Bild: Sexarbeiterinnen kämpfen um das Recht auf ihren Arbeitsplatz – Demo in Dortmund am 24. März 2011. , Die Sexarbeiterin Dany sprach an der RUB über den Kampf um ihren Arbeitsplatz Foto: flickr.com / pe_ha45

:bsz-Gastbeitrag von Mareen Heying

„Mit mir nicht!“ Selbstbewusst saß Dany am letzten Mittwoch im HGB 20 und erzählte, was sie nach der Schließung des Dortmunder Straßenstrichs 2011 dachte: „Ich arbeite seit sieben Jahren selbstbestimmt und freiwillig in der Prostitution und ich will einfach nur meine Arbeit ausführen – mehr nicht.“ Darum ging sie vor Gericht, um die Stadt Dortmund zu verklagen – auf das erneute Einführen eines Straßenstrichs, eines Arbeitsplatzes, an dem früher 70 bis 100 Frauen am Tag der Prostitution nachgingen. Dany bekam am 21. März 2013 Recht. Die Stadt Dortmund muss einen neuen Ort für die Sexarbeiterinnen bereitstellen, reichte jedoch Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision des Urteils ein. Nach dem zunächst erfolgreichen Prozess „ist Pustekuchen angesagt“, kritisierte Dany den aktuellen Schwebezustand.

Die 37-jährige Sexarbeiterin war zusammen mit Mechthild Eickel von der Bochumer Beratungsstelle Madonna e. V. auf Einladung des Referats für Politische Bildung und des autonomen FrauenLesbenReferats an die RUB gekommen, um unter dem Titel „Recht auf Straßenstrich!“ zu diskutieren.  Die Zuhörenden und die Referierenden erörterten andere Standpunkte in Dortmund und fragten sich nach den Begründungen für die Schließung des Straßenstrichs, der in seiner Form als Vorbild für andere Städte in Europa galt. Schnell wurde klar: Die Eindämmung der Prostitution wurde als Vorwand genutzt, um die Zuwanderung von Frauen (und Männern) aus Bulgarien und Rumänien zu unterbinden, damit Dortmund nicht mehr attraktiv für die MigrantInnen ist. Anstatt sich um eine Eingliederung der Personen zu bemühen, die aus ökonomischen Gründen ihre Heimat verlassen, um in Deutschland der Armut zu entkommen, wurde überlegt, den Straßenstrich zu schließen. Dany hat daraufhin umgehend begonnen zu kämpfen. Auf ihre Initiative wurde am 24. März 2011 eine Demonstration von Sexarbeiterinnen durch die Dortmunder Innenstadt organisiert, an deren Ende sie eine kämpferische Rede verlas. Sie ist die einzige, die sich so sehr eingesetzt hat und aus der Anonymität heraustrat – was sich viele Frauen in ihrer Situation verständlicherweise nicht trauen. Denn noch immer werden Sexarbeiterinnen als „Opfer“ stigmatisiert.  

Kein Gewähren von Rechten – nur Zuschreibungen

Besonders Migrantinnen in der Prostitution werden zu „Opfern“ erklärt; dies bestätigt auch Mechthild Eickel: „Viele, z.B. die Zeitschrift Emma, beschreiben die Bulgarinnen nur als passive Opfer: zart, blass, hilf- und bewusstlos, Objekte, mit denen etwas gemacht wird, nicht Subjekte, die ihr Leben in die Hand nehmen. Aus der Beratung kennen wir taffe, selbstbewusste Frauen, die ihre Perspektivlosigkeit durch Migration und Prostitution aktiv und selbstbestimmt beenden wollen.“ Sie brauchen sichere Arbeitsplätze und Rechte, die ihnen die Möglichkeit geben, in anderen Berufen Fuß fassen zu können. Das Gleiche gilt für die Männer und Brüder dieser Frauen, die tagelang als „Selbstständige“ für Hungerlöhne auf deutschen Baustellen schuften und bei einem Unfall selbst sehen müssen, wie sie zurechtkommen – ohne Krankenkasse in einer 1-Zimmerwohnung, die sie mit zahlreichen Kollegen teilen. Doch welche anderen Möglichkeiten haben die Menschen? Wenn sie streiken, erhalten sie keinen Lohn, wenn sie mehr Geld fordern, findet sich eine Person, die die gleiche Arbeit für weniger ausführt.

Mehr Solidarität ist nötig!

Nicht nur die MigrantInnen brauchen solidarische Unterstützung und mehr Rechte. In vielen Bereichen muss gekämpft werden. Doch für kollektive Kämpfe ist eine Loslösung vom egoistischen Denken nötig. Ob beim Bildungsstreik, dem sich Studierende nicht anschlossen, auf der schnellen Suche nach dem nächsten CP: Die Kritik an der Qualität der Bildung wird ausgeblendet statt solidarisch für eine grundlegende Reform der Hochschulen zu kämpfen. Oder beim Streik des Bodenpersonals des Konzernriesen Lufthansa, der seine Angestellten mit geringen Löhnen abspeist. Anstatt sich solidarisch mit den Streikenden zu erklären, sehen die Reisenden nur, dass ihnen ein Urlaubstag genommen wird – den sie ohne das Bodenpersonal, das eine sichere Reise erst möglich macht, gar nicht erst erhalten würden.
Auch Dany prangerte den in den letzten Jahren verloren gegangenen Zusammenhalt unter den Sexarbeiterinnen an. Das Konkurrenzdenken sei groß, die Solidarität gering. Der Neoliberalismus macht eben vor keinem Gewerbe halt.

Und nun?

„Dany sitzt auf den Prozesskosten. Wenn nur 100 Leute 10 Euro spenden würden, wäre ihr schon sehr geholfen“, gab Mechthild Eickel an. Wer diese kämpferische Frau finanziell unterstützen möchte, kann das auf folgendem Wege tun:

Kontonummer: 1393586 BLZ: 43050001 Kontoinhaberin: Madonna e. V.,
Verwendungszweck:  Dany

 

0 comments

You must be logged in to post a comment.