„Oh du Fröhliche“ sollte es zur Adventszeit heißen. An der RUB sieht das jedoch ganz anders aus: Nach der Neonazi-Outing-Plakataktion und den verkleideten Nikoläusen im Hörsaal informierten die Antifa-Mitglieder die Studierenden weiterhin über den Neonazi Michael B. In den darauffolgenden Tagen kam es zur Manipulation von Beamern in Hörsälen und zu einem Datenmissbrauch der E-Mail-Adressen. Um wieder eine friedliche Studierendenschaft zu erlangen, planen das Rektorat und der AStA die Kampagne „Uni ohne Vorurteile“.
Eine Aufklärungsaktion der Antifa an der RUB eskalierte letzte Woche Montag und endete in einem Tumult. Die Aktion führte zu einer medialen Debatte darüber, ob die linken AktivistInnen Schuld an der Gewalt hätten. Der eigentliche Zweck, die Aufklärung über Neonazis an der Ruhr-Universität, ging dabei unter. Dabei war das Vorhaben schon von vornherein in seiner Form nicht unumstritten.
Stell Dir vor, in Deiner Vorlesung sitzt einer der führenden rechtsextremen Kader im Lande und keiner weist Dich darauf hin. Nicht unwahrscheinlich, dass Du Dich dann schon bald zusammen mit einem der stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Die Rechte in einer Arbeitsgruppe wiederfindest; und ohne Böses zu ahnen, offenbarst Du in seiner Gegenwart vielleicht sogar Deine politische Gesinnung als BefürworterIn von Mindestlöhnen oder einer liberalen Flüchtlingspolitik offener Grenzen. Und weil man ja in Arbeitsgruppen auch unter JuristInnen solidarisch miteinander umgehen sollte, gibst Du ihm eventuell noch Deine Vorlesungsmitschriften, um ihn für die bevorstehende Klausur zu unterstützen. Dumm nur, dass Du darin eine Telefonliste mit den Daten Deiner Mitstudierenden der örtlichen DGB-Jugend oder der AG Migrationspolitik vergessen hast, die Du am selben Wochentag immer besuchst. Dass diese Daten nun in den Händen von Rechtsextremen gelandet sind, ist echt blöd gelaufen…
Stell Dir vor, in Deiner Vorlesung sitzt einer der führenden rechtsextremen Kader im Lande. Oder ein verurteilter Kinderschänder. Eine Steuerhinterzieherin, ein Vegetarier oder eine Jüdin. Und keiner weist Dich darauf hin. Das ist der Normalfall – und sollte auch der Normalfall bleiben. Denn jeder Mensch hat das Recht, sich zu bilden und bilden zu lassen – ohne Wenn und Aber.