Kommentar. Es ist wichtig, an Ereignisse zu erinnern. Insbesondere für Menschen mit internationaler Geschichte sind diese Erinnerungen ein wichtiger Bestandteil in der Trauerbewältigung.
In einer Zeit, die durch Hypes geprägt ist, sollten wir wieder zum langfristigen Erinnern zurückkehren. Für die jüngeren Generationen scheint der Zweite Weltkrieg nicht greifbar zu sein. Jedoch leben immer noch Menschen, die damit direkt in Kontakt gekommen sind. Sie erzählen ihre Geschichten und das ist wichtig. In einem Zeitalter, in dem alles infrage gestellt wird und die Glaubhaftigkeit geschichtlicher Ereignisse quergedacht wird, zeigt es sich, dass wir gegen das Vergessen ankämpfen müssen. Und das bezieht sich nicht nur auf politische Großereignisse. Am 19. Februar wurden in Hanau zehn Menschen ermordet, am 9. Oktober vergangenen Jahres gab es einen Anschlag auf eine Synagoge, zwischen 2000 und 2007 ermordete der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) zehn Menschen, acht davon waren der türkischen Community zugehörig. Für viele ist es oftmals nur ein Tag, doch für Menschen aus marginalisierten Gruppen, die von der Polizei, der Politik und dem Gesetz nicht ernstgenommen werden, gar entmenschlicht wurden, sind genau diese Erinnerungen ein Anker.
Sie zeigen, dass Ihre Geschichten wahr sind und dass diese nicht aus den Büchern radiert werden. Dies ist vor allem wichtig, wenn man sich anschaut, dass sechs Monate nach Hanau eine Gedenkveranstaltung mit Hygienekonzept nicht erlaubt war, aber Querdenker:innen seit eh und je ohne Maske durch die Straßen mit Menschen vom rechten Ufer ziehen können.
Das Erinnern, die Namen, die Geschichte: All das ist wichtig, um zu verstehen. Unser Zeitgeist will immer neu, immer mehr, immer schneller! Doch das führt auch dazu, dass unser Blick nicht genauer wird und wir vergessen. So werden und können Missstände übersehen werden. Die Black Lives Matter-Bewegung gibt es zum Beispiel seit 2015 und trotzdem schaute die Welt auf George Floyd, als wäre es das erste Mal, dass ein Schwarzer Mann durch die Polizei brutal ermordet wurde.
Das Vergessen spielt jenen in die Karten, die schon immer meinten, es war doch gar nicht so.
:Abena Appiah
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