Eine Wahlkampfansage in einer Minute. Die Wahlwerbespots für die Bundestagswahl 2025 sind Stimmungsmacher, die den politischen Diskurs auf den Punkt bringen und Wähler:innenstimmen einfangen sollen. Wir haben uns durchgeklickt.
Hinweis: Einige Parteien haben zum Zeitpunkt der Recherche keine Wahlwerbespots gezeigt.
CSU:
„Deutschland wieder in Ordnung bringen” verspricht uns Markus Söder in Bayern. Er sitzt dabei ganz gemütlich in einer Holzhütte mit Blau-Weiß karierten Vorhängen im Hintergrund. Ein Gefühl von bayrischer Kultur und Vertrautheit kommt da beim Zuschauen auf. Das passt zu den Ansätzen von der „neuen Sicherheit”, die Söder wecken möchte. Zur inneren Sicherheit zeigt man uns Bilder von einem Grenzschild und der Polizei. Es geht Markus Söder dabei um die wirksame Eingrenzung der (illegalen) Migration, damit sich die Menschen in Deutschland wieder „daheim” fühlen können. Während uns Szenen von einer Brezel-Bäckerei und einem Stall gezeigt werden, erinnert der CSU-Chef uns an die deutsche Wirtschaft, die er wieder stärken möchte. Passend dazu sitzt Söder an einem Tisch, der mit einem Korb voll Brezeln gefüllt ist. Er gibt sich hier als ernsten aber zugleich hoffnungsvollen Menschen. Das macht nicht nur der Umschwung in der musikalischen Begleitung deutlich, sondern auch die Nahaufnahme, die von einer ernsten Visage in ein Lächeln übergeht. Söder macht deutlich, dass es der CSU um eine klare Linie und ein starkes Bayern geht. „Keine Stimme verschenken, alles auf die Bayern-Karte setzen” ohne Alternative, wenn Bayern und Deutschland wieder stark werden sollen. Bayern stark für Deutschland heißt es dann noch auf der Grafik, die sich im Abspann zeigt.
Bei der Wahlwerbung der CSU steht die Person Markus Söder in Mittelpunkt und vertritt die Partei im Alleingang. Die Partei geht davon aus, dass ein starkes Deutschland ein starkes Bayern vorraussetze. Das Ass im Ärmel ist dabei Markus Söder selbst, der mit einer vertrauneserweckenden Art auf Stimmfang geht.
CDU:
Die Christdemokraten möchten „Wieder nach vorne” und stellt dabei die Frage: „Deutschland, was ist los mit dir?” Es folgt ein Schwelgen in Erinnerungen an ein Deutschland, das mal Exportweltmeister, Technologieführer und ein Land war, dem man Respekt und Bewunderung zollte. Man besinnt sich auf die klugen Menschen voller Tatendrang, die Dichter und Denker, die Deutschland ausmachen. In den Vordergrund rückt dabei das „Ampel-Chaos”, das uns in den TV-News noch einmal vor Augen geführt wird. Vom Streiten wieder ins Machen kommen, heißt es in diesem Spot. Anschließend sind Bilder von Kanzlerkandidat Friedrich Merz zu sehen, wie er selbstsicher und mit einem Lächeln im Gesicht bei der Arbeit auftritt. Eine Politik, die hält was sie verspricht, suggeriert die weibliche Stimme, die den Text des Werbespots vorliest.
Der Spot malt ein Zukunftsszenario, in dem sich Arbeit wieder lohnt, man sich wieder sicher fühlt und das Leben wieder bezahlbar ist. Gezeigt werden uns dabei ganz viele unterschiedliche Szenen: Eine Frau, die abends seelenruhig den Bus verlässt, Menschen wie sie einkaufen und bezahlen sowie Landschaften, die schön in Szene gesetzt werden. „Wie wäre das?” Werden wir gefragt, bevor Merz selbst das Wort ergreift. Merz möchte, dass Deutschland genau das macht, zurück zu einem Land, auf das man stolz sein kann – das Land, was wir kennen und lieben sollen.
Der Wahlwerbespot richtet sich an alle die das „alte” Deutschland und seine Werte vermissen. Besonders auffällig in diesem Spot ist, wie die deutsche Gesellschaft dargestellt wird. Einheitlich weiße Menschen, die Arbeiten, Geld ausgeben und Kinder großziehen, ist das Bild was man uns suggeriert. Von Menschen mit Migrationshintergrund, anderen Hautfarben oder entgegen der Heteronormativität fehlt jede Spur.
AfD:
„Zeit für eine Kanzlerin, die sich an den Eid erinnert”, heißt es im Wahlwerbespot der AfD. Wir sehen Alice Weidel, wie sie in dicker Jacke und mit Rucksack durch eine Schneelandschaft zieht und dabei unter anderem die schöne Natur bewundert. Dabei liest sie uns den Amtseid deutlich vor. Inhaltlich ist das auch alles, was man dem Spot entnehmen kann. Die AfD inszeniert hier Alice Weidel fast schon als eine Superheldin, wie man sie auch auf der Kinoleinwand sehen würde.
