Künstler*innen und Kunst. Das Geschäft mit Kunst ist groß. Die damit einhergehenden Problematiken auch. Welche Kontrolle hat man als Künstler*in über den Markt, wenn man nicht mehr ist.
Der Personenkult um Künstler*innen wächst immer weiter, je mehr Kunst ein persönliches Ereignis wird. Musiker*innen, Maler*innen, Regisseur*innen und andere geben immer tiefere Einblicke in ihre persönliche Gedankenwelt mit ihren jeweiligen Projekten. Die Nachfrage das „Genie“ zu verstehen steigt. Eine Entwicklung, die vielleicht nicht die beste ist, denn es fällt einem*einer so auch immer schwerer Kunst und Künstler*in zu unterscheiden. Das Werk steht nicht mehr für sich selbst, sondern ist nur ein Schatten des*der Künstler*in. So ist es auch keine große Überraschung, dass viele Werke von Künstler*innen, die eine gewisse Reichweite haben, sich nach ihrem Tod um einiges besser verkaufen, laut Sebastian Preuss in einem Artikel auf Weltkunst. Dieser Boom ist auch in moderner Popmusik zu bemerken. Bekannte Rapper wie Lil Peep und xxxTentacion featuren nach ihrem Tod weiter in verschiedenen Songs vor sich hin und auf einem Song sogar zusammen, obwohl bekanntermaßen die beiden Rapper sich gegenseitig verurteilten.
Ein*e Künstler*in führt oftmals zwei Leben. Das eigene und das seiner*ihrer Kunst. Falls sich ein*e Künstler*in nicht um den Nachlass seiner*ihrer Kunst gekümmert hat, bleibt es oftmals entweder näheren Verwandten oder dem*der jeweiligen Vertreiber*in überlassen, was mit den übrig gebliebenen Werken passiert. Dabei gibt es viele berühmte Fälle, wo das posthume Veröffentlichen die Kunstwelt unheimlich bereichert hat, man denke an Franz Kafka, der seinen engen Freund Max Brod mit einer Verfügung über seine Werke hat bestimmen lassen, was mit ihnen passiert. Doch oftmals kann das Geschäft mit toten Künstler*innen auch zu weit gehen, wie die 2019 stattgefundene Versteigerung des Revolvers, mit dem sich angeblich Vincent Van Gogh versucht hat umzubringen, schon bewiesen hat. Inwiefern es in Van Goghs Interesse stände, dass dieser Revolver irgendwann versteigert wird, lässt sich dabei nicht sagen, aber entscheidend ist, dass der Revolver zu Lebzeiten des Künstlers nur für den Künstler selbst relevant war.
So kann aber auch der oftmals geäußerte Wunsch nach dem Tod des Autors – man denke hierbei an Roland Barthes – erst stattfinden, wenn der Autor tatsächlich tot ist. Die Intention des*der Künstler*in wird insofern irrelevant, dass das Vermächtnis ein Eigenleben bekommt. Es stellt sich also auch die Frage ob nicht das Vermächtnis selbst ein Kunstwerk ist. Inwiefern ist das Hologramm Tupacs nicht Tupac? So ist auch das Urteil, dass das, was man mit dem Vermächtnis der Künstler*innen macht, schlecht ist, vielleicht ein Fehlurteil, denn es verhilft zu neuen Dimensionen, die der*die Künstler*in selbst so nicht hätte machen können. Es ist das andere Leben des*der Künstler*in, das ein Geschäft ist, das immer ein Geschäft war und das immer ein Geschäft sein wird, egal ob der Markt sich verändert oder nicht. Können wir also darüber urteilen, dass mit dem Tod von Künstler*innen ein Markt eröffnet wird?
Fest steht, dass man als Künstler*in wenig Kontrolle über das hat, was man erschafft. Man gibt etwas ab, dass einen Prozess wiedergibt. Wie dieser Prozess dann aufgenommen wird ist im Leben wie im Tod nicht zu kontrollieren. Kunst liegt eben im Auge des*der Betrachters*in. Ob das nun moralisch richtig oder falsch ist, muss die jeweilige historisch relevante Vorstellung von Moral beantworten. Im Moment ist es zumindest legitim. Wo ein Markt ist, ist Kapital und wo Kapital ist, ist Gewinn. Der Profit regelt den Nachlass und lässt den*die Künstler*in am Leben sein.
:Gerit Höller
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