Bild: Alle wollten zum Landtag – manche kamen in den Kessel. , Tausende gehen los – wenige kommen an Symbolbild CC0

Düsseldorf. Am vergangenen Samstag, den 26. Juni, haben sich tausende Menschen aus verschiedenen Gruppen zusammengeschlossen, um ihren Unmutgegen das eventuell zukünftige Gesetz auszudrücken. 

Es ist nicht die erste Demo, die das Versammlungsgesetz für NRW ins Auge gefasst hat, und es wird wahrscheinlich nicht die letzte sein. Da das Thema ganz NRW betrifft, haben sich im Vorfeld mehrere Netzwerke und Gruppen für ihre Teilnahme ausgesprochen und ein gemeinsames Erscheinen aus ihren Städten organisiert, sodass alle am Mittag in Düsseldorf sein konnten, um am Ende vor dem Landtag die Abschlusskundgebung zu hören. Die meisten Quellen schätzen eine Beteiligung von circa 6.000
Demonstrierenden, die höchste Schätzung beziffert 8.000. Ein buntes Spektrum an Netzwerken und Bündnissen war vor Ort, wie das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“, welches die Demo organisiert hat. Aber auch die Antifa, Mitglieder verschiedener Parteien, Klimaschützer:innen und Fußballfans der Vereine aus Düsseldorf und Köln kamen zusammen.  

Man muss nicht anwesend gewesen sein, um mitbekommen zu haben, dass manches aus dem Ruder gelaufen ist. Die Polizei habe am Nachmittag die Demo gestoppt, weil einige Teilnehmenden nicht nur eine Maske trugen, sondern dazu auch eine Sonnenbrille, während sie zusammen Transparente hielten. Die Polizei ginge deswegen von einer Vermummung aus. Das sei der erste Zeitpunkt gewesen, wo von polizeilicher Seite Pfefferspray eingesetzt wurde. Nach dieser Unterbrechung konnte der Zug jedoch weiterziehen.  

im weiteren Verlauf stieg Rauch aus einem der Blöcke auf, wodurch sich die Polizei wieder zum Eingreifen verpflichtet sah. Ein Hubschrauber wurde in Einsatz genommen und die Polizei kesselte den Antifa-Block ein. Da der Zug nun wieder stoppte, verabschiedeten sich mehrere Leute von der Demo und wieder andere marschierten unbehelligt davon zum Landtag. Viele blieben trotzdem an Ort und Stelle, wo nach Berichtlage mehrfach Pfefferspray eingesetzt worden und gegen Demonstrierende Schlagstöcke zu Einsatz gekommen seien. So auch gegen einen Journalisten der Deutschen Presseagentur (dpa), der in einem Twitter-Post angab, er sei von der Polizei massiv geschlagen worden, seine Kamera sei beschädigt und er sei mit dem Kopf auf dem Pflaster aufgeschlagen. Eine Sprecherin der Polizei kündigte bereits eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt an. Kritik kommt schnell vom dpa-Chefredakteur Sven Gösmann, der es einen „nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit“ nennt und vom NRW-SPD Vorsitzenden Thomas Kutschaty, welcher eine „lückenlose Aufklärung“ fordert. 
Mehrere Menschen wurden von der Demo verwiesen, das betraf aber nicht nur die Demonstrierenden, sondern auch Querdenker:innen, welche versucht haben sollen, die Demo zu unterwandern, bis sie von der Polizei aufgefordert wurden, die Veranstaltung zu verlassen.  

Im neuen Gesetzesentwurf stehen mehrere Sachen in der Kritik. Das „Militanzverbot“ beinhaltet ein Verbot der Uniformierung, welches Fußballfans mit Trikots oder Klimaschützer:innen mit den Maleranzügen betreffen könnte. Außerdem würde die Störung, Behinderung und Vereitelung von Versammlungen verboten, was eine Gegendemonstration gegen Neonazi-Demos erschweren würde. Dazu kommen nicht fest definierte Begriffe, die dann Auslegungssache werden und eine geringere Hürde für die Polizei bei der Videoüberwachung von Veranstaltungen.

                  :Lukas Simon Quentin

Mobilisierung in Duisburg: Nazis provozieren, Polizei untätig 

Im Zuge der Mobilisierung im Vorfeld der Demo gegen das neue Versammlungsgesetz wurden in verschiedenen Städten in NRW Infostände veranstaltet, so auch in Duisburg am Samstag vor dem Tag X. Für 14 Uhr war ein Stand auf der zentralen Einkaufsstraße in der City angemeldet. Doch noch bevor die Aktivist:innen aufbauen konnten, tauchte plötzlich ein Grüppchen der Partei Die Rechte auf. Auch sie hatten einen Stand am selben Ort angemeldet, um Flyer über die angebliche »Corona-Diktatur« unter die Bevölkerung zu bringen. Es dauerte nicht lange, bis die Neonazis die Aktivist:innen, von denen viele in dem antifaschistischen Bündnis „Duisburg stellt sich Quer“ aktiv sind, provozierten und mit Waffen bedrohten. Statt sich jedoch einschüchtern zu lassen, mobilisierten die Linken in kürzester Zeit mehrere Dutzend Leute in die Duisburger Innenstadt, um der kleinen Gruppe Faschist:innen den Raum zu nehmen. Auch die Einschüchterungsversuche der Rechten gingen nach hinten los: Statt die Antifaschist:innen zu vertreiben, wurde der Stand der Nazis abgeräumt und ihre Propaganda größtenteils zunichte gemacht. Die Polizei, die beide angemeldeten Veranstaltungen am selben Ort abgenickt hatte und nun hinzukam, zeigte sich überfordert und zugleich auffallend naiv, was die Rechten anging: Auf den Hinweis einer Aktivistin, dass die Nazis mit Schlagringen bewaffnet gewesen seien, antwortete ein Beamter: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Erst auf Drängen der Umstehenden griff er besagtem Faschisten in die Tasche und holte gleich mehrere Schlagwaffen heraus. Ob dieser Verstoß gegen das Waffen- und gegen das Versammlungsverbot eine Strafanzeige nach sich zieht, ist bislang nicht bekannt. Auf der Website der Duisburger Polizei wie auch auf der der Duisburger Neonazis ist jedenfalls nichts davon zu lesen. Stattdessen berichten sie von einer „erfolgreichen Aktion“. In Wahrheit mussten sie schließlich unter Polizeischutz, Buh-Rufen und antifaschistischen Parolen abziehen, ohne dass sie ihre Propaganda hätten verbreiten können.  

:Lewy 

 

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