Bild: Überall leere, metallene Gesichter: Der Codex Roboticus zwischen düsterm Comic und Dokumentation., Buchrezension: „Codex Roboticus“: Als die Maschinen beinahe den Menschen ablösten Bild: Das Wilde Dutzend Verlag

Der Golem ist Geschichte. Der Prometheus „steigt aus dem Lichtbogen des Verstandes hervor. Er ist ganz Industrie, und seine Ordnung ist auch die Ordnung der neuen Welt.“ Besessen von dieser Idee baute Dr. Stanislaus Schwenck, Pferdeveterinär im Ersten Weltkrieg, Somnambulist und Drogen konsumierender Kriegstreiber, in den 1920er Jahren transhumane Kampfmaschinen. Er löste die Grenze zwischen Mensch und Maschine auf. Die Frage nach der Moral hinter diesem Handeln brachte den irren Doktor noch mehr um den Verstand. Sie – und nicht nur sie allein – wird auch die LeserInnen beschäftigen.

Die Aufzeichnungen des ominösen Arztes gingen durch okkulte und studentische Hände, stets verdeckt in zwielichtigen Kreisen. Der „Codex Roboticus“ versammelt Fotografien, Tagebucheinträge und Militärdokumente aus Schwencks Nachlass wie auch frühneuzeitliche Quellen und Illustrationen aus späteren Nachdrucken. Das eindrucksvolle Bildmaterial hat auf jeder Seite eine beklemmende Wirkung.

„Aber die Maschine machte sich Masken und verbarg sich unter den Menschen.“ Cyborgs in der Weimarer Republik? Konnte so ein Projekt tatsächlich über die verwirrten Skizzen eines kranken Geistes hinausgehen? Die Fotos zeigen eindeutig den klobigen Roboter auf nebelbedecktem Kopfsteinpflaster. Neben den groben Skizzen finden sich technische Blaupausen. Überall diese leeren, metallenen Gesichter. Aus den Tagebucheinträgen wird ein düsterer Comic, als sei es eine Szene aus einem schlechten Drogentrip. Ein Comic? Oder hat es diesen Schwenck wirklich gegeben? Was macht der Professor, der das Vorwort verfasst hat, genau?

Dokumentation, Bildband, Erzählung? Alles davon!

In einer Welt wie der heutigen, in der Wissen und Fiktion so gut ineinandergreifen und einander befruchten können wie noch nie, in der ein Kunstwerk schon lange nicht mehr auf ein Medium beschränkt sein muss, scheint es, dass wir in den Kategorien von Buch, Bild, Film, ja, sogar in Textgattungen wie Roman und Essay festgefahrener sind denn je. Und dann kommt Jens Maria Weber mit einem Buch wie dem „Codex Roboticus“ daher und präsentiert eine mutige, unglaublich aufwändige und in höchstem Maße kreative Umsetzung eines faszinierenden Stoffes.

Mit jeder Seite fragt man sich mehr, was für eine Art Werk man in den Händen hält. In dem Maße, wie dieses Buch mit seiner bloßen Existenz für die Aufhebung von Grenzen zwischen Formen der Darstellung, zwischen wahr und erfunden einsteht, warnt die Geschichte vor der Aufhebung der Grenzen zwischen Mensch und Menschgemachtem.

:Marek Firlej

Jens Maria Weber: „Codex Roboticus“
Das Wilde Dutzend Verlag. November 2014.
95 Seiten, 24,95 Euro.

Spätestens, wenn wir die kleinen roten Schleifen an den Mänteln, Pullis und auf Plakaten sehen, fällt es uns wieder ein: Der erste Dezember ist Welt-Aids-Tag. Seit 1988 dreht sich am ersten Tag des Wintermonats unter einem jährlich wechselnden Motto alles rund um Aids.

