Gastronomie. Im Sommer eröffnet mit dem Kimbap Spot ein koreanisches Café in Bochum. Die :bsz hat Besitzerin Kyung Ah Meiers und ihr Team vorab auf einem K-Pop-Tanzfestival in Essen getroffen.
Bereits im letzten Jahr versammelten sich K-Pop-Tanzgruppen aus ganz Europa in der Essener Weststadthalle zu einem freundschaftlichen Kräftemessen. Der erste „European Hallyu Award“ 2016 kam in der Szene so gut an, dass eine Wiederholung nur eine Frage der Zeit war. Beim zweiten Hallyu Award, der am Karsamstag stattfand, wurde das TeilnehmerInnenfeld also auf 60 Gruppen, Duos und SolotänzerInnen erweitert – das Catering blieb jedoch gleich: Auch bei der ersten Auflage des Festivals versorgte der Kimbap Spot das Publikum mit koreanischem Streetfood. Von einem eigenen festen Standort war da allerdings noch nicht die Rede.
Mit Sushi fing es an
Während auf der Bühne der Weststadthalle die häufig von Hip-Hop und Breakdance geprägten Choreografien koreanischer Popbands nachgetanzt werden, bieten Kyung Ah und ihr Team im Foyer vor allem Kimbap an, die Spezialität, der das Lokal seinen Namen zu verdanken hat. Auf den ersten Blick sind die kleinen mit Reis und Gemüse gefüllten Rollen leicht mit Sushi zu verwechseln, doch der Eindruck täuscht, erzählt Kyung Ah. Sie muss es wissen, denn in der Zeit vor dem Kimbap Spot lernte sie in einem Sushi-Resturant, wie man die bunten Rollen so schnell wie möglich schneidet: „Der Reis ist ganz anders gewürzt. Während beim Sushi oft Essig verwendet wird, benutzt man für Kimbap-Reis eher Salz und Sesamöl.“ Zudem verleiht häufig Fischsoße dem traditionellen koreanischen Kimbap sein Aroma – ihre eigene vegane Lebensweise brachte Kyung Ah jedoch schnell dazu, nach einer Alternative zu suchen. So entstanden beim Experimentieren zahlreiche Variationen des Rezepts: „Irgendwann habe ich angefangen, Zutaten zu verwenden, die in Korea normalerweise nicht für Kimbap benutzt werden, zum Beispiel Tofu oder Rote Beete.“
Sprache geht durch den Magen
Doch bei den bunten Rollen bleibt es nicht, wenn der Kimbap Spot im Sommer in den Räumlichkeiten des ehemaligen Café Kalinka auf dem Bochumer Hellweg eröffnet. Neben Glasnudelsalat und anderen veganen Speisen möchte Kyung Ah vor allem mit einer Theke auf sich aufmerksam machen, an der ihre KundInnen aus verschiedenen Banchan – koreanischen Tapas – wählen können. Dass ohne tierische Produkte gearbeitet wird, ist dabei zwar ein angenehmer Nebeneffekt für VeganerInnen, aber nicht der Hauptaspekt ihres Konzepts, erklärt Kyung Ah: „Wir wollen vor allem authentische koreanische Küche verbinden. Deshalb überlegen wir auch, Workshops oder kleine Sprachkurse anzubieten.“ Sprache ist nämlich die zweite Leidenschaft von Kyung Ah, die früher an der RUB Germanistik und Koreanistik studiert hat. An der koreanischen Sprache etwa sei besonders faszinierend, dass durch bestimmte Wortpartikel Höflichkeit und Respekt für das Gegenüber ausgedrückt werden können. Auch wenn sie selbst nur wenig Popmusik aus Korea hört, zeigen Veranstaltungen wie der Hallyu Award in ihren Augen, dass das Interesse an Korea spürbar gestiegen ist, sodass auch der Markt für koreanische Küche größer geworden ist. „Aber ohne die Erfahrungen, die ich schon vorher in der Gastronomie gesammelt habe, hätte ich mich wohl nicht getraut, einen eigenen Laden zu eröffnen.“ Dennoch hofft Kyung Ah auf tatkräftige Unterstützung – demnächst wird der Kimbap Spot eine Crowdfunding-Aktion für seine große Eröffnung starten.
Auch Simone Eckendorf, die den Hallyu Award in diesem Jahr zum zweiten Mal veranstaltet, ist jedes Mal wieder beeindruckt von der Szene, die durch ihre Veranstaltungen angelockt wird. „Die K-Pop-Fans sind alle extrem gut über Facebook vernetzt“, erzählt sie. „Eigentlich braucht man für solche Events gar keine andere Werbung mehr machen.“ Ihr Freund Julian organisiert seit Jahren regelmäßig Partys, auf denen Musik aus Japan und Korea gespielt wird. Im Jahr 2014 rief Simone mit ihrem Fanprojekt „Galz love Music“ die sogenannten Fandom Days ins Leben – seitdem treffen sich regelmäßig Fans von koreanischen Bands im Bochumer Union-Kino, um gemeinsam die Konzert-DVDs ihrer Lieblinge zu schauen. Ein kleiner Trost dafür, dass die Welttourneen koreanischer KünstlerInnen nur selten in Deutschland Halt machen.
Coverversionen ohne Gesang
Dennoch nah dran an ihren Lieblingen fühlen sich zahlreiche Fans in Deutschland, indem sie die Choreografien ihrer Lieblingsmusikvideos alleine oder in Gruppen nachtanzen. Da man sich dabei meist streng an die originalen Tanzschritte aus den Videos hält, wird diese Art des Tanzens in der Szene meist als „Cover Dancing“ bezeichnet. Da die Choreografie zu einem Song einer koreanischen Boy- oder Girlgroup im Original hauptsächlich für die Musikshows des koreanischen Fernsehens gedacht ist, wechseln die TänzerInnen häufig ihre Positionen. Schließlich steht im Original häufig die Person in der Mitte, die gerade auch singt. Stimmliches Talent wird von den TeilnehmerInnen des Hallyu Awards jedoch nicht verlangt. Viele TänzerInnen lassen sich jedoch mitreißen, zumindest die Lippen zu „ihren“ Songs zu bewegen.
Die großen Stars als Vorbild
„Beeindruckend, wie die Choreografie so aufgebaut ist, dass immer jemand Anderes in der Mitte steht und sich die anderen drumherum trotzdem flüssig bewegen“, findet etwa Zuschauerin Steffi, die sich eigentlich gar nicht so sehr für K-Pop interessiert, aber hergekommen ist, um ein paar Freundinnen aus der Tanzgruppe Kaep Jjang Squad anzufeuern. Die Gruppe überzeugt mit einer Darbietung der Choreografie zum Lied „Blood, Sweat & Tears“ der Boygroup BTS und gewinnt schließlich den Publikumspreis. Bei den Girlgroups gehört dagegen Blackpink zu den aktuellen FavoritInnen der K-Pop-Szene – allein unter den 24 Acts, die in der Gruppenkategorie an den Start gehen, haben sich gleich vier mit „Playing with Fire“ denselben Elektro-Pop-Song der Gruppe ausgesucht. Der Stimmung tut das keinen Abbruch – der Saal geht bei jedem Lied mit. Von Wettbewerbscharakter ist an diesem Abend nichts zu spüren, findet auch Kyung Ah, die den Hallyu Award jedes Jahr mit ihrem Streetfood-Stand unterstützt. „Hier feuern sich alle gegenseitig an. Das ist wirklich schön.“
Gastautorin :Birthe Kolb
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