Bild: Vorsorge für alle: 15.000 Menschen demonstrierten gegen die Sparpläne der Regierung. , Demonstration in Amsterdam: Petitionskampagne „Red de Zorg“ Foto: Red de Zorg Comité
Die NiederländerInnen sind unzufrieden mit der konservativen Regierung und demonstrierten in Amsterdam gegen die Kürzung im Gesundheitssystem. Vor der alten Börse gingen am 12. September 15.000 Menschen auf die Straße, um sich damit der Sparpolitik der niederländischen Regierung zu widersetzen: Vorsorge für alle – oder auf holländisch: „Voor  Zorg“ muss für alle gelten! 
 
Die Niederlande – für PoltikerInnen, WissenschaftlerInnen und Studierende galt unser Nachbarland in vielen Bereichen als Musterbeispiel eines Wohlstandsregimes. Ob Zukunftsaussichten, Studienbedingungen, moderne und flexible Arbeitsplatzbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder auch das Gesundheitssystem – die kleine parlamentarische Monarchie wurde stets gelobt und füllte für Länder wie Deutschland immer seine Rolle als Vorreiter gekonnt aus.
 
Doch schon seit Beginn des Jahres machte sich bei den BürgerInnen Unmut breit über die Pläne der Regierung, Kürzungen bei der gesetzlichen Pflegeversicherung vorzunehmen. Die Petition „Red de Zorg“ wurde gestartet – mit dem Ziel, die Sparpläne der Regierung zu stoppen. Was missfällt den NiederländerInnen? 

Die drei Säulen des Gesundheitssystems  

Steigende Gesundheitsausgaben, eine immer älter werdende Gesellschaft – auch die Niederlande kämpft mit dem demographischen Wandel und bekommt dies in den Sozialsystemen zu spüren. Konkret setzt sich die Petition für eine bessere häusliche Pflege ein, ein entsprechend geschultes Pflegepersonal und gegen generelles Lohndumping in Pflegeberufen, damit Menschen von diesen auch Leben können. Ein Problem, das sich quer durch die westlichen Industrieländer zieht. Das niederländische Gesundheitssystem beruht auf drei Säulen; neben der Krankenversicherung, die wie in Deutschland aus einer gesetzlichen und privaten Versicherung besteht, stellt die Pflegeversicherung („Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten“ – kurz: AWBZ) die dritte Säule dar und geht in ihren Leistungen über den Versorgungsumfang des deutschen Pendants hinaus, was man auch an den viel höheren Beitragssätzen von knapp 13 Prozent erkennen kann. Zum Vergleich: In Deutschland zahlen ArbeitnehmerInnen ‚nur‘ 2,35 Prozent des monatlichen Bruttolohns.

Friedlicher Protest vor der alten Börse

Rund 15.000 Demonstrierende zogen vom Bahnhof Amsterdam Centrale aus Richtung Redlight District und versammelten sich vor der alten Börse „Beurs van Berlage“ auf dem Platz. Mit Trillerpfeifen und Plakaten ausgestattet glich Amsterdams Innenstadt einem rot-weißen Fahnenmeer. „Voor Zorg“ (Vorsorge!) – das sollte für alle Menschen gelten, sagt auch Geert-Jan van Etten, der als Mitglied des Komitees „Zorgcomité Red de zorg“ ebenfalls an der Demonstration teilnahm.  Die Regierung wird den Protest zur Kenntnis genommen haben. Ob sie die Entscheidung im Parlament, signifikante Kürzungen der Pflegeleistungen vorzunehmen, entgegenwirkt, werden die kommenden Wochen zeigen.         
 
:Tim Schwermer

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