Momentan leben weltweit ca. 35 Millionen Menschen mit HIV. Jährlich werden es 2,1 Millionen mehr. Die lebensnotwendigen Medikamente sind nicht für alle zugänglich. Stigmatisierung und Ausgrenzung hingegen sind überall zu finden. Daher: Solidarisiert Euch mit den Betroffenen und bekennt (rote) Farbe! Aids ist ein stets aktuelles und auch in Zukunft weiter bestehendes Problem. Und es sind nicht nur höhere Institutionen, die dem Virus den Kampf ansagen sollten – jedeR Einzelne ist schließlich auch für sich selbst und andere verantwortlich. Das betonen das Bundesministerium für Gesundheit sowie die Deutsche Aids-Hilfe und die Aids-Stiftung in ihren gemeinsamen Kampagnen, denen Prominente wie Philipp Lahm ein Gesicht geben. Dieses Jahr geht es um Gewissensfragen und Toleranz im alltäglichen Umgang mit HIV-Erkrankten: im Kindergarten, in der Kantine, beim Küssen. Die Frage lautet dabei jedes Mal: Würdest Du…?

:Melinda Baranyai

Bild: Kommentar: Dortmunder Stadtrat wird zur Bühne für antisemitische Provokation

Eine geschmacklose Provokation der Partei „Die Rechte“ im Dortmunder Stadtrat sorgt für Aufsehen: Vergangene Woche fragte Dennis Giemsch, Ratsvertreter der „Rechten“, nach der Anzahl der in Dortmund lebenden BürgerInnen, die dem jüdischen Glauben angehören.

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Bild: Im Fokus: Citeecar-Kontroverse: Kooperation knapp beschlossen

Auf der jüngsten Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) am 18. November beschlossen die AStA-tragenden Listen mit nur 16 Ja-Stimmen, den lange kontrovers diskutierten Kooperationsvertrag mit dem Dumping-Anbieter Citeecar zu unterzeichnen. Die Bewertung der Entscheidung fällt höchst unterschiedlich aus: „Wir sehen es kritisch, mit diesem Unternehmen zu kooperieren, da es nicht sehr seriös wirkt“, sagt selbst der Jungliberale Linus Stieldorf zur :bsz über jene Firma, die das Unternehmenskonzept von Ryanair zum Vorbild hat. Noch weiter geht Franziska Pennekamp von der Grünen Hochschulgruppe (GHG): „Der Vertrag mit Citeecar ist ein großer Fehler. Wir hoffen, dass dieser schnell wieder ausläuft.“ Das könnte frühestens ein Jahr nach Unterzeichnung der Fall sein. Die GHG habe bereits einen Antrag auf Beitritt zum Verein ruhrmobil-E e. V. gestellt, um künftig verstärkt Elektrofahrzeuge an die RUB zu holen.

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Nachdem :bsz-Redakteur Marek in der letzten Ausgabe die Abschaffung der Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen begrüßt hat, erreichte uns die Reaktion eines Lesers. Dieser findet, dass die Anwesenheitspflicht durchaus einen Sinn hat.

„Lieber Marek,

Du hast Recht – zumindest stellenweise.

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Bild: Aufbruchstimmung: Nach einer Ansprache von Shermin Langhoff am Gorki-­Theater, Berlin., Interview: Berliner AktivistInnen wollen Europäischen Mauerfall – und treffen auf Polizeipanzer Foto: Hanna Aders

Am  Vorabend des 9. November brachen vom Berliner Maxim-Gorki-Theater aus einhundert AktionskünstlerInnen und PolitaktivistInnen rund um das Zentrum für politische Schönheit zu den Außengrenzen der EU auf. 14 Kreuze zum Gedenken an die ‚Mauertoten‘ an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Ost- und Westberlin wurden am 25. Jahrestag des Mauerfalls für die Aktion ‚entliehen‘ und an drei Orten entlang der EU-Grenze aufgestellt: am Grenzzaun der spanischen Enklave Melilla in Marokko, in Griechenland sowie in Bulgarien. Dies entfachte eine breite mediale Debatte darum, was (politische) Kunst darf und was nicht. Erklärtes Ziel der AktivistInnen war es zudem, den europäischen Grenzzaun einzureißen, um so für den „Ersten Europäischen Mauerfall“ zu sorgen. Die beiden politischen AktivistInnen Kathrin und Jan waren mit dabei und berichten im Interview mit Gastautor Philipp Adamik für die :bsz.

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