Spätestens seit dem Eurovision-Debakel ist Joost Klein den meisten ein Begriff. Der niederländische Musiker war schon Lange in europäischen Rap-Szenen bekannt, fand mit Europapa aber auch international Anklang. Im Feburar 2025 erschien sein neues Album, welches auch Europapa enthielt. Ist es einen listen wert? You’ll see.

Das Album Unity von Joost hört sich wie eine Reihe Tagebucheinträge. Wer ihn bereits vorher hörte, weiß, dass seine Songs sich zwischen Comedy und persönlichen Beiträgen bewegen. Und keineswegs ist jedes Lied auf diesem Album höchst emotional: Friesenjung ist eher ein weiterer Baustein in diesem persönlichen Manifest, der für seinen Werdegang steht. Schließlich war das Feature mit Ski Aggu ein riesiger Hit und hat ihn auf das Radar vieler deutscher Hörer:innen befördert.

Das Album startet ebenso stark mit Why Not??? – ein kurzer Track, der sich in Klang und Musikvideo an 2010er Emo-Ästhetik bedient und auf dem Thumbnail seinen Rauswurf vom Eurovision Song Contest (ESC) erwähnt. Kein Wunder, er war ein fan favorite und erfüllte sich mit der Teilnahme einen Kindheitswunsch. Letztendlich wurde auch die Anklage, wegen der er rausgewurfen wurde, fallen gelassen.

In Luchtballon geht’s stark weiter: Im Musikvideo wird der blaue Vogel, gespielt von seinem langjährigen Kumpel Appie Mussa, abgeschossen. Laut eigenen Aussagen symbolisierte dieser genau diesen Traum. Am Ende kehrt Appie als Black Bird zurück, während Joosts Charakter sich mit GTA-themed overlay durch Gegner kämpft.

Knapper gesagt: Es passiert schon in den ersten zwei Tracks des Albums ziemlich viel. Oftmals erwähnt oder impliziert er den Rauswurf aus dem ESC und seine Verbindung zu seinen Eltern, die beide starben als er ein Kind war und denen er eine Teilnahme am ESC versprach. Mega politisch wird er nicht, aber auch momentane Krisen werden widergespiegelt. Ein Album, bei dem sich die Zahnräder in meinem Kopf konstant drehen. Die Songtexte lesen, Musikvideos angucken und Verbindungen finden ist ungemein interessant.

Aber auch musikalisch ist es mir ein Schmaus. Mit der Renaissance, die -cores seit 2020 erlebt haben, wundern moderne Acts im Stil der 00er und 10er nicht mehr. Nightcore bleibt beliebt, Hyperpop hat sich als populär bewiesen. Dennoch fühlen sich Joosts Releases an wie ein Geschenk an alle, die im Internet aufwuchsen. Luchtballon samplet ein Lied im Nightcore, 1 ein weiteres. Gabberland ist offensichtlich ein Gabberlied, ein Hardcore-nahes Genre der späten 90er und frühen 00er, und United By Music erinnert an Lieder des frühen Internets.

Unity hat weitaus mehr Electro in sich als Joosts letztes Album. Auch wenn einige Beats sich wiederholen sind die meisten Lieder eine solide 7/10 in meinen Augen (oder höher!). Von absolut kurzen, humorösen Tracks die einfach nur wenige Lines remixen, bis zu dreiminütigen Songs mit verschiedenen Segmenten und nostalgischen Beats ist alles dabei. Dieser Musik zuhören macht einfach hype, auch wenn die Songtexte es nicht sind. Joosts vokale Performance hilft sehr: Mal schreit er fast schon, bevor das Lied in starke Beats übergeht, andernmal sagt er den Text sanft auf. In Europapa hört man eine überzeugende Darstellung, die den Vibe des Lieds unterstreicht. Direkt auf das Outro spielt der abschließende Track Last Man Standing, in dem Joost sich ohne Anflüge von Humor oder Schauspiel fragt, ob er endlich genug für sich selbst sei. Dieser Track rundet das Album zudem perfekt ab.

Unity nimmt einen mit auf eine Reise. Am Anfag steht Joost, frisch aus dem ESC rausgeschmissen. Frisch in den Charts. Frisch weltweit bekannt. Er führt Dich durch vergangene Zeiten, die er selbst gut kennt. Er redet von Gabber und Internetcafés, von alten Freunden und Scooter. Die Musikvideos zeigen GTA und PS2-Grafik. Gegen Ende kommt sein bisher größter Hit, Europapa, oft missverstanden als rein positiv trotz teils finsterer Lyrics und Stellen im Musikvideo. Ein Outro für Europapa, eine Widmung für seine Eltern. Eine Nachricht, wie sehr er sie liebt und vermisst. Er blickt auf seine Kindheit zurück, auf seine Eltern, und er fragt sich: Bin ich endlich gut genug?

Oder man hört das Album, ohne auf die Texte zu achten. Das tun die Meisten. Und wer kann’s ihnen übel nehmen? Eingedeutscht gesagt: Das Album geht hart. Es geht megafett. Es ist jetzt schon einer meiner Favoriten des Jahres und ich kann es allen nur empfehlen.

:Halima Okanović

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