Bild: Spekulationsblasen: Bei diesen Geschäften wurde richtig viel Geld in den Sand gesetzt. , Regulierter Versuch: Bitcoins sollen seriöser werden Quelle: Die Welt; Darstellung: ck

Mitte des 17. Jahrhunderts sorgte die Tulpenzwiebel in den Niederlanden für einen regelrechten Boom unter SpekulantInnen, AnlegerInnen und all jenen, die vom schnellen Geld träumten. Dies änderte sich jedoch mit dem großen Tulpen-Crash von 1637, als die Spekulationsblase schließlich platzte und die Preise für das ehemals begehrte Gewächs um 95 Prozent fielen. Heute muss dieses Ereignis als Vergleich für ein anderes Phänomen herhalten. KritikerInnen sehen in den Bitcoins, einer Internetwährung, die seit Jahren gegen Skandale und einen dubiosen Ruf kämpft, eine historische Parallele.

Damals, zwischen den Grachten und Kanälen, konnte man sich für eine besonders seltene Tulpenzüchtung ein prächtiges Stadthaus leisten. Makaber war dies allemal. Schließlich waren die Zwiebeln, mit denen emsig gehandelt wurde, aus heutiger Sicht eigentlich nichts wert. Ähnlich soll es sich auch bei den Bitcoins verhalten. Auch hier bemängeln KritikerInnen, dass es sich bei den digitalen Talern um wertlosen Datenmüll handelt, der zudem ein äußerst hohes Risikopotential aufweist. Namenhafte Institutionen wie die Europäische Bankenaufsicht, das US-Heimatschutzministerium, die People‘s Bank of China, die Banque de France und die Deutsche Bundesbank warnten jüngst davor, Bitcoins als sichere Geldanlage zu verstehen.

Gegenüber dem Handelsblatt sagte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele, dass Bitcoins gerade aufgrund ihrer großen Wertschwankungen höchst spekulativ seien. Damit liegt der Bundesbanker nicht falsch. Im November 2013 bekam man für einen Bitcoin noch ungefähr 1.200 US-Dollar – Anfang dieses Monats rutschte der Kurs unter die Marke von 200 US-Dollar pro Coin. Seitdem hat er sich weitestgehend stabilisiert.

Düstere Vergangenheit

Ebenso volatil wie die Wechselkurse ist auch die Geschichte der Bitcoins. Gerade die Tauschbörsen, die einen Umtausch der virtuellen Währung in „echtes Geld“ ermöglichen, wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von HackerInnen und DiebInnen. Erst Anfang dieses Monats meldete Bitstamt, eine der größten Tauschbörsen, dass DiebInnen rund 19.000 Bitcoins gestohlen hätten – umgerechnet 4,4 Millionen Euro seien dabei abhanden gekommen. Kein Einzelfall. Den wohl größten Coup landeten DiebInnen im Februar des vergangenen Jahres. Damals erleichterten die AngreiferInnen die AnlegerInnen der Tauschbörse Mt. Gox um ungefähr 750.000 Bitcoins (ca. 390 Millionen US-Dollar). Ermittlungen der Tokioter Polizei ergaben, dass es sich bei den AngreiferInnen um InsiderInnen gehandelt haben müsse, die das Transaktionssystem missbraucht hätten, um sich selbst zu bereichern. In beiden Fällen wurde der Handel umgehend eingestellt – Mt. Gox musste in Japan und den Vereinigten Staaten Insolvenz anmelden.

Weitere Aufmerksamkeit erregten die Bitcoins im Zusammenhang mit dem virtuellen Schwarzmarkt Silk Road. Auf der Plattform, die sich nur über das anonyme Tor-Netzwerk (:bsz 1007) erreichen ließ, konnte man allerlei illegalen Kram kaufen. Das Angebot reichte von Drogen über Waffen bis hin zu Auftragsmorden, die man dort ausschließlich mit der digitalen Währung bezahlen konnte. Im Oktober 2013 wurde der Schwarzmarkt überraschend geschlossen. Die US-Bundespolizei machte das dubiose Netzwerk dicht und verhaftete den Betreiber des Portals, Ross William Ulbricht, in San Francisco. BranchenkennerInnen schätzen, dass rund 1,2 Milliarden US-Dollar mittels Silk Road umgesetzt wurden. Auch das Nachfolgeprojekt Silk Road 2.0 konnte ein Jahr später durch das FBI eingestellt werden.

Neuer Bitcoin-Rausch?

Die Schließung der beiden Schwarzmärkte führte schließlich dazu, dass sich die digitalen Taler von ihrem dubiosen Nischendasein befreien konnten. Spätestens seit immer mehr Geschäfte, Lokale (zum Beispiel der Bochumer Intershop) und Online-Shops (unter anderem Microsoft, Zynga, Dell und Expedia) Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren, scheint die virtuelle Währung im Mainstream angekommen zu sein.

Eine weitere Chance für die wachsende Akzeptanz von Bitcoins könnte das Bestreben der beiden Winklevoss-Brüder sein, die einst mit Mark Zuckerberg an der Harvard Universität studierten und vornehmlich durch ihren jahrelangen Rechtsstreit mit ebendiesem Bekanntheit erlangten. Damals warfen die beiden Zuckerberg vor, er habe die Idee für Facebook von ihnen gestohlen. Ein Vergleich über 65 Millionen US-Dollar beendete den Streit schließlich.  

Nun planen die Brüder, eine staatlich regulierte Bitcoin-Börse in New York zu etablieren. Nach anfänglichen Fehlinvestitionen in die inzwischen geschlossene Tauschbörse Bitinstant, die auch in Bitcoin-Käufe auf der Handelsplattform Silk Road verwickelt war, soll das neue Projekt durch Seriosität glänzen und den Namen Gemini tragen.  Bereits im Sommer 2013 hatten die Zwillinge geäußert, dass sie einen Fonds zur Investition in Bitcoins eröffnen wollen. Dies könnte der umstrittenen Währung nun zu neuer Glaubwürdigkeit verhelfen.

KritikerInnen dieser Absicht bemängeln jedoch, dass dies dem eigentlichen Grundgedanken der Bitcoins entgegenlaufe. 2008, kurz nach der Lehman-Pleite, habe man das Zahlungssystem entwickelt, um eine unabhängige Alternative zum weltweiten Währungssystem zu schaffen – ganz ohne staatliche Regulierung, Banken und Grenzen.

:Christian Kriegel

Bei Bitcoins handelt es sich um eine virtuelle Geldeinheit, die weltweit innerhalb eines dezentralen Zahlungssystems gehandelt und getauscht werden kann. Entwickelt wurde die Währung unter dem Pseudonym „Satoshi Nakamoto“. Bis heute ist nicht bekannt, ob es sich dabei um einen Entwickler oder eine Gruppe handelte. Durch Verschlüsselungstechniken wird gewährleistet, dass nur die tatsächlichen EigentümerInnen der Bitcoins Transaktionen mit ebendiesen durchführen können. Deshalb werden Bitcoins auch als Kryptowährung oder Kryptogeld bezeichnet – gespeichert werden die Taler in einer virtuellen Geldbörse.

Anders als bei herkömmlichen Währungen können die digitalen Münzen nicht beliebig oft gedruckt werden. Durch äußerst intensive und komplizierte Rechenprozesse, das sogenannte Mining,  werden neue Bitcoins ausgegeben und bestehende Transaktionen abgewickelt. Hierfür braucht man leistungsfähige Recheneinheiten und Geduld – denn je mehr Bitcoins ausgegeben werden, desto länger dauert der Generierungsprozess. Maximal 21 Millionen Bitcoins können sich im Umlauf befinden; dann ist Schluss. Hat ein virtueller Taler einmal das Licht der Welt erblickt, kann er getauscht werden – beispielsweise gegen Euro, Dollar, Yen oder andere Zahlungsmittel.

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