Kommentar. Laut Reporter ohne Grenzen erfolgen Angriffe auf die Presse hemmungsloser – auch in Demokratien. Wo mag das hinführen?
Militärparaden, salutierende Staatsoberhäupter, uniformierte RegimeunterstützerInnen, lächelnde AnhängerInnen, Kampfjet-Flugshows – ein nicht mal eineinhalbminütiges Video von Reporter ohne Grenzen bringt es auf den Punkt: „Ohne unabhängige Reporter wäre Krieg nur eine schöne Darbietung“.
Umso schlimmer, dass derzeit Demokratien, die sich der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948 bewusst sind – „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung“, unabhängig von Grenzen jedweder Art – diejenigen diskreditieren, die dazu beitragen, dass so etwas wie Meinungspluralität oder gar nur eine öffentliche Meinung entstehen kann.
Dahingehend habe sich laut Pressefreiheitsindex 2017 die Situation in zwei Dritteln der 180 untersuchten Länder verschlechtert – wozu auch demokratische Länder beitrugen. Mehrfache verbale Angriffe auf JournalistInnen durch PolitikerInnen, Überwachungsbefugnisse durch Gesetze, in denen JournalistInnen keine Sonderrechte eingeräumt wurden.
Schlechte Vorbilder
Wo kommen wir hin, wenn wir ReporterInnen vor Gericht stellen, weil sie über Demonstrationen berichten und wir unsere lange Tradition als Hüterin der Pressefreiheit über Bord werfen (USA), wenn wir nach einem Machtwechsel hunderte JournalistInnen im öffentlichen Rundfunk entlassen und staatliche Firmen dazu ermutigen, keine zu finanzierenden Anzeigen mehr in regierungskritischen Blättern zu platzieren (Polen), wenn wir JournalistInnen auspfeifen, verhöhnen oder partiell nicht akkreditieren, weil wir uns an sogenannte „Alternative Fakten“ klammern (Frankreich)?
Notorisches Ausblenden unangenehmer Informationen gehört mittlerweile scheinbar dazu. Deshalb möchte ich in etwa so abschließen, wie ich begann. Tote Menschen, tote Kinder, Versehrte, Trümmerfelder, fürs Leben Gezeichnete – das zuvor erwähnte Video bringt es auch hier auf den Punkt: „Unterstützt diejenigen, die ihr Leben riskieren, um uns die Wahrheit zu bringen.“
:Tobias Möller
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