Ein neuer Gesetzesentwurf, der das spanische Sexualstrafrecht verschärft und reformiert. Konservative Parteien finden den neuen Entwurf gefährlich und ungerecht gegenüber Männern. Spanier:innen heißen den Entwurf „längst überfällig“.
Nach der Häufung von Gruppenvergewaltigungen mit einer Reihe von mutmaßlich minderjährigen Tätern, billigte das spanische Parlament am 26.05.2022 mit einer deutlichen Mehrheit einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Sexualrechts. Das neue Gesetz, als „Nur Ja heißt Ja“ Gesetz bekannt, soll nicht nur Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe schärfer unter Strafe stellen, sondern auch die Verbreitung von Sexvideos, Nudes und einschüchternden Komplimenten.
Vergangene und aktuelle Gerichtsurteile zu Vergewaltigungen mit milden Strafen haben unter den Spaniern für große Empörung gesorgt. Grund für die milden Strafen war oft ein passives Verhalten der Opfer, welches als Zustimmung und nicht als Schockstarre gedeutet wurde. Das neue Gesetz soll nun, laut Irene Montero, der Gleichstellungsministerin Spaniens, ein deutliches Zeichen gegen die sogenannte „Vergewaltigungskultur“ Spaniens setzen. Fortan sollen Vergewaltigungen nicht mehr von der Wehr oder Tatenlosigkeit der Opfer abhängig gemacht werden, sondern allein von dem unvernehmlichen begangenen sexuellen Übergriff des Täters.
Das neue „Nur Ja heißt Ja“ Gesetz stößt jedoch auch auf große Ablehnung unter den Spaniern. 140 Abgeordnete stimmten gegen den Gesetzesentwurf. Hauptsächlich kommt die Ablehnung von den konservativen Parteien, wie zum Beispiel der rechten Partei Vox und der konservativen Volkspartei Partido Popular. Sie sehen im neuen Gesetzesentwurf eine ganz klare Gefahr für das Prinzip der Unschuldsvermutung. Ein Prinzip, welches besagt, dass nicht der Verdächtigte die eigene Unschuld beweisen muss, sondern die Behörden die Schuld des Verdächtigten.
Spanien ist nicht das erste Land, welches den Schritt wagt, die Strafe für Sexualdelikte zu verschärfen. In Schweden gilt bereits seit 2018 ein Gesetz, welches eine klare Zustimmung des Partners für sexuelle Handlungen vorschreibt. Und trotz gut laufenden existierenden Beispielen, scheinen die Kritiker:innen an denselben (widerlegten!) Argumenten festzuhalten. Das Gesetz sei „männerfeindlich“ und „jetzt darf man als Mann gar nichts mehr“ – Kommentare, die man immer wieder unter Beiträgen zu sexueller Selbstbestimmung und einvernehmlichen Sex findet. Ganz bewusst wird dabei ignoriert, dass solche Gesetze den Opfern unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Sexualität helfen, und sie darin bestärken Anzeige zu erstatten, denn die Hürde sich als Opfer von sexuellem Missbrauch auszusprechen bleibt nach wie vor hoch. Die rechtliche Umsetzung wird niemals perfekt sein, solange die Schuld beim Opfer und nicht beim Täter gesucht wird. „Nur Ja heißt Ja“ Gesetze sind sicherlich nicht fehlerfrei, aber ein großer Schritt in die richtige Richtung.
:Miena Momandi
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