Peng Collective und das Zentrum für Politische Schönheit an einem Wochenende: Unter dem Motto „Theater trifft Aktion“ kamen in Dortmund verschiedene KünstlerInnen der Theaterszene zusammen. Die :bsz sprach mit Johannes Grenzfurthner von der Kunstgruppe monochrom.
Gestehen müssen sie es gleich zu Beginn: „Wir haben noch nie wirklich Theater gemacht.“ Doch das Peng Collective hat für zwei Jahre im Schauspiel Dortmund angeheuert. Bekannt geworden sind sie vor allem mit ihrer subversiