Selbstverteidigung. Das Autonome Frauen*Lesbenreferat (AF*LR) lud zusammen mit Diplompädagogin Lisa Schößler vergangenes Wochenende zum Selbstverteidigungskurs für Frauen* im AusländerInnenzentrum der RUB.
Die Mischung aus den Prämissen, dass Frauen körperlich unterlegen und deshalb bei der Verteidigung ihrer Selbst auf andere angewiesen seien und dass man auf keinen Fall überreagieren wolle, führt dazu, dass Frauen „zu schwach, zu spät und zu wenig reagieren“, wenn einE AngreiferIn lästig wird, so Selbstverteidigungstrainerin Lisa Schößler. Dass dem nicht so sein sollte, zeigte die Diplompädagogin in Kooperation mit dem AF*LR im Rahmen zweier Workshoptage interessierten Teilnehmerinnen. Der Kurs, der unter Referentin Anna bereits zum zweiten Mal stattfand, hatte die körperliche Verteidigung samt praktischer Übungseinheiten zum Schwerpunkt. Inhaltlich waren neben den geeigneten Körperzielen auch spezielle Situationen wie Umklammerungsgriffe, Waffen, aber auch Notwehr und -hilfe Themen. Es sei laut Anna wichtig, dass Frauen einfache Techniken zur Verteidigung erlernen, vor allem in einem „geschützten Rahmen“. Gemischte Übungsgruppen bewertet Anna als problematisch, da vor allem eben Frauen dort nicht so einfach „Stopp“ sagen können, wenn ihnen eine Übung – oder der enge Körperkontakt – unangenehm werden. Dies führe dazu, dass Teilnehmerinnen solchen Veranstaltungen fernblieben. Aus diesem Grund waren nur Frauen*, Lesben, Trans und Inter eingeladen.
Genitalien und Kehlkopf
Die effektivsten Ziele sind der Klassiker Genitalien und die Nase, welche sehr schnell schmerzhaft bricht. Durch die dadurch ausgelöste Tränenproduktion wird der/die Angreifende darüber hinaus auch visuell eingeschränkt. Auch die Knie und die Leber seien prinzipiell gute Stellen, die jedoch aufgrund kleinerer Trefferflächen schwieriger zu erreichen sind. Der Kehlkopf kann ebenfalls schnell zertrümmert werden, aber ist nur eine Option in Entscheidungen um das eigene Leben. Die Teilnehmerinnen erlernten vier Grundschläge: Faustschlag, Schnapptritt, Ellenbogenschlag, Kniestoß, die der Reihe nach und in Kombinationen geübt wurden.
Das Ziel des Kurses: Den Frauen* zeigen, dass sie mit simplen Techniken ebenfalls in einem Kampf bestehen können: „Ich will, dass sie sagen: ‚Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass, wenn ich jemandem so in die Eier trete, es dann wehtut!‘“ Nicht die Stärke oder die Technik seien entscheidend. Auch müssen Frauen* ihre Hemmungen abbauen: Ein Schlag reicht oftmals nicht aus und auf keinen Fall sollte man sich zurückhalten aus Angst, den Angreifenden ernstlich zu verletzen. Die meisten Angreifenden seien laut Lisa Profis. Sie wollen bewusst die Grenzen der Frauen testen und überwinden.
Räume schaffen
Referentin Anna sieht mit dem Workshop Ziele der Referatsarbeit aufgegriffen: „Da ist die Frage: Was ist unsere Aufgabe? Vernetzung und Räume zu schaffen für Frauen, Lesben, Trans und Inter. Ich halte es für sehr wichtig, dass gerade Frauen, die so sozialisiert werden, sich nicht zu prügeln und auf körperliche Auseinandersetzungen einzulassen, sehen, dass sie es doch können.“ Denn viele trauen sich nicht oder machen sich Sorgen, überzureagieren, wenn eine Grenze – beispielsweise Berührungen oder beleidigende Worte – überschritten wurde. Kursleiterin Lisa machte allerdings klar: „Man muss sich daran gewöhnen, überzureagieren!“
:Andrea Lorenz
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