Bild: Segen für bedürftige Studierende oder nur Wundpflaster? In den nächsten beiden Jahren soll das BAföG für Studierende deutlich erhöht werden. , Mehr Geld für Studis Bild: stem

Studienfinanzierung. Innerhalb der nächsten beiden Jahre sollen die BAföG-Sätze (Bundesausbildungsförderungsgesetz) in allen Bereichen angehoben werden. Doch obwohl dies ein wichtiger Schritt ist, gibt es Bedenken. Zu wenig und zu langsam sei diese Erhöhung.

Mit einem kürzlich von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) vorgestellten Eckpunktepapier will die Bundesregierung schrittweise eine Erhöhung der BAföG-Sätze einführen. Die „Trendumkehr bis 2021“ beim BAföG war Teil des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD. Bis zum Frühjahr soll die Reform beschlossen werden, damit diese im Wintersemester 2019 in Kraft treten kann.


Deutliche Erhöhung

Die Höhe der Angleichungen ist nicht unerheblich: Um mehr als 15 Prozent soll der Höchstsatz von 735 Euro auf 850 Euro innerhalb von zwei Jahren steigen. Dabei erhöhen sich die Bedarfssätze in zwei Schritten bis 2020 zuerst um etwa sieben Prozent, im zweiten Jahr um zwei Prozent. Die Wohnpauschale soll von 250 Euro auf 325 Euro angehoben werden und die persönliche Vermögensgrenze von 7500 Euro auf 8200 Euro. Außerdem sollen die Freibeträge auf das Einkommen der Eltern um neun Prozent steigen. Dadurch werden einerseits mehr Studierende BAföG-berechtigt sein, andererseits hebt dies die Sätze für Studierende an, die bereits BAföG erhalten.


Trotzdem zu wenig?

Obwohl die Erhöhungen der BAföG-Sätze grundsätzlich Zuspruch erhielten, bleibt Kritik nicht aus. So begrüßte beispielsweise das Deutsche Studentenwerk (DSW) die Anhebungen, zweifelte jedoch an, ob dies eine „Trendwende“ bedeutete und forderte bereits eine Einführung der neuen Sätze zum Sommersemester. „Die grobe Richtung stimmt, aber das muss alles schneller kommen“, so DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde.
Außerdem seien die Erhöhungen nur ein temporäres Pflaster. Aufgrund der langjährigen Versäumnisse sei viel mehr Nachholbedarf erforderlich. Anstatt dass alle paar Jahre über eine schrittweise Erhöhung diskutiert werden muss, soll deshalb eine festgesetzte jährliche Erhöhung in Kraft treten. „Eine regelmäßige, automatisierte BAföG-Erhöhung ist besser als viele Jahre der Stagnation, die dann mit einem erneuten ‚großen Wurf‘ wieder kompensiert werden sollen“, so Meyer auf der Heyde.
Die Versäumnisse der vergangenen Jahre zeigen sich unter anderem daran, dass mittlerweile viele Studierende, die selbst den BAföG-Höchstsatz erhalten, unter das Hartz IV Niveau gerutscht sind. Derzeit sei dies in 88 von 96 deutschen Hochschulstädten der Fall, wie aus einer Studie des Moses Mendelssohn Instituts hervorgeht. Selbst nach den 2019 eintretenden Erhöhungen sei dies weiterhin in 20 Städten der Fall, in denen ein Drittel aller Studierenden wohnen. Dies liegt vor allem an den hohen Wohnpreisen in deutschen Großstädten. Auch die Begrenzung an die Regelstudienzeit hält Meyer auf der Heyde für realitätsfern, da viele Studierende neben dem Studium arbeiten gehen. „Wer eine echte Trendumkehr will, der muss die Studienrealität berücksichtigen. Für den Großteil der Studierenden reicht die Förderungshöchstdauer, gekoppelt an die Regelstudienzeit, nicht aus. Wie es der Wissenschaftsrat bei der künftigen Finanzierung von Studienplätzen fordert, sollte auch hier die Regelstudienzeit zuzüglich mindestens einem Semester gelten“, sagt der DSW-Generalsekretär.                        

:Stefan Moll

Den Kommentar zum Thema findet Ihr hier.

 

INFO:BOX

BAföG wurde 1971 während der rot-gelben Koalition unter der Kanzlerschaft Willy Brandts eingeführt. Ursprünglich als Vollzuschuss gedacht, wurde es unter der Regierung Helmut Kohls zu einem Darlehen umfunktioniert und die Fördermöglichkeiten zunehmend abgebaut, wodurch 1998 nur noch knapp 13 Prozent der Studierenden BAföG erhielten. Mit der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder wurde BAföG zu einem Halbdarlehen umgewandelt und die maximale Rückzahlungsgrenze auf 10.000 Euro gesetzt. In den vergangenen Jahren sank die Zahl der Geförderten. Nur rund 20 Prozent der 1,7 Millionen Studierenden, die 2016 Anspruch auf die Studienfinanzierung hatten, wurden gefördert. Die letzte Erhöhung fand 2016 statt. Davor blieben die Sätze über zehn Jahre hinweg konstant, während sich die allgemeinen Lebenserhaltungskosten erhöhten. Besonders hat sich in den vergangenen Jahren die rapide Erhöhung der Mietpreise in vielen Studierendenstädten negativ auf die Finanzierung des Studiums durch BAföG ausgewirkt.       

  :stem

0 comments

You must be logged in to post a comment.