„Unser unternehmerisches Vorbild ist Ryanair“, ließ Andreas Nelskamp die Mitglieder des Studierendenparlaments (StuPa) wissen. Seit Juli ist Nelskamp als „Commercial Director“ bei Deutschlands günstigstem Car-Sharing-Anbieter Citeecar für den Ausbau des Firmenkundengeschäfts zuständig. Vergangenen Mittwoch war er auf Einladung des RUB-AStA aus Berlin angereist, wo die Marketing-Abteilung der Firma angesiedelt ist, die ihren Sitz in der Steueroase Luxemburg hat. Insbesondere die „Low-Cost-Strategie“ des Unternehmens auf Kosten ökologischer Nachhaltigkeit stimmte viele der studentischen ParlamentarierInnen skeptisch: Im Gegensatz zum gerade vom Akafö auch an die RUB geholten, staatlich unterstützten Pilotprojekt Ruhrauto-e (siehe :bsz 1015) setzt Citeecar einstweilen nur auf den Verleih von Benzinern.
Aber nicht nur das irritierte insbesondere die Oppositionslisten im StuPa: Für Aufregung sorgte zudem die Tatsache, dass der in den letzten Wochen ausgehandelte Vertragsentwurf mit Citeecar erst in der Nacht vor der Sitzung gegen 0:30 Uhr an die ParlamentarierInnen weitergeleitet worden war. Dieser war dem Sprecher des Studierendenparlaments, Felix Pascal Joswig, ebenfalls erst am Vortag zugegangen. Nach hitziger Debatte wurde eine eventuelle Beschlussfassung vertagt, damit sich nun alle von dem Vertragswerk ein realistisches Bild machen können. Ein Beschluss hierzu kann nun frühestens bei der Fortsetzung der nach insgesamt fünf Stunden unterbrochenen Sitzung am 22. Oktober gefasst werden.
„Partnerschaftliche Gespräche“
„Wir hatten sehr partnerschaftliche Gespräche“, sagt Maurizio Graw (Jusos), AStA-Referent für Infrastruktur & Ökologie, der Management and Economics an der RUB studiert. „Ich denke, das ist ´ne tolle Geschichte – auch im Sinne der ökologischen Mobilität“, glaubt Graw – trotz starker Bindung des Unternehmens zum wenig nachhaltigen „Investment-Banking“. 28 Leihfahrzeuge von 51 im gesamten Ruhrgebiet hat Citeecar derzeit in Bochum stationiert. Für eine Pauschale von 22 Euro für 100 gefahrene Kilometer könnte künftig etwa ein Kia Rio von Studierenden zum Vorzugspreis gemietet werden. „Wir wollen künftig auch Elektrofahrzeuge anbieten“, verspricht Andreas Nelskamp vollmundig – will sich auf Nachfrage jedoch nicht auf einen Zeitpunkt festlegen, ab wann dies der Fall sein könnte.
Low-cost-Heuschrecke?
Sebastian Pewny von der Grünen Hochschulgruppe (GHG) dagegen hat große Bedenken hinsichtlich der Partnerwahl des AStA und befürchtet, „dass ökologische Anbieter“ angesichts der Niedrig-Kosten-Strategie des Unternehmens sprichwörtlich „unter die Räder kommen“ könnten, indem sie durch die Billigangebote von Citeecar auskonkurriert würden. Insbesondere befürchtet er eine Konkurrenz zum Ruhrauto-e und anderen Elektromobilitätsanbietern. Sehr kritisch äußert sich auch GHG-Mitglied Karsten Finke, der befürchtet, dass der AStA für ein „dubioses Dumping-Unternehmen“ Werbung machen wolle. „Sie haben selbst gesagt, Sie sehen sich als Ryanair unter den Car-Sharing-Unternehmen“, so Finke zu Nelskamp. Und an den AStA richtet der GHG-Vertreter die Frage: „Wie kann es sein, dass eine Studierendenschaft so etwas unterstützt?“
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