NRW. Mit einem neuen Gesetzesentwurf der SPD könnte das Land NRW bald vielleicht ein eigenes Versammlungsgesetz bekommen. Schützt dieses Gesetz Demonstrierende oder nimmt es eher die Demonstrationsfreiheit?
Bisher laufen Versammlungen und Demonstrationen in NRW unter dem Versammlungsgesetz des Bundes, das seit 1953 in Kraft ist. Jetzt hat die SPD einen eigenen Gesetzentwurf am 27. Januar vor den Landtag gebracht. Würde das Versammlungsgesetz durchgesetzt werden, wäre NRW nicht das erste Bundesland mit eigenem Versammlungsgesetz. Obwohl das Gesetz der Bundesregierung die Richtschnur ist, haben einige andere Bundesländer bereits ihre eigenen Versammlungsgesetze verabschiedet. Den Anfang machte 2008 der Freistaat Bayern, Sachsen-Anhalt folgte 2009 und 2013 entschied sich Berlin dazu, nur einen Teilbereich des Versammlungsgesetz durch das eigene Landrecht zu erneuern.
Auch der NRW-Innenminister, Herbert Reul von der CDU, ist überzeugt von dem Gesetz. Denn das Gesetz sieht ein Militanzverbot bei öffentlichen Versammlungen vor. Reul erinnert an eine Demonstration in Dortmund, wo im September 2018 etwa hundert Neonazis im Gleichschritt marschierten und rechte Parolen verbreiteten. „Als wären wir wieder im Jahr 1933“, so der NRW-Innenminister. Das neue Versammlungsgesetz würde gegen solche rechtsextremen Demonstrationen vorgehen. Unter anderem schlägt die SPD zwei bestimmte Daten vor, an denen rechtsextreme Demonstrationen komplett verboten werden sollen. Der 27. Januar, der an die Befreiung von Ausschwitz erinnert, sowie der 9. November, der Jahrestag der NS-Pogromnacht, sollen jeweils gegen rechtsextreme Aufmärsche geschützt werden.
Doch das neue Versammlungsgesetz ist nicht nur auf rechtsextreme Demonstrationen ausgelegt. Das Militanzverbot beinhaltet das Verbot von Tragen von „Uniformen, Uniformteilen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken“. Darunter würden auch die weißen Schutzanzüge der Bewegung „Ende Gelände“ fallen, die, anders als einige Neonazi-Symbole, nicht zu Gewalt auffordern.
Das Versammlungsgesetz sieht, neben dem Militanzverbot, im Großen und Ganzen vor, die Kommunikation zwischen der Polizei und den Veranstalter:innen zu stärken. Das Gesetz würde zusätzlich die Veranstaltenden verpflichten, persönliche Daten wie den Namen des:der Veranstalter:in anzugeben. Auch sind die Veranstaltenden dazu aufgefordert, mit den Behörden über den Umfang der Veranstaltung, der Gefahrenlage, etc. zu kooperieren, rechtlich verpflichtet sind sie dazu aber nicht. Unter anderem hat die Versammlungsleitung zukünftig die Pflicht, störende Demonstrierende und Dritte auf Aufforderung der Polizei hin der eigenen Veranstaltung zu verweisen. Auch sieht das Gesetz vor, Kontrollstellen der Polizei auf Versammlungen zu platzieren. An diesen können Personen und Sachgegenstände durchsucht und die Identität von Personen festgestellt werden. Zusätzlich können die Behörden Bild- sowie Tonaufnahmen von Personen auf den Veranstaltungen anfertigen, sofern von den Personen „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht“.
Ein weiteres Vorhaben des Gesetzes ist es auch, zielgerecht Störungen zu verbieten. Darunter fallen auch Blockadetrainings, die oft in der Form von Gegendemonstrationen der linken Szene gegen rechtsextremistische Versammlungen auftritt, der sogenannte Schwarze Block.
Einige Organe der linken Szene befürchten, dass das Versammlungsgesetz nicht nur erhebliche Einschränkungen für einige gesittete Demonstrationen mit sich bringt, sondern auch Demonstrierende in Gefahr bringen könnte, die linken Veranstaltungen besuchen.
:Augstina Berger
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