Rein kinematografisch ist das wohl der aufwendigste Wahlwerbespot. Die Produktion wirkt wie ein Trailer zu einem Kinofilm, in dem es um Alice Weidel geht. Inhaltlich ist der Wahlwerbespot jedoch leer, bis auf dem Amtseid den Weidel verliest, fehlt der politische Diskurs gänzlich.
Bündnis90/Die Grünen:
„Ein Mensch, ein Wort”. Mit diesem Motto meint die Partei Robert Habeck, Vizekanzler. Ein Wort habe die Kraft, alles zu verändern, heißt es in diesem Wahlwerbespot. Es sei dabei wichtig, wer es einem gäbe, bevor Habeck selbst das Wort ergreift. Dass plötzlich alles gut wird, glaubt Habeck nicht. Jedoch sei er überzeugt, dass man sicher durch die Krisen steuern könne, wenn man Probleme löse, anstatt sie nur zu beklagen. Er setze sich mit all seiner Kraft dafür ein, das ist das was er verspricht. Er sitzt dabei in einem Wohnzimmer mit Kalksteinwand und einem Glas Wasser auf dem Tisch. Ebenso unauffällig wie die Szene ist seine Kleidung: schwarzes Sakko über schwarzem Shirt.
Das Bündnis90/Die Grünen setzten im ersten Teil des Spots auf die Themenvielfalt im aktuellen politischen Diskurs. Sie zeigt dabei eine diverse deutsche Gesellschaft. Im zweiten Teil wirkt Robert Habeck kämpferisch und zugleich ein wenig wehmütig in seiner Ansprache.
Die Linke:
Die Linke geht ohne zu zögern direkt ans Eingemachte und stellt fest: „Hier stimmt doch was nicht”. In Szene setzen sich Jan van Aken und Heidi Reichinnek die bei einem Spaziergang durch die Stadt auf die Missstände in Deutschland aufmerksam machen. Zu wenig Geld durch Arbeit und unbezahlbarer Wohnraum. Als eine Familie gerade ihren Umzug macht, kommt Gregor Gysi ins Bild, der ganz klar macht: „Nein, nicht mit uns!”. Im Abgang zwinkert er noch von Aken und Reichinnek zu, die selbst mit anpacken und die Umzugskartons wieder zurückbringen.
Eine Frage der Schuld für das Versagen wird in den Raum geworfen, und, dass sich niemand, sowohl die alte CDU-Regierung als auch die Ampel-Regierung, dafür gerade macht. Die beiden kritisieren die vielen Wahlversprechen, die nicht eingehalten werden. Van Aken macht mit dem T-Shirt auf dem „Tax the Rich” steht, besonders deutlich, wem die anderen Parteien nach der Wahl behilflich sind, anstatt sich für „unsere” Probleme zu interessieren. Dies sei keine ehrliche Politik. Deutschland verdiene eine Partei, die für „den kleinen Mann” arbeitet und nicht für Superreiche. Am Ende machen dann beide klar, sie legen sich für ihre Wähler:innen mit „denen da Oben” an.
Bei der Linken setzt man vor allem auf Sympathie und Menschennähe. Van Aken und Reichinnek spazieren mitten durch ein Wohngebiet, als würden sie selbst dort zu Hause sein. Sie inszenieren sich als Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die auch mal auf ihren Bus warten müssen. Für extra Sympathiepunkte hat man auch Bodo Rammelow im Bratwurst-Imbiss und Gregor Gysi ins Boot geholt.
FDP:
„Alles lässt sich ändern” ist das Motto der freien Demokraten. Christian Lindner setzt sich vor die Kamera und zählt auf, wann und in welchen Punkten in der deutschen Geschichte schon gezweifelt wurde, bevor es dann doch anders kam. Zum Beispiel in Sachen Automobilität, Wirtschaftswunder und Freiheit. Es zeigen sich Snapshots aus der Vergangenheit, die jene Zweifel zerschlagen. „Die Dinge ändern sich nicht von alleine” sagt Lindner, der im Anschluss im Mittelpunkt des Bildes sitzt. Er setzt dabei auf das „Wir”, das neu denkt, um etwas zu verändern. Er macht Zuversicht, dass eine Veränderung in Kernpunkten der deutschen Politik wieder funktionieren wird. Ein rasantes Flackern aus Schwarz und Gelb blendet abschließend das Motto ein.
Lindner steht hier im Mittelpunkt des Wahlwerbespots. Er beruft sich dabei auf eine direkte Ansprache, in der nicht viel Platz für Erklärungen oder Schuldzuweisungen ist. Es scheint mehr eine Kampfansage zu sein, bei der die Werte der FDP vermittelt werden. Ein Epilepsie Warnung wäre bei der Wahl des Videoschnitts allerdings angebracht gewesen.
:Artur Airich