Literatur. Die Regierung ruft die Bevölkerung dazu auf, vorbereitet zu sein und sich im Keller zu verschanzen. Im neuen Roman der Wittener Autorin Jaana Redflower wird dieses Szenario für ihre Figuren zu einem albtraumhaften Überlebenskampf.
„Bitte halten Sie den Code jederzeit bereit. Für den Fall, dass ‚Aktion Kellerraum‘ eintritt, nehmen Sie den Code mit und halten Sie ihn griffbereit.“ Wer wäre nicht mindestens beunruhigt, einen solchen Brief von der Regierung zu bekommen? „Im Übrigen ist den Anweisungen des Hörfunks Folge zu leisten“, steht auch darin. Wenn dann schon bald die Sirene über den Ort dröhnt, die Radiosender aber alle nichts als Rauschen senden, dann ist die Kacke am Dampfen. Das wird auch Brenda Gunner klar, der Protagonistin aus „Der Tag, an dem die Vögel schwiegen“.
Wenn das Problem nur die schweigenden Vögel wären! Die knapp zwei Wochen, die Brenda im Keller ihres Hauses verbringen muss, sind für sie und ihren Mann die Hölle. Die Luft ist schlecht, die Vorräte neigen sich schnell dem Ende zu. Fast wie Tiere streiten sich die beiden um eine Packung Mayonnaise. Und immer wieder schleichen unbekannte Bestien um das Haus. Denn draußen ist die Welt wirklich zur Hölle geworden.
Survival-Horror mit allem, was dazugehört
„Ein postapokalyptisches Endzeit-Szenario“ verspricht der Hattinger Edition Paashaas Verlag, in dem „Der Tag, an dem die Vögel schwiegen“ im August erschienen ist. Der zweite Roman von Jaana Redflower („Jorge, Pinguin im Kopf“ erschien im Juni 2016 im gleichen Verlag; siehe :bsz 1099) hat durchaus einen Kataklysmus als Auslöser für die Geschichte. Und wie es sich für eine moderne Story dieses Schlages gehört, ist die Ursache der Katastrophe menschgemacht. Da ist doch diese Fabrik, hinter dieser abschreckenden Sumpfgegend … Und spätestens seit bekannt wurde, dass die US-Regierung im Programm „MK ULTRA“ tatsächlich ihre eigene Bevölkerung unter Drogen gesetzt hat, traut man diesem Staat auch weitere Experimente zu.
Doch hat die Autorin mit diesem Buch ihrer Leidenschaft für Horrorliteratur gefrönt. Die Endzeit, die sie geschaffen hat, ist bevölkert mit erschreckenden Teerwesen, Hai-Waranen und widerlichen, räuberischen Hund-Egel-Hybriden. Unter der Erde tummeln sich Kräfte, die Gebäude zum Einsturz bringen können. Und so bedrohlich die Welt unter der schwefelgelben Wolkendecke auch ist, muss sich Protagonistin Brenda trotzdem noch fragen, wie viel Gefahr von den anderen überlebenden Menschen ausgeht. Jaana Redflower lässt ihre Heldin – wie es sich gehört – über sich hinauswachsen. Um die Lesenden mit dem Ende umso mehr zu schockieren.
Gastautor :Marek Firlej
0 comments