Die Fronten zwischen Belarus und der Europäischen Union verhärten sich weiter, darunter leiden Menschen in Not.
Die politischen Beziehungen von Polen und Belarus sind von einer langjährigen Geschichte des Misstrauens geprägt. Vor allem das Regime Lukaschenkos machte das gegenüber der polnischen Regierung immer wieder deutlich und zeigte eine ablehnende Haltung. Im Narrativ der belarussischen Machthaber wird Polen, und dessen politischen Führungsebene, unter dem Vorwurf der steigenden wirtschaftlichen und kulturellen Einflussnahme als feindlich stigmatisiert. In extremen Einzelfällen stehen Anschuldigungen im Raum, die von einer Beraubung der belarussischen Souveränität durch Polen ausgehen. Das Machtspiel zwischen Lukaschenko und der polnischen Regierung sowie der Europäischen Union spitzt sich nun mit der Situation an der polnischen Grenze erneut zu. Mit Geflüchteten als Druckmittel gegen die EU wehrt sich Lukaschenko, der sich von der europäischen Politik im Stich gelassen und betrogen fühlt, nun gegen die mannigfaltigen Sanktionen, welche gegenüber Belarus ausgehängt wurden. Seit der umstrittenen Wiederwahl Lukaschenkos letzten Jahres, welche aus europäischer Sicht von Wahlbetrug und
Korruption geplagt war, sind Sanktionen gegen Belarus verhängt worden. Davon betroffen sind Unternehmen, die das autokratische System unterstützen.
Nun droht die EU erneut mit weiteren Sanktionen auf die künstlich herbeigeführte Migrationskrise. Der Regierung in Belarus wirft man vor, Menschen aus Krisengebieten in organisierten Transporten nach Belarus zu bringen und diese gezielt an europäische Grenzen weiterzuleiten, weshalb nun der Flugverkehr von und nach Belarus deutlich eingeschränkt werden soll. Man möchte insbesondere Fluggesellschaften einschränken, die an dem Menschenhandel beteiligt waren. Die Fronten verhärten sich immer weiter. Der autoritäre Präsident Lukaschenko verliert zudem Rückendeckung durch Russland und Putin und wird immer weiter in die Ecke gedrängt. Es bleibt zu hoffen, dass eine Einigung und Lösung zwischen Belarus, Polen und der EU rasch gefunden werden kann, leiden doch vor allem Menschen darunter, die sich auf der Flucht befinden und hier als politisches Mittel missbraucht werden.
:Artur Airich
Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Afghanistan, Syrien, dem Irak und dem Iran erhoffen sich seit Monaten, über die Grenzen Belarus‘ die EU zu
erreichen.
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze ist alarmierend. Inzwischen halten sich dort nach Angaben der belarussischen Behörden weit über 2000 aus Belarus Flüchtende auf, eine Vielzahl von ihnen Kinder. Polnische Behörden gehen indes davon aus, dass sich etwa 4000 Menschen in den Wäldern aufhalten und ausharren würden. Der ARD-Reporter Olaf Bock hielt sich an der polnisch-belarussischen Grenze auf. Er informierte, dass immer wieder kleinere Gruppen versuchen würden, durch die Grenze zu brechen. In der Nacht vom 09. auf den 10. November wurde beispielsweise berichtet, dass zwei Menschengruppen von 200 und 80 Personen die Grenze überquerten, indem sie den Zaun durchschnitten. Offiziellen Berichterstattungen zufolge wurde die Zahl am nächsten Tag auf 50 herabgesetzt. Viele der Flüchtlinge seien zurückgeschickt worden. Außerdem sollen belarussische Soldaten eine Grenzbarriere nahe dem polnischen Dorf Czeremcha zerstört haben. Sie blendeten polnische Sicherheitskräfte mit Laserstrahlen und hätten die Migrant:innen laut der Grenztruppen mit Tränengas ausgestattet, um ihnen die Überquerung der Grenze zu erleichtern. Nichtsdestotrotz scheiterte der Grenzübertritt. Polen habe seine Grenzsicherung zuletzt sogar verstärkt, um neue Migrationsrouten zu blockieren. Insgesamt hat der Grenzkonflikt in den letzten Monaten bereits neun bekannte Todesfälle an der EU-Grenze gefordert. Mit dem herannahenden Winter und der wachsenden Kälte könnten diese Zahlen deutlich ansteigen. Flüchtlingshelfer:innen verschiedener Organisationen, unter anderem die Organisation für Migration (IOM) besuchten die Zeltlager der Flüchtlinge und das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (NHCR) sicherte die dringend nötige Hilfe zu. Die Migrant:innen hätten die Hilfsorganisationen laut polnischem Grenzschutz gebeten, sie dabei zu unterstützen, Asyl in der Europäischen Union zu erhalten: „Das Wetter, der Mangel an Essen und Wasser sind eine Gefahr für die physische Verfassung der Leute, die Schutz in den Staaten der EU suchen.“ Es bleibt zu hoffen, dass sich die kritische Situation an der polnisch-belarussischen Grenze entgegen allen Erwartungen entspannen und Schlimmstes verhindert wird. Leider ist dies in näherer Zukunft jedoch nicht abzusehen.
:Rebecca Voeste
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