Mit der Schließung des Gebäudes NA wurde auch der Gebetsraum der RUB geschlossen. Bisweilen wurde keine Alternative bereitgestellt. Doch das könnte sich in Kürze ändern.
Sicherlich ist davon auszugehen, dass mehr als nur einige der 42.599 (Stand: SoSe 2021) Student:innen der Ruhr-Universität Bochum einer Religion angehören, eventuell auch einer Religion, die das Gebet vorschreibt. Ob Pflichtgebet oder freiwilliges Gebet – viele Student:innen verbringen täglich sechs oder mehr Stunden auf dem Campus und das über mehrere Jahre. Nicht jede:r Student:in hat die Möglichkeit, für das Gebet nach Hause zu gehen, zumal viele Student:innen pendeln oder auch nicht gleich um die Ecke wohnen. Deswegen beten u. a. viele Muslime auf dem Campus. Allerdings nicht in einem dafür vorgesehenen Raum, sondern in der Bibliothek zwischen Bücherregalen, im Treppenhaus oder in möglichst ruhigen Fluren. Viele fühlen sich unwohl dabei, ihr Gebet öffentlich zu verrichten, wo sie ungeschützt möglichen diskriminierenden Angriffen ausgesetzt sind.
Einen Gebetsraum? Den braucht doch keine:r!
„An einer Universität muss Religion als Forschungsgegenstand Platz haben. Mehr nicht“, so Lamya Kader in einer Kolumne der t-online. Das Ausleben der Religion und das Studieren schließen sich laut der Kolumne aus, da das kritische Denken anscheinend nicht zur Religionsausübung passt. Paradoxerweise wurde die erste Universität der Welt 972 n. Chr. von Muslimen in Kairo gegründet. Nach Wissen zu streben, zu lernen und zu lehren ist das Ziel von allen Student:innen unabhängig von ihrer Glaubensrichtung und der Zweck einer Universität. Wieso den Glauben und das Studium trennen, wenn der Glaube ein Teil der Person ist, welcher dem Ziel des Studiums nicht im Weg steht? Aber Frau Kaddor ist nicht allein mit Ihrer Sichtweise. Viele Stimmen richten sich gegen einen Gebetsraum an Universitäten. Sie fürchten, dass ein Gebetsraum sich zu einem radikalen Hotspot für junge Muslime entwickeln könnte. Eine Sorge, die größtenteils durch Vorurteile und durch eine ablehnende, selten nicht feindseligen Haltung gegenüber Ausländern, Menschen mit Migrationshintergrund und besonders durch Islamophobie geprägt ist. Ereignisse wie die Zweckentfremdung des Gebetsraums an der Hochschule Bochum vor einigen Jahren, sollten in keiner Weise eine Grundlage oder ein Paradebeispiel dafür sein, Muslime deutschlandweit in eine Schublade zu stecken und Gläubigen unterschiedlicher Religionen einen Rückzugsort zu verweigern. Es mag vielleicht einige überraschen, aber auch Muslime fürchten sich vor radikal gesinnten Menschen. Vergessen werden darf nicht, dass es sich hauptsächlich um junge gläubige Student:innen handelt, die um einen Rückzugsort bitten, um das Gebet in einer verstaubten Ecke im Treppenhaus oder in der Bibliothek zu vermeiden.
Ist ein Kompromiss in Sicht?
Nicht nur ein Kompromiss, sondern eine Lösung! Nach Angaben der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung, Prof. Dr. Isolde Karle, soll schon im Juni ein Raum der Stille an der Ruhr-Universität etabliert werden. Der „Raum der Stille“ ist ein religionsübergreifender Raum, in dem religiöse und nicht-religiöse Student:innen, anders als an anderen Universitäten, auch mit religiöser Kopfbedeckung oder Kleidung ihr Gebet verrichten dürfen. Wer möchte, darf sich einen Gebetsteppich mitbringen, muss diesen aber auch wieder mit nach Hause nehmen. Gemeinschaftsgebete sind im „Raum der Stille“ nicht erlaubt. Alternativ können diese jedoch in einem Gebetsraum für Muslime stattfinden. Dieser wird sich jedoch nicht auf dem Gelände der Universität befinden, sondern wenn möglich im Unicenter.
:Miena Momandi
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