Studentisches Schauspiel. Ohne Live-Publikum kein Theater? Das Studiobühnen-Team des Musischen Zentrums sagt „Nein!“ und findet neue Formate.
Studentisches Schauspiel. Ohne Live-Publikum kein Theater? Das Studiobühnen-Team des Musischen Zentrums sagt „Nein!“ und findet neue Formate.
Vergangenen Samstag kam es zur Premiere von Tobias Staabs Theaterstück „After Work“ in den Kammerspielen. Was sagt uns das Stück über die Welt des arbeitenden Menschen?
Theater. 19:30 im Bochumer Schauspielhaus, das Publikum wartet gebannt auf den Beginn des Schauspiels. Auf der Bühne haben die Darsteller*innen bereits Platz genommen und starren ähnlich gebannt ins Publikum. Sie tragen Kleidungsstücke der Renaissance und sollen einen bunten Mix verschiedener Gesellschaftstypen darstellen. Das Requiem beginnt. Doch irgendwie scheinen die Menschen eher ausgestellt als arbeitend, irgendwann schleicht sich die Darstellerin Anne Rietmeijer aus der Gruppe weg, um dann wenig später in einem Affenkostüm wieder zurückzukehren. Denn der Mensch stammt vom Affen ab. So, oder so ähnlich, zumindest tanzt der Affe sehr modern über die Bühne, bis wir eine neue Zeit erreichen. Wie in einer Zooausstellung erkennt der tanzende Affe hinter eine Folie die Umrisse eines Menschen. Der Proletarier verbirgt sich hinter dem Folienvorhang und nutzt einen Stock, um gegen die Folie zu piksen. Erst zärtlich, dann bestimmter, bis er den Stock zu einer Flagge umformt und diese hisst. Man springt sehr szenenhaft von Bild, zu Bild, von denen manche besser, manche schlechter funktionieren, jedoch erzeugt dies eine leicht rauschhafte Erfahrung für die Zuschauer*innen. Man soll hier vermutlich einfach mal abschalten und den Tag nach der Arbeit ausklingen lassen, denn wirkliche Antworten was aus der Welt der arbeitenden Menschen wird, bekommt man hier nicht. Vielleicht insofern, dass wir am Ende einfach an ein System gefesselt bleiben, dass uns nach und nach obsolet macht, weil es automatisierter wird?
Diese Interpretationen bleiben allerdings den Zuschauer*innen überlassen. Der Theatertrip verzichtet größtenteils auf Dialoge oder direkte Rede, eher verdeutlicht es die Unruhen, die der Arbeitsalltag mit sich bringen kann, um dann ab und an mit ruhigeren Bildern zu kontern. Man sieht Momente der Versöhnung, die Geburt der Suits, schamanenhafte Motivationsredner*innen und Fitness Gurus, alles um die Menschen zu einer funktionierenden, arbeitenden Gesellschaft zu formen. Auch in Beziehungen wird innerhalb von quasi Performance-Gesprächen der Bezug zur Arbeiter*innenwelt hergestellt. „Akte der Liebe sind doch etwa so wie Akte der Arbeit, findest du nicht auch?“ Am besten funktionieren an diesem Abend aber die intimeren Momente und besonders entführen die leicht versetzten Gesangspassagen von Rietmeijer in kurze verträumte Minuten. Es wird viel getanzt und auf Modern Dance-Bewegungsmuster zurückgegriffen. Dabei sticht häufig die Musikauswahl besonders hervor und spielt mit Kontrasten zu den dargestellten Bildern. In den episodenartigen Fragmenten werden dabei immer wieder verschiedene Formen von Arbeiter*innen, Arbeitsmoralitäten oder Mittel der Selbstoptimierung und Disziplinierung dargestellt, manchmal nur nicht deutlich oder aggressiv genug. Vieles bleibt leider zu assoziativ. Aber vielleicht war das so gedacht, zumindest kann man sich vorstellen, dass die Regie dieser Szenenfragmente Spaß gemacht haben muss. Ob sich das allerdings auf das Publikum vollkommen übertragen kann, steht zur Debatte. Abgebildet wird hier zunächst ein surreales Schauspiel, das wie in einem Traum von Assoziation zu Assoziation springt und gipfelt schlussendlich in der Fesselung des Menschen, nachdem er zunächst noch romantisierend über eine Folterapparatur spricht. Am Ende des Stücks kehrt der Affe auf die Bühne zurück, allerdings in einem der Renaissance-Kleider. Kleider machen Leute? Oder bleiben wir Affen?
:Christian Feras Kaddoura