Sowie die Thermodynamik zur Physik gehört, ist Theaterwissenschaft ohne Musik und Tanz undenkbar. Langjährige Studierende erinnern sich vielleicht noch an den Magisterstudiengang Musikwissenschaft, der zum Wintersemester 2002/03 eingestellt wurde. Demgegenüber ist das Kolloquium Musik- und Tanztheater am Institut für Theaterwissenschaft seit Jahren etabliert. Für das Wintersemester 2016/17 wurde dieses unter dem Titel „Jenseits der Sprache – Stimme, Körper, Szene im Musiktheater“ als Symposion konzipiert. Damit wird Studierenden und Promovierenden eine Plattform geboten, sich dialogisch über Forschungsstände auszutauschen. Initiatorin Dr. Monika Woitas reflektiert die Auswirkungen der vergrößerten ZuhörerInnenschaft: „Studierende präsentieren anders, wenn Sie wissen, dass Externe und Fachleute anwesend sind.“ Im Rahmen dieses Symposions folgte unter anderem Prof. Stefan Drees (Musikwissenschaftler an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin) der Einladung an die RUB.
Nicht immer Wagner und Mozart
Dass die ReferentInnen inhaltlich und methodisch sehr verschieden arbeiten, zeichnete sich im vielschichtigen Programm ab: Von der „mathematisch-kontingenten Kompositionstechnik“ des deutsch-argentinischen Komponisten Mauricio Kagel über amerikanisches Kuriositätentheater bis hin zu „akustischen Whiteouts“ bei Bählamms Fest von Olga Neuwirth. Die Vorträge sind Forschungszwischenstände, die von Promotions-, Bachelor- oder Hausarbeiten ausgehen. Aber wo liegt nun das Jenseits der Sprache? Master-Studentin Uta Stevens befasste sich bereits im Rahmen einer Hausarbeit mit dem Werk des tschechischen Komponisten Leoš Janáček. „Es geht nicht um einen Inhalt, der vermittelt werden soll durch Sprache“, erklärt die Referentin. „Wir verstehen Sprache und Stimme als Klangphänomene.“ Apropos phonetische Phänomene: „Kaiser Wilhelm Overdrive, Adolf Hitler Enterprise und Ulrike Meinhof Paradise“ heißen die Bestandteile der sogenannten Tonträgeroper „Deutsche Krieger“. Auch Mareike Gaubitz forscht zu klanglichen Qualitäten und untersucht, wie Andreas Ammer und der Musiker FM Einheit Geschichte hörbar machen. Die Master-Studentin weist auf die Vorteile des Formats hin: „Es ist eine neue Erfahrung, einen Vortrag für ein Symposion vorzubereiten. Anstrengend, aber hilfreich – besonders wenn man plant, in der Forschung zu bleiben.“
Ein bisschen Zukunftsmusik?
Die Forderungen nach musikwissenschaftlichen Schwerpunkten werden lauter. Seit Beginn des Wintersemesters 2016/17 haben Studierende die Möglichkeit, Musikwissenschaften an der Folkwang Universität der Künste mit einem Fach aus den Sozial- oder Ostasienwissenschaften an der RUB zu kombinieren. Auf dem theaterwissenschaftlichen Bachelor-Studium aufbauend wäre die Etablierung eines Masterstudienganges Musiktheater eine sinnvolle Erweiterung. Woitas meint, dies biete sich an: „Wir haben im und ums Ruhrgebiet eine Dichte an Opern- und Musiktheaterhäusern, die einmalig ist“ Zurzeit sind solche Umsetzungen noch Zukunftsmusik. Dennoch: Wir bleiben gespannt und halten die Ohren offen.
:Marcus Boxler
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