Kommentar. Die technische Modernisierung macht auch vor dem Theater nicht halt. Doch ist das eine neue Möglichkeit oder das Ende?
Das Theater Ulm streamt live die Premiere von Schillers „Die Räuber“ und im Ringlokschuppen Mülheim geht man detektivisch dem Geheimnis des fünften Turms auf dem Grund. Dies sind nur einige der jüngsten Beispiele, die zeigen, wie sich das Theater verändert. Im Theatersaal wird immer mehr auf Performancekunst statt auf „klassische Aufführungen“ gesetzt. Je skurriler, umso besser. Hauptsache auffallen und die Menschen wieder in das Theater bringen. Es scheint zu gelingen. In der letzten Spielzeit erzielte zum Beispiel das Düsseldorf Schauspielhaus mit 225.900 Zuschauer*innen die höchste Publikumszahl der letzten 20 Jahre und auch die Fördermittel des Landes NRW steigen an: Die Unterstützung für die Sparten Oper, Schauspiel, Tanz und Orchester wird bis zum Jahr 2022 um 20 Millionen Euro auf etwa 40 Millionen angehoben. Vielleicht liegt es daran, dass die Häuser bemüht sind, sich an den digitalen Alltag anzupassen. Die Digitalisierung macht auch vor dem Theater keinen Halt. Das Theater Ulm überträgt bereits seit 2012 Aufführungen im Internet. Nun wird noch eine Schippe draufgesetzt und eine Premiere gezeigt. So wolle man ein größeres Publikum erreichen. Es stellt sich die Frage, ob die Menschen dann überhaupt noch in das Theater gehen, wenn man ein Stück auch gemütlich von Zuhause schauen kann. Ist das die Zukunft des Theaters? Ein Theatersaal ohne Zuschauerraum?
Leben als Bühne
Einige Theaterhäuser schaffen für ausgewählte Stücke sowohl den Zuschauer- als auch den Bühnenraum ab. In Mülheim spielen die Menschen „Mission: Impossible!“ und werden als Agenten per WhatsApp durch das Einkaufszentrum geführt. Hier wird das Leben selbst zur Bühne. Das Projekt erreichte Menschen, die sonst nicht in das Theater gehen. Dennoch: Ist es das wert? In unserer Freizeit wollen wir uns entspannen, zocken oder den Kopf freikriegen. Die wenigsten schauen sich noch ein anspruchsvolles Stück an. Die neuen Genres des Theaters können vielleicht etwas bewegen. Dennoch ist es mindestens genauso schön, in einen Zuschauersaal zu sitzen und sich dort von der Kunst verzaubern zu lassen.
:Maike Grabow
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