Der „Independence Day“ wird mit bunten Paraden, Feuerwerk und ganz viel Patriotismus gefeiert. An diesem Tag wurde 1776 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Nachdem Frankreich mit dem Pariser Frieden 1763 seine Herrschaft in Amerika aufgab, versuchte England durch Steuer- und Abgabenerhöhungen, die zuvor entstandenen Kriegskosten einzuholen. Doch die dreizehn Kolonialstaaten wollten nicht zahlen und plädierten für ein unabhängiges Amerika. Dieser Konflikt endete im Unabhängigkeitskrieg (1775-1783) zwischen Großbritannien und den Kolonien. 1775 versammelten sich die Vertreter der dreizehn Staaten zum Kontinentalkongress und berieten über die Revolution. Maßgeblich beteiligt waren unter anderen Thomas Jefferson (Virginia), John Adams (Massachusetts) sowie Benjamin Franklin (Pennsylvania). Am 4. Juli 1776 wurde schließlich die „Declaration of Independence“ von den Vertretern unterzeichnet. Doch was bleibt von den damaligen Idealen übrig? Widerstand gegen den Präsidenten und die Fehlentscheidungen der Regierung sowie Proteste sorgen für ein instabiles Amerika. Von einer Einheit kann nicht die Rede sein, stattdessen formieren sich zwei Lager: Die Trump-FreundInnen und die Trump-GegnerInnen. Vor allem am Unabhängigkeitstag sollten sich die AmerikanerInnen überlegen: Wie geht es weiter mit unserem Land?
:mag
Überall Widerstand
Protest. Gegen die Trump-Administration finden fast unaufhörlich Demonstrationen und Bewegungen statt. Diese geschehen jedoch nicht nur auf der Straße, sondern finden ihren Weg auch in die Regierung.
Derzeit gibt es in den USA eine Welle von Protesten. Vergangene Woche veranstalteten zum Beispiel über 2.500 Frauen eine Sitzdemo in einem Senatsgebäude, um gegen die derzeitige Immigrationspolitik, bei der ganze Familien an den U.S.-Grenzen eingesperrt werden, zu protestieren. Im Zuge dessen wurden etwa 600 Demonstrierende festgenommen, darunter auch die Kongressabgeordnete Pramila Jayapal. Unter dem Titel „Families Belong Together“ fanden sich am Wochenende außerdem zehntausende AmerikanerInnen im ganzen Land zusammen. Das Außergewöhnliche an diesem Bild ist nicht, dass Menschen in Tausendscharen protestieren, sondern dass dieses Bild nicht außergewöhnlich ist. Denn seit Donald Trump im November 2016 gewählt wurde, ist Widerstand die Tagesordnung.
Gegen die Spitze
Eine starke Kraft geht dabei von Frauen *aus. Schon kurz nach der Inauguration des 45. U.S.-Präsidenten fanden die „Women‘s Marches“ statt, bei denen schätzungsweise drei bis vier Millionen BürgerInnen demonstrierten. Doch der Widerstand zeigt sich nicht nur in Protesten: Aktuell lassen sich vermehrt Frauen für die Wahlen für das Repräsentantenhaus aufstellen. Laut dem „Center for Women and American Politics“ der Rutgers University sind dies in diesem Wahlzyklus bereits 350 auf demokratischer Seite. Eine davon ist die 28-jährige Alexandria Ocasio-Cortez, die vergangene Woche in Vorwahlen den zehnfach gewählten Demokraten Joseph Crowley besiegte.
Der Wahlsieg von Ocasio-Ortiz, die sich selbst als demokratische Sozialistin versteht, verdeutlicht ein weiteres Moment in der amerikanischen Politik: die Abkehr von traditionellen Parteistrukturen. KandidatInnen wie Ocasio-Ortiz, obwohl sie für die Demokratische Partei antreten, verfolgen häufig Ziele, die sie in Opposition zu der Parteiführung setzt. Zum Beispiel protestieren sie offen gegen die traditionellen Finanzierungsstrukturen durch Banken und Großfinanziers. Sie fordern eine allgemeine Bürgerversicherung und die Abschaffung von Studiengebühren. ParteidemokratInnen setzten diese Punkte in der Vergangenheit ungern auf ihre Agenda, da sie fürchteten, Stimmen in gespaltenen Staaten zu verlieren und so die Kontrolle an RepublikanerInnen abzugeben.
Demokratischer Enthusiasmus
DemokratInnen erzielten seit Trumps Amtseinführung auch bei Nachwahlen im direkten Kampf gegen RepublikanerInnen wesentlich bessere Ergebnisse. Ein Grund dafür liegt mitunter in deutlich höheren Wahlbeteiligungen auf demokratischer Seite. Dies könnte ein ausschlaggebender Punkt für die im November kommenden Zwischenwahlen, die sogenannten „midterm elections“ sein.
Bei den letzten Zwischenwahlen im Jahr 2014 lag die Wahlbeteiligung bei 35,9 Prozent. Ältere, weiße, männliche Wähler, welche vorwiegend republikanisch wählten, waren dabei statistisch überrepräsentiert. Wenn die WählerInnenzahl auf demokratischer Seite ähnlich hoch ist, wie sie derzeit bei Nachwahlen sind, könnte sich die Demographie der WählerInnen im kommenden November stark wandeln – zum Vorteil der DemokratInnen.
Der Fall der Agenda Trump?
Wahlen. Im November wird über Senat und Repräsentantenhaus neu entschieden. Ein klarer Ausgang ist noch nicht ersichtlich.
Bei den sogenannten „midterm elections“, geht es um einiges: Die Wahlen, die stets zur Halbzeit einer Präsidentschaft stattfinden, bestimmen über die Sitzverteilung im kompletten unteren Kongresshaus, dem Repräsentantenhaus. Jeder lokale Wahlbezirk stellt eineN KandidatIn. Außerdem werden ein Drittel des oberen Hauses, des Senats, in den zu besetzenden Bundesstaaten neu gewählt sowie GouverneurInnen in 36 der 50 Staaten. Üblicherweise gewinnt die Partei Sitze hinz4u, die nicht den Präsidenten stellt. Bei der letzten Zwischenwahl 2014 konnten sich die RepublikanerInnen so die Kontrolle über beide Kongresshäuser sichern.
Derzeit haben die RepublikanerInnen die Mehrheit in beiden Häusern. Im Repräsentantenhaus besetzen sie 235 der 435 Sitze und im Senat haben sie eine leichte Mehrheit mit 51 von 100 Sitzen. Die Partei, die die Mehrheiten in beiden Häusern erhält, kann maßgeblich die legislative Agenda setzen. Aufgrund des polarisierten amerikanischen Parteisystems ist es
PräsidentInnen so kaum noch möglich, Legislatur auf den Weg zu bringen. Dies zeigte sich unter anderem an den letzten Jahren der Obama-Administration, die zu großen Teilen von Außenpolitik und dem Erlass von Dekreten bestimmt waren.
Wege zur Mehrheit
WahlbeobachterInnen halten es für möglich, dass die DemokratInnen in diesem Jahr die Kontrolle über beide Häuser zurückerlangen. Der Weg dahin ist jedoch trotz jüngster positiver Wahlergebnisse schwer. Im Senat müssen die
DemokratInnen zwar nur zwei Sitze gewinnen, jedoch sind viele Sitze in Bundesstaaten offen, in denen Trump 2016 eine Mehrheit erhielt.
Auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus ist nicht einfach zu erlangen. Denn hier kommt der geographische Nachteil zum Tragen, der schon dazu führte, dass 2016 und 2000 die republikanischen Kandidaten Donald Trump und George W. Bush trotz weniger Stimmen das Präsidentschaftsamt erlangten. Denn DemokratInnen sind unter anderem durch den Prozess, der als „Gerrymandering“ bezeichnet wird, so in Wahlbezirke eingeteilt, dass viele ihrer Stimmen aufgrund des Mehrheitswahlrechts verloren gehen.
:Stefan Moll
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