Bild: Erfahrungen im Ausland sammeln? Nicht dieses Semester! , Auslandsemester im Home-Office Symbolbild: hakl

Online-Semester. Dass Studierende aus dem Ausland ihr Semester in Deutschland verbringen, wird als unnötiges Risiko eingestuft. 

Während weite Teile des öffentlichen Lebens schon seit einiger Zeit wieder unter Auflagen mehr oder weniger normal stattfinden können, ist ein gewöhnlicher Uni-Alltag mit Präsenzlehre noch nicht in Sicht. Die Online-Lehre stößt auf durchwachsenen Anklang und ein großer Teil der Studierenden wünscht sich eine baldige Rückkehr an den Campus. Doch mit dem Anrollen einer zweiten Welle schwindet auch der Realismus dieser Hoffnungen. Für die meisten wird das nur eine Verlängerung der allseits bekannten Home-Office-Probleme zur Folge haben, aber für ausländische Studierende stellt sich nun eine viel größere Bedrohung dar. Denn die Bundesregierung verlangt nun von ihnen einen Nachweis, dass es ihnen unmöglich ist ihr Studium durch die Online-Lehre vollständig aus dem Ausland fortzusetzen. Ausgenommen davon sind Studierende aus EU-Ländern und anderen Staaten mit besonders niedrigemInfektionsrisiko wie aktuell Australien, Neuseeland, Georgien, Kanada, Thailand, Tunesien und Uruguay, die alle derzeit auf einer sogenannten „Positivliste“ stehen.
Nachdem in den USA die Pläne von Präsident Donald Trump, Studierende, die nicht notwendigerweise an Präsenzveranstaltungen teilnehmen müssen, aus dem Land auszuweisen, nach heftiger Kritik zurückgezogen wurden, sorgte nun die deutsche Regierung für einige Empörung. Seit März galt die Beschränkung wegen der akuten Bedrohung durch Covid-19 bereits, doch nun wurde bekannt, dass diese Regelung nicht zum kommenden Wintersemester aufgehoben werden soll. Davon sind jedoch nicht Studierende betroffen, die bereits in Deutschland studieren und schon ein Visum erhalten hatten, sondern nur diejenigen, die sich neu für ein Studium in Deutschland einschreiben möchten. Da im kommenden Wintersemester an den meisten Universitäten eine Mischung aus Präsenz- und digitaler Lehre angestrebt wird, muss in jedem Einzelfall entschieden werden, ob der:dem Studierenden eine Einreiseerlaubnis zusteht. Kritik wurde daran geübt, dass durch diese Maßnahmen außer Acht gelassen wird, dass es bei einem Auslandsstudium nicht ausschließlich um das Aufnehmen von Lehrinhalten geht. Grünen-Abgeordneter Kai Gehring, auf dessen Anfrage an das Bildungsministerium hin die Regelung zur Visa-Vergabe bekannt gemacht wurde, gibt zu bedenken: „Austausch dient auch dazu, Kultur und Gesellschaft des Gastlandes kennenzulernen. Deutschland profitiert enorm von den Alumni in aller Welt, die eine Zeit lang hier studieren und forschen durften.“
Zudem herrschen je nach Herkunftsland ungleiche Bedingungen für das Online-Studium aus dem eigenen Land heraus, denn die Beschränkungen sind von Staat zu Staat unterschiedlich und der Zugang zu ausreichender Literatur ist an manchen Orten nicht gegeben. „Was nutzt es einer Studentin in Indien, online an ihren deutschen Uniseminaren teilzunehmen, wenn sie nicht in die Unibibliothek gehen kann“, bemängelt Kumar Ashish, Sprecher des Bundesverbandes ausländischer Studierender und fordert eine Einreiseerlaubnis, sobald ein negativer Corona-Test vorliegt. Je nachdem wie verheerend die zweite Welle ausfällt, ist auch fraglich, ob eine teilweise Präsenzlehre über das ganze Wintersemester überhaupt zu realisieren ist. 

:Henry Klur

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