Bild: Borat, vor einem jubelnden, rechten Publikum: Auch er kann sich den ungläubigen Blick nicht verkneifen. , Sacha Baron Cohen nimmt erneut Kultrolle ein Bild: ©Amazon

Mockumentary. Der neue Borat-Film ist politischer als sein Vorgänger und macht dabei einige Dinge richtig, aber auch viele falsch. 

14 Jahre sind vergangen, seitdem Borat das erste Mal über die Leinwände lief und uns mit körperbetonten Mankinis, absurden Akzenten und noch absurderen Situationen, in die der Hauptcharakter seine Opfer brachte, beglückte. Wawawewa! Nun ist mit „Borat Anschluss Moviefilm – Lieferung von großer Bestechung an amerikanisches Regime um Benefiz für früher glorreiche Nation von Kasachstan zu machen“ der zweite Teil erschienen, der die titelgebende Hauptfigur im Jahr von Covid und US-Wahlen erneut in die Vereinigten Staaten schickt, um dort alle möglichen Idiotien aufzuzeigen. 

Borat ist eine Kunstfigur des britischen Comedians und Schauspielers Sacha Baron Cohen. Als Gesandter aus Kasachstan hat er auch in diesem Film wieder eine „Mission“ zu erfüllen, er soll Kasachstans Kulturminister, Johnny the Monkey, als Geschenk an Präsidenten Donald Trump aushändigen. Doch auf der Überfahrt in die USA läuft etwas schief: Borats Tochter, gespielt von Maria Bakalova, schleicht sich auf den Transporter ein und isst den Kulturminister auf. Nun muss Borat improvisieren und entscheidet sich dafür, seine Tochter an den erzchristlichen Vize-Präsidenten Mike Pence zu verschenken. Der Film besteht zur Hälfte aus der übergeordneten Handlung und zur Hälfte aus Szenen, die teils mit unwissenden Menschen gedreht wurden. Der Witz ergibt sich häufig aus dem Aufeinandertreffen des übertriebenen naiven Sexismus, Rassismus und Antisemitismus des hinterweltlerischen Borats und dessen realen, amerikanischen Pendants. Wir als Publikum sind die Eingeweihten des Witzes und wissen, dass Borats trottelig überlieferte Misanthropie ein Spiel ist, wohingegen die gleichermaßen menschenverachtenden Antworten seiner bloßgestellten Opfer real sind – oder zumindest so scheinen. Denn in vielen Szenen verschwimmt die Grenze zwischen Schauspieler:innen und realen Menschen, wodurch man sich nie ganz sicher ist, was nun fake oder nicht ist.  

In den besten Momenten ist der Film dadurch eine Komödie, die mit ihrem Witz tief in die Magengrube schlägt. Beispielsweise, als Borat in Verkleidung bei einer rechten „March for our Rights“-Rally auftritt und dabei die willfährige Bereitschaft des Publikums zeigt, in Liedzeilen wie „Journalists, what we gonna do? Chop them up, like the Saudis do!“ einzustimmen und Hitlergrüße zu zeigen. Auch erzeugte der Film Schlagzeilen damit, dass sich Rudy Giuliani, der Berater und persönliche Anwalt des abgewählten Präsidenten Donald Trump, ohne Probleme in bestechliche Situationen bringen lässt. Giuliani hatte in der Vergangenheit Kontakt zu ukrainischen und russischen Oligarchen und gab vor, in den vergangenen Monaten in den Besitz von angeblich bloßstellenden E-Mails von Hunter Biden,dem Sohn des gewählten Präsidenten Joe Bidens gelangt zu sein. 

Doch leider sind diese Momente, in denen Borats gespieltes Hinterweltlertum die Wunden der amerikanischen Gesellschaft offenbart, zu selten im Vergleich zu den vielen Stellen, an denen nur recht hohl vor allem sexistische und anti-semitische Stereotype für schnelle Lacher aufbeschworen werden. Zu häufig sind die Szenen, in denen ohne zweiten Boden ein erniedrigendes Bild über Frauen, das „zurückgebliebene“ Kasachstan und so ziemlich alle anderen Menschengruppen wiedergegeben wird, ohne diese subtil zu unterwandern. Damit bleibt der Film seinem Potenzial hinterher und deutet eher darauf hin, dass diese Art des Humors über die zwischenliegenden 14 Jahre schlecht gealtert ist.    

  :Stefan Moll

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