Forschung. RUB-BiopsychologInnen erklären, warum wir in bestimmten Situationen zu bestimmten Umarmungen tendieren. Und haben nebenbei festgestellt, dass Mann-Mann-Umarmungen relativ negativ konnotiert sind.
Julian Packheiser, Noemi Rook und Sebastian Ocklenburg vom Institut für Kognitive Neurowissenschaft der RUB haben in aktuellen Untersuchungen herausgefunden, dass motorische Phänotype wie Händigkeit und Füßigkeit Einfluss auf das Umarmungsverhalten haben. Aber auch Emotionen nehmen Einfluss. Unabhängig davon, ob es sich dabei um negative oder positive Emotionen handelt, tendieren wir zu einer linksseitigen Umarmung, bei der also die linke Hand über die rechte Schulter des/der Umarmten geführt wird.
Diese Ergebnisse der Studie „Embracing your emotions: affective state impacts lateralisation of human embraces“ veröffentlichte das Team am 18. Januar im Journal „Psychological Research“. Grundlage der Untersuchungen waren zwei Annahmen: 1. Umarmungen werden durch Händigkeit und Füßigkeit beeinflusst. 2. Umarmen ist abhängig von der emotionalen Situation.
Labor- und Feldstudie
Zur zweiten Annahme bestanden anfangs zwei Theorien, nämlich die der rechtshemisphärischen und die der valenzspezifischen Emotionsverarbeitung. Während die erste davon ausgeht, dass sowohl positive als auch negative Emotionen von der rechten Hirnhälfte verarbeitet werden, besagt die Valenztheorie, dass positive Emotionen links und negative rechts verarbeitet werden.
Für die Forschung wurden 2.500 Umarmungen untersucht, von denen je 1.000 im An- und Abflugterminal eines deutschen Flughafens stattfanden. Man nahm an, dass beim Abflugterminal negative Emotionen, verursacht durch Abschiede und Flugangst, vorherrschen, während eine Ankunft mit positiven Emotionen durch Wiedersehensfreude und Erleichterung assoziiert ist. Weitere 500 Umarmungen wurden über die Video-Plattform YouTube untersucht, wo das Team Aufzeichnungen von AkteurInnen auswertete, die Fremden auf der Straße eine Umarmung mit verbundenen Augen anboten. Im Ergebnis wurden beide Annahmen bestätigt, im Rahmen der zweiten Annahme hat sich die rechtshemisphärische Theorie bewahrheitet.
„Zusammengefasst können wir also sagen, dass motorische Ausprägungen wie Händigkeit und unsere emotionalen Zustände miteinander interagieren, wenn es zu Umarmungen kommt. Grundsätzlich wird die Umarmungsrichtung über Händigkeit (und Füßigkeit) bestimmt, aber in emotionalen Situationen durch den Einfluss der rechten Hemisphäre entsprechend moduliert“, erklärt Erstautor Julian Packheiser.
Noch mehr Erkenntnisse
Darüber hinaus war aber noch etwas anderes auffällig. „Ein sehr interessanter Befund unserer Studie war, dass Männer bereits neutrale Umarmungen von anderen Männern unter Laborbedingungen als negativ empfanden“, sagt Packheiser. Dies sei vor allem dadurch offenbar geworden, dass derlei Umarmungen im Vergleich zu neutralen Umarmungen gegenüber Frauen sehr häufig linksseitig ausgeführt worden seien. „Es gibt dazu bereits einige Literatur, dass in unseren Gesellschaften Mann-Mann-Umarmungen als teilweise unangenehm angesehen beziehungsweise empfunden werden. Ebenfalls waren Mann-Mann-Umarmungen deutlich seltener zu beobachten, was ebenfalls für diese Interpretation sprechen würde.“ Dies sei allerdings nicht Gegenstand der hier untersuchten neuronalen Asymmetrien, sondern müsse soziologisch weiter erforscht werden.
:Tobias Möller
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