Erfahrungsbericht. Vergangenen Sonntag fand der Urban Trail in Bochum statt. 10 Kilometer durch die Stadt und seine kulturellen Einrichtungen. Redakteurin Maike war dabei.
Je näher ich dem Startpunkt am 30. Juni komme, umso mehr Leute laufen mir entgegen. Denn die ersten Gruppen beim Urban Trail sind schon unterwegs. Um alles entspannter zu gestalten, gibt es verschiedene Wellen, die zu unterschiedlichen Zeiten loslaufen. Meine Welle ist die letzte um 10:15 Uhr. Leider steht die Sonne zu diesem Zeitpunkt schon hoch am Himmel und die Chance erhöht sich, als letzte ins Ziel zu kommen. Als unsportliche, nicht trainierte Person ist das nicht so unwahrscheinlich.
Am Ort des Geschehens angekommen, blicke ich in motivierte Gesichter. Die Fröhlichkeit wirkt, als hätte ein Einhorn sein Konfetti ausgekotzt. Ich frage mich, ob es zu spät ist, umzukehren. Mit schlappen Beinen und hochrotem Kopf (ja, auch zu diesem Zeitpunkt war es schon über 30 Grad und sehr heiß) stehe ich ungeduldig an der Startlinie. Doch bevor es überhaupt losgeht, kommen die ersten Läufer ins Ziel. Wenn sie um 9 Uhr gestartet sind, bedeutet das, dass sie nur 1 Stunde und 15 Minuten für die zehn Kilometer brauchten. Mein Mut sinkt. Hinter mir stehen auch noch die Feuerwehrmänner und -frauen, die in ihrer vollen Montur mit circa 20 Kilogramm Gepäck laufen. Wenn die das schaffen, schaffe ich das auch. Der Schuss fällt und los geht es. Zumindest zwei Meter. Dann stockt die Gruppe wieder. Wir passen nicht alle gleichzeitig durch die Tür, die ins Bogestra-Gebäude führt.
Das ist der erste Betrug des Tages: Der Lauf gleicht einem Stop-and-Go wie auf der A40 nach Feierabend. Irgendwann geht es aber wieder und man kann tatsächlich laufen. Die Hitze senkt sich immer mehr auf mein Haupt, ich kann die Wärme auf meiner Zunge spüren und fange an, wie ein Hund zu hecheln. Durst. Durst. Durst. Ist das einzige Wort, was mein schwammartiges Gehirn noch herauspressen kann. Ein freundlicher Mann hält mir im Three Sixty ein alkoholfreies Radler hin. Bloß nicht. Da wird mir schon beim Gedanken schlecht. Gibt es hier wirklich nirgendwo was zu trinken? Menschen am Wegesrand mit Wasserpistolen schenken mir freundlicherweise eine kurze Abkühlung. Erstmal wieder Treppen hoch. Und wieder runter.
Der zweite Betrug des Tages: Nirgendwo war davon die Rede, dass man mehr Treppen steigt als beim Empire State Building-Run Up in New York. Immer wieder höre ich Läufer*innen schluchzen „Nicht schon wieder Treppen“. Dass die erste Wasserstation kurz vor der Hälfte der Strecke steht, lässt Böses erahnen. Die werden doch nicht so erbarmungslos sein und uns hier verdursten lassen? Kurz denke ich über die ganzen Plastikbecher nach, die ausgegeben und wieder weggeschmissen werden. Was für eine Umweltverschmutzung! Für mehr ist mein Kopf aber nicht imstande. Gierig sauge ich das lauwarme Nass auf. Schütte mir einen weiteren Becher ins Gesicht und weiter geht es. Vom Rest der Strecke bleiben mir nur verschwommene Bilder: Ein Gartenschlauch, der mich nass macht. Eine Wasserstation. Sterne bei Starlight Express. Irgendein komisches Maskottchen, was mich drücken will. Wasser. Die Aussage „Nur noch ein Viertel, der Rest ist nur noch Kopfsache“. Den Idioten wegstoßen. Angemalte Hände auf die Wand drücken. Anfeuerungsrufe. Trommeln. Geschafft! Zur Belohnung gibt es eine Medaille, Essen und Getränke. Das war es. Und das war alles? Ich könnte noch locker weiterlaufen. Spaß beiseite, tatsächlich war es nicht so anstrengend, wie ich dachte, aber bei dieser sengenden Hitze schweißtreibend.
Der dritte Betrug ist, dass es tatsächlich interessant ist. Man konnte hinter Kulissen blicken, hat witzige Leute getroffen und Spaß gehabt. Doch beim nächsten Mal werde ich vorher Treppenlaufen üben.
:Maike Grabow
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