Event. Am 19. April stand das „Zacher“ ganz im Zeichen der Rockmusik. Slammer Marek Firlej und das Autonome Referat für Menschen mit Behinderungen und sämtlichen Beeinträchtigungen (AR-MBSB) richteten den Abend insbesondere an Hörgeschädigte.
„Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist, wenn der Boden unter den Füßen bebt, dann vergisst sie, dass sie taub ist“, heißt es in einem bekannten Song von Herbert Grönemeyer. Das alles trifft auch auf Andree zu. Der Gehörlose ist mit seiner Betreuerin Undine erschienen. „Musik ist für ihn ganz, ganz wichtig“, berichtet sie. Mit Bedauern fährt sie fort, dass es jedoch „nur selten solche Veranstaltungen“ gebe. Wenn es mal eine gibt, ist den Beiden darum fast kein Weg zu weit: Aus dem Kreis Altenkirchen in Rheinland-Pfalz sind die Beiden angereist.
Eine kürzere Anfahrt hatte Tamara aus Bochum. Sie ist auf ihrem rechten Ohr von Geburt an komplett taub. Auch auf dem linken ist ihre Hörfähigkeit stark eingeschränkt. Sie liebt die Musik und schwärmt vom Gefühl, den Bass im Körper zu spüren. Da sie ein Cochlea-Implantat trägt, kann sie etwas hören. Darüber hinaus verbindet ihr Gehirn verschiedene Eindrücke wie Lippenlesen und Gebärdensprache miteinander.
Poesie und Gebärdensprache
Am vergangenen Donnerstag traten zuerst die Poetry-Slammer Micha-El Goehre, Philipp Lehmkuhl und Marek Firlej alias Marock Bierlej auf – mit Texten, die sich passend zum Thema, um Rockmusik drehten. Dabei wurden sie von einer
Gebärdendolmetscherin begleitet und alle Texte wurden parallel an die Wand projiziert. „Ich mag es, für eine gute Sache aufzutreten“, stellte Goehre klar. Firlej, der den Abend mitorganisierte und für die künstlerische Leitung verantwortlich war, brachte seinen Antrieb auf den Punkt: „Weil Rock’n’Roll für alle da ist!“ Lehmkuhl, der eigentlich nicht mehr auftreten wollte, kam mit einem neuen Text zurück: „Ich bin extra aus meiner künstlerischen Pause auf die Bühne zurückgekehrt, weil ich den Anlass sehr schön finde. Inklusion ist immer ein wichtiges Thema.“ Er hat sich fest vorgenommen, sich jetzt auch mit der Gebärdensprache zu beschäftigen. Die Dolmetscherin Sophia Rißler war zufrieden: „Ich habe mich gefreut, sowas heute machen zu dürfen.“ Schwierigkeiten gebe es zwar beim Übersetzen von Poesie weil es in der Gebärdensprache keine Reime gibt, dafür seien aber „andere Sachen so bildlich, dass sie dafür noch lustiger sind.“ Tamara fand nur lobende Worte: „Es war richtig gut. Die Texte waren sehr lustig und die Dolmetscherin ist super.“
Laute Musik, glückliche Gesichter
Nach einer kurzen Pause begann mit der Band Crossplane, die auch schon auf dem Wacken-Festival aufgetreten ist und oft mit Motörhead verglichen wird, der laute Teil des Abends. Es wurde ausgelassen gefeiert.
„Total geil, gerne wieder“ war anschließend das Fazit von Crossplane-Frontmann Celli. Laura-Monica Oprea vom AR-MBSB möchte solche Events auch gerne wiederholen: „Es steckt Potential in der Veranstaltung. Kultur ist für alle da.“ Dass der Abend offenbar ein voller Erfolg gewesen war, ließ Firlej völlig euphorisch werden: „Ich war furchtbar nervös“, gibt er offen zu. Während des Konzerts sei dann aber die ganze Last von ihm abgefallen, „weswegen ich es verdammt nochmal wichtig finde, dass jeder Mensch daran teilhaben kann. Das klingt jetzt furchtbar pathetisch aber Rock’n’Roll gibt mir verdammt nochmal Kraft.“ Das gilt auch für Andree. Er strahlt vom einen Ohr bis zum anderen und streckt den Daumen hoch.
:Katharina Cygan und Gastautor :Jan Turek
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