Bild: Deutsch-türkische JuristInnen: Freudestrahlende TeilnehmerInnen dank akademischer und sozialer Vernetzung in Istanbul., Reisebericht der Fachschaft Jura Foto: Nevin Dinc

Reisebericht. In den Pfingstferien besuchten 15 Studierende der RUB unter Leitung des Fachschaftsrates Jura die Özyegin Universität in Istanbul. Dort fand vom 5. bis zum 8. Juni das vierte vergleichende Verfassungsrechtsseminar statt. 

Bereits im März diesen Jahres besuchten VertreterInnen und Studierende der Istanbuler Universität die RUB zum gemeinsamen Verfassungsausgleichenden Seminar (:bsz 1117). Die Folgeeinladung nach Istanbul wurde von den RUB-JuristInnen gerne angenommen. Diese Studienfahrt stand unter dem Eindruck von Anschlägen in jüngerer Vergangenheit und einem durchgeführten Verfassungsreferendum. Denn im Vorfeld wurde in verschiedenen Medien von einer ausländerInnen- bzw. deutschenfeindlichen Stimmung berichtet.

Die Themenvielfalt und die Vorträge dieses Seminars waren spezieller und aktueller angelegt als noch die Vorträge des dritten Seminars an der Ruhr Universität. In Istanbul bauten die Vorträge auf den Seminar-Ergebnissen vom März zwar auf, aber die studentischen Vorträge an den akademischen Programmtagen standen im Vordergrund. Besonders bemerkenswert waren die Vorträge zum Bodycam-Einsatz durch PolizistInnen, den strafrechtlichen Problemen mit autonom fahrenden Fahrzeugen und die Diskussionen um den presserechtlichen Berichtigungsanspruch. Ebenso wurde die derzeitige Lage in der Türkei besprochen und thematisiert. 

Wissenschaftsfreiheit

Inner- und außerhalb der Universität gab es viele Möglichkeiten, mit den 
GastgeberInnen ins Gespräch zu kommen. Der Austausch über die Situation der Wissenschaft wurde allerdings meist in kleinem Kreis oder sehr leise geführt. 
In der Türkei wurden nach dem Putschversuch im vergangenen Jahr alle Dekan- Innen ihrer Ämter suspendiert und auf Verbindungen zu den PutschistInnen und der Gülen-Bewegung geprüft. Unter diesem Eindruck stehte nun, so wurde uns berichtet, das Wissenschaftssystem, dessen Mitglieder aus Angst um Beruf und Freiheit in vorauseilendem Gehorsam zu bestimmten Themen nicht mehr publizieren. Dieser Zustand ist für eine freie Wissenschaft sehr gefährlich. Denn gerade die Atmosphäre der Unvorhersehbarkeit für welches Verhalten ich mögliche Repressionen erfahren werde, erzeugt eine Situation, in der die freie Meinungsäußerung nicht mehr gewährleistet ist. Zu solchen sicheren Bedingungen sollte die Lage in der türkischen Wissenschaft wieder zurückgeführt werden.

Sicherheit

Ein ganz anderes Bild konnten wir allerdings im außeruniversitären Bereich einholen. Die Stimmung in der Stadt ist nicht getrübt – das gesellschaftliche Leben scheint im Verhältnis zu der Situation in 2014 unverändert zu sein. An hochfrequentierten Plätzen patrouilliert mehr Polizei und auch das Militär. Spätestens beim Kumpir-Essen – eine traditionelle türkische Folienkartoffel mit Salat und Saucen als Füllung – merkten wir aber, dass zwischen Kartoffel und Döner immer noch kein großer Unterschied besteht. Auch Asien und Europa sind nur eine Brückenlänge oder eine Fährfahrt voneinander entfernt. Ob mit oder ohne Referendum. Es gab vor Ort für uns praktisch keine Bedrohung. Auch in den nächsten Jahren soll deshalb der Austausch aufrechterhalten werden. Die Reisegruppe möchte sich an dieser Stelle beim AStA, der FSVK, dem Dekanat der Juristischen Fakultät und dem Fachschaftsrat Jura herzlich bedanken, dass die Fahrt realisiert werden konnte. 
 
 
Gastautor :Arne Michels
 

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