„Nazi-Kunst ins Museum?“ Mit dieser Frage entfesselte der Künstler Klaus Staeck im September 1986 eine umfangreiche Debatte. Ausgangspunkt dieser Diskussion war das Kunstsammlerpaar Irene und Peter Ludwig. Sie wollten von ihnen gefertigte Marmorbüsten des Bildhauers Arno Breker im Kölner Ludwig-Museum ausstellen.
Ungefähr 30 Jahre später kommen Kunstwerke aus der Zeit des Nationalsozialismus dennoch ins Museum: unter kritisch-analytischem Blick. „Des Volkes Lebensquell“ (R. Heymann) oder „Pflügen“ (P. Junghanns) sind exemplarische Werke – ausgerichtet an den propagandistischen Intentionen der NationalsozialistInnen. Religiös, familiär, ländlich, hart arbeitend, stählerne Körper: Die Motive sollen deutsche Traditionen und Tugenden inszenieren. Dem gegenübergestellt erinnern von den Nazis verbotene Werke wie Max Beckmanns „Ochsenstall“ (Vieh im Pferch) oder Franz Radziwills „Flugzeuge/Immer schneller fliegen“ an die düstere Realität. Die sogenannte „Entartete Kunst“ kontrastiert eine Lebenswirklichkeit zu der heilen Welt, die in der „artigen Kunst“ abgebildet wurde: Ein absurdes Nebeneinander historischer Perspektiven.
Hitlers Hollywood
Das Begleitprogramm der Ausstellung ist umfangreich. Für die Veranstaltung „Hitlers Traumfabrik – Das deutsche Kino im Nationalsozialismus“ wurden Prof. Oliver Fahle vom Institut für Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und Rüdiger Suchsland eingeladen. Der Filmjournalist und -kritiker stellt vor dem Hintergrund seinen im Februar erscheinenden Film „Hitlers Hollywood. Das Deutsche Kino im Zeitalter der Propaganda 1933-1945“ vor. Eine der zentralen Thesen: Unter der strengen Aufsicht des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, folgte das deutsche Kino einer „maskiert-entlarvenden“ Sichtweise. In den Filmen werden die Ziele der NationalsozialistInnen subtil formuliert, Waffen und Gewalt verherrlicht und KämpferInnen heroisiert. „Wir Zuschauer sehen die Wahrheit hinter der Illusion“, resümiert der Filmemacher.
Neue Perspektiven
Damit verfährt das Kino merklich anders als die bildende Kunst: „Die Propaganda ist stärker in Richtung Vertuschung der Realität“, verdeutlicht Katharina Zimmermann, Leiterin der Situation Kunst. Die Gegenüberstellung dieser gegensätzlich operierenden Medien macht klar, dass die Funktionsweise von Kunst und Propaganda unter den Nazis nicht eindimensional ist. Rüdiger Suchsland fordert neben der „politischen und moralischen Betrachtung“ der NS-Zeit eine „ästhetische Herangehensweise“ und widerspricht dem Vorwurf, alles sei reine Propaganda und künstlerisch wertlos. Ebensolche Vorbehalte erschweren die Auseinandersetzung und schrecken Fördernde und KooperationspartnerInnen ab. Auch Katharina Zimmermann betont „die Angst davor, dass man diese Kunst aufwerten könnte“. Die scheiternde Vergangenheitsbewältigung resultierte darin, dass die artige Kunst „nicht mehr relevant war für die Kunstgeschichte“. Doch eben jene Sichtweise gilt es zu bewahren und zu reflektieren, um einen umfassenden historischen Diskurs gewährleisten zu können.
:Marcus Boxler
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