht funktioniert. Für all diese Zutaten und Werbeplakate  die, wie für das 66. Iron Maiden „Best Of“-Album gestaltet wurde, fand man einfach kein Publikum im Ruhrgebiet. Die Stühle blieben leer.

Aber liegt das am Ruhrgebiet? Alexander Klaws, erster DSDS-Star und damaliger Oberhausen Tarzan-Darsteller, sieht den Grund woanders. Zumindest machte er seine Meinung vergangene Woche via Social Media deutlich und sprach davon, dass man das Publikum einfach zu sehr hinters Lichts führen wolle. Er nennt vor allem Probleme wie das Ersetzen von Orchestern durch fünf Personen-Bands, überteuertes und falsches Marketing sowie die viel zu hohen Eintrittspreise. „Wir erleben gerade, was passiert, wenn man schlicht am falschen Ende spart, oder teilweise dem Publikum versucht wird ein Toyota als Ferrari zu verkaufen“, so der Schauspieler und Sänger. Doch das Stage Prinzip ist einfach: einheitliche Lobbys, Säle, Teppiche, Arbeitsgarderoben, Kunstgemälde, Snacks und vor allem einheitliches auberginen-rot, damit man direkt weiß, wo man ist. Ein bisschen zu sehr Franchise hatte das ganze dann aber vielleicht doch für das Ruhrgebiet. Man möchte doch ins Theater und nicht zu McDonalds. Denn Musical-Tourismus in Hamburg oder Berlin scheint zu funktionieren, weil die Leute nur kurz zu Besuch sind. Im Ruhrgebiet lag das Problem vermutlich eher daran, dass sich die Leute bei Stage vermutlich nie ganz Zuhause gefühlt haben. Denn, dass Musicals auch über Jahrzehnte konsequent im Ruhrgebiet die Ränge füllen können, beweist uns seit 30 Jahren Starlight-Express in Bochum.         
                  

  :Christian Feras Kaddoura
 

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