Kommentar. Die heiße Phase vor der Bundestagswahl hat begonnen. PolitikerInnen erinnern sich an ihre WählerInnen und reisen durch das ganze Land. Doch die Präsenz der AfD stößt oft auf wenig Gegenliebe.
Linke AktivistInnen zeigen ziemlich deutlich mit Menschenketten und anderen Blockaden, dass die AfD nicht willkommen ist. Da stellt sich die Frage, ob Wahlkampfbehinderungen gegenüber der AfD vertretbar sind. Auf zahlreichen Internetseiten, die diese Partei unterstützen, jammern UserInnen über das antidemokratische Verhalten vor der Bundestagswahl. Der Chefredakteur der rechtsradikalen Wochenzeitung „Junge Freiheit“, Dieter Stein, veröffentlichte einen Kommentar, in dem er deutlich macht, was er von der „massive[n] unfaire[n] Behandlung“ gegenüber der Partei hält. Laut Stein wird die AfD zur eigentlichen politischen Oppositionskraft. So sei es „für die Demokratie und die Wiederbelebung eines kontroversen Parlamentarismus zwingend notwendig, dass die AfD den Sprung in den Bundestag schafft.“
Ausnutzen und heucheln
Laut dem Grundgesetz sind Parteien die Organe der politischen Willensbildung. So stand beispielsweise im April der Parteitag in Köln unter dem Schutz des Versammlungsrechts. Durch Menschen ausgeführte Blockaden, die Parteien daran hindern sollen, Wahlkampf zu betreiben, wären also streng genommen antidemokratisch?
Meiner Meinung nach sind Blockaden auch eine Form der Meinungsfreiheit. Denn Menschen versammeln sich auf offener Straße und äußern ihre Meinung. Wenn also ein Info-Stand der AfD, wie in Waltrop vor zwei Wochen, von ihren Partei-Mitgliedern geräumt wird, bloß weil linke AktivistInnen in unmittelbarer Nähe Müllsäcke für das AfD-Werbematerial bereithielten, ist es deren Entscheidung. Sie wurden nicht gezwungen, den Stand abzubauen. Ihnen wurde nicht der Wahlkampf verboten.
Trotzdem stellt sich die AfD gerne als Opfer dar. Politisch ist sie eine Minderheit. Es ist verständlich und legitim, dass die Partei-Mitglieder auf ihre Rechte beharren, die ihnen laut Grundgesetz zustehen. Gleichzeitig wollen sie aber gerade diesen Minderheitenschutz anderen Minderheiten wegnehmen: Im AfD-Programm zur Bundestagswahl heißt es, „dass sich abgeschottete islamische Parallelgesellschaften“ nicht weiter ausbreiten dürfen. Eine Stabilisierung der Sozialsysteme sei laut Programm nur möglich, wenn „unsere begrenzten Mittel“ nicht in eine „unverantwortliche Zuwanderungspolitik“ gesteckt werden. Stattdessen sollen Deutsche motiviert werden, mehr Kinder zu zeugen, zum „Erhalt des eigenen Staatsvolks“ und die Familienpolitik solle sich immer am Bild Vater, Mutter, Kind orientieren. Solche Aussagen sind rassistisch und diskriminieren Menschen mit Migrationshintergrund sowie Menschen, die in alternativen Familienmodellen leben. Diese Punkte sind klare Positionierungen gegen in Deutschland lebenden Minderheiten.
Die AfD ist heuchlerisch, einerseits Minderheitenschutz in Anspruch zu nehmen und andererseits die Rechte anderer Minderheiten abschaffen zu wollen.
Fazit
Jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung zu äußern, auch AfD-PolitikerInnen und deren AnhängerInnen. Wenn diese formulierten Meinungen jedoch hinsichtlich des Inhalts und der Rhetorik Assoziationen an das Dritte Reich hervorrufen, ist es nachvollziehbar, wenn Menschen sich genötigt sehen, ebenfalls frei ihre Meinung zu äußern, damit minderheitenverachtende Äußerungen nicht einfach unkommentiert im Raum stehen gelassen werden.
:Katharina Cygan
0 comments