Festival. Am Wochenende starteten die 43. Mülheimer Theatertage NRW „Stücke“. Sieben AutorInnen haben die Chance auf den begehrten Dramatikerpreis. Die Stücktexte sind vielfältig, sprachlich besonders und regen zum Nachdenken an.
Die Festivalleiterin Stephanie Steinberg fordert das Publikum in der Stadthalle bei der Eröffnung auf: „Ich lade Sie ein, Stücke 2018 zu Ihrem Festival zu machen“. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weisen geschehen. Indem man die Stücke besucht, nach den Aufführungen an den Publikumsgesprächen teilnimmt, zum Beisammensein in das Lokal „Dezentrale“ geht oder bei den Installationen in den Spielstätten mitwirkt. „Finden Sie ihr eigenes Stückezitat. Schreiben Sie es auf und heften Sie es zu denen, die wir ausgewählt haben dazu“, erklärt Stephanie Steinberg. Die Spielortgestaltung übernahm zum vierten Mal die Bühnenbildnerin Cordula Körber. Ihr Thema dieses Jahr ist die Schnittstelle zwischen AutorInnen und Theaterbühne. Das Theater wird durch durchlässige Vorhänge repräsentiert, die wie die aufgeklappten Bücher der AutorInnen geformt sind. Für jedes der Stücke gibt es einen Vorhang, auf den prägnante Zitate der Werke einen Einblick in den Text geben. Auf Bänken liegen die Bücher aus, daneben Stifte und Zettel, damit die BesucherInnen ihr eigenes Zitat finden und aufhängen können.
Weltschmerz
Eröffnet wurden die Mülheimer Stücketage mit „Vor Sonnenaufgang“ von Ewald Palmetshofer. Bereits 2015 erhielt der Autor den Preis für das Stück „die unverheiratete“. Dieses Jahr versucht er sein Glück mit einer Überschreibung von Gerharts Hauptmanns gleichnamigen Werk. Das Stück in der Inszenierung von Nora Schlocker wurde im Theater Basel uraufgeführt. Vor einem blassgelben Haus werden die Abgründe einer Familie aus der oberen Mittelschicht offengelegt. Von außen könnte es für die Unternehmersfamilie Krause nicht besser laufen: Die älteste Tochter Martha (Myriam Schröder) ist hochschwanger und das Unternehmen läuft erfolgreich. Doch als Alfred Loth (Simon Zagermann) nach zwölf Jahren unangekündigt auftaucht, um seinen alten Studienfreund Thomas Hoffmann (Michael Wächter), den Mann von Martha, zu besuchen, spitzt sich die Lage zu. Konflikte stören die Idylle: die Veränderung der politischen Gesinnung Thomas, die Depressionen von Martha, der Alkoholismus ihres Vaters, die gescheiterte jüngere Tochter Helene (Pia Händler) und die Frage nach dem eigenen Ich. Neben der sprachlichen Präzision und den tiefgründigen Figuren sind auch das Bühnenbild und das Lichtkonzept besonders beeindruckend. Man wird in die Familie hineingezogen und fühlt bei der großen Katastrophe mit. Am Ende gibt es einen Sonnenaufgang.
Besondere Ehrung
Neben den „Stücken“ gibt es auch die „KinderStücke“. In dieser Woche werden die fünf nominierten Stücke gezeigt und am 18. Mai wird der Preis für die „KinderStücke“ verliehen. Sie nehmen im Festival eine besondere Stellung ein und haben eine eigene Kinderjury.
Nach der letzten Vorstellung am 2. Juni findet die öffentliche Jurydebatte statt. In der Jury sitzen dieses Jahr Jürgen Berger, Till Briegleb, Ludwig Haugk, Angela Obst und Lars-Ole Walburg. Im Anschluss wird der Preisträger/die Preisträgerin mit den mit den15.000 Euro dotierten Dramatikerpreis gewürdigt. Das Programm findet Ihr unter www.stuecke.de.
:Maike Grabow
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