Bild: Polizeiliche Berichterstattung als Gefahr
KOMMENTAR. Die polizeiliche Berichterstattung hat Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs. Das wurde nun wissenschaftlich belegt.
„An der Holstenstraße werden Kollegen mit Molotow-Cocktails beworfen & Barrikaden brennen“, hieß es in einem der wohl wichtigsten Tweets der Hamburger Polizei während der G20-Proteste im vergangenen Jahr. Doch vor Ort warf niemand mit Brandsätzen um sich. Mit dieser Behauptung, die sich im Nachhinein als dreiste Lüge herausstellte, wurde massive Polizeigewalt – auch gegen unbeteiligte Personen – und der Einsatz des Sondereinsatzkommandos im Schanzenviertel begründet. Eine Entschuldigung seitens der Polizei oder gar ihres während der G20-Tage hyperaktiven Social-Media-Teams fehlt bis heute. Auch wenn die Polizei in Tweets und Pressemitteilungen rund um das Gipfelwochenende von „Tätern“ berichtete, obwohl eine rechtswirksame Verurteilung natürlich noch nicht stattgefunden hatte, ist das nicht nur eine Falschmeldung, sondern eine Vorverurteilung und verstößt so gegen die im Strafrecht so elementare Unschuldsvermutung.
„Fake news“ kaschieren Fehler
Die Polizei ist in solchen Fällen nicht nur Akteurin auf der Straße im unmittelbaren Einsatz, sondern liefert auch massenweise „fake news“, um das politische Klima zu beeinflussen. Dass eine solche Beeinflussung bei massiven Rechtsbrüchen durch die Polizei notwendig ist, beweist die Debatte rund um die Geschehnisse in Hamburg. Wie könnte der damalige Erste Bürgermeister und heutige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) denn noch immer behaupten, es habe keine Polizeigewalt gegeben, wenn die Polizei nicht so fleißig getwittert hätte? Dass sich Scholz selbst von Videoaufnahmen massiver Polizeibrutalität nicht beirren lässt, lässt entweder auf absolute Uneinsichtigkeit oder den Erfolg der polizeilichen Pressearbeit schließen.
Doch einseitige Pressearbeit ist nicht nur während des G20-Protests ein Problem. Die Polizei macht keine Fehler – und wenn doch, wird es in den sozialen Medien und den eigenen Pressemitteilungen zurechtgebogen. Das ist ein massives Problem. Zum einen, da man bei polizeilichen Pressemitteilungen keine Objektivität erwarten kann, zum anderen, weil die Polizei an Vertrauen verliert. Vertrauen, das durch Transparenz aufgebaut werden könnte.
:Justinian L. Mantoan
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