Journalismus. Die Pressefreiheit wurde in der Türkei so gut wie abgeschafft. Das Online-Magazin „Özgürüz“ informiert nun aus Deutschland.
Auf www.ozguruz.org finden sich eine türkische und eine deutsche Version des neuen Mediums, das die Menschen in der Türkei mit unzensierten Nachrichten versorgen will. „Özgürüz“ bedeutet übersetzt „Wir sind frei“. Verantwortlich sind die hierzulande im Exil lebenden türkischen Journalisten Can Dündar und Hayko Bağdat sowie das Recherchezentrum „Correctiv“.
Der auch in Westeuropa bekannte Can Dündar war Chefredakteur der renommierten türkischen Tageszeitung „Cumhuriyet“. Jenes linksliberale Blatt steht in Opposition zum Regime von Präsident Recep Tayyip Erdoğan und berichtete über eine (2014 erfolgte) Waffenlieferung des türkischen Geheimdienstes MİT nach Syrien, die mutmaßlich an die Terrororganisation „Islamischer Staat“ ging. Dafür wurde Dündar im Mai 2016 wegen „Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen“ zu knapp sechs Jahren Gefängnis verurteilt. In einem gesonderten Verfahren wegen „Unterstützung einer Terrororganisation“ droht ihm zudem lebenslange Haft. Dündar floh deswegen nach Deutschland.
Repression und Zensur
In der Folge des gescheiterten Putsches im Juli 2016 verschlechterte sich die Situation von JournalistInnen in der Türkei drastisch: Erdoğan ließ unter dem bis heute geltenden Ausnahmezustand gegen die oppositionellen Medien vorgehen. Seither wurden um die 170 Zeitungen, Verlage, Radio- und Fernsehsender sowie Nachrichtenseiten geschlossen. Fast 150 JournalistInnen und MedienarbeiterInnen sitzen im Gefängnis und mehr als 2.500 haben ihre Arbeit verloren. Durch Nachrichtensperren, Entzug journalistischer Akkreditierungen, unzählige Strafverfahren und das Verhindern von Werbeanzeigen wird regierungskritische journalistische Arbeit fast unmöglich gemacht.
Die Internetseite von Özgürüz ist in der Türkei noch vor Beginn der Berichterstattung gesperrt worden – offiziell „zum Schutz der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung“. Doch Internetzensur lässt sich technisch umgehen. Und die bereits mehr als 33.400 Follower auf Twitter deuten auf ein ordentliches LeserInnenpotential hin.
:Gastautor Patrick Henkelmann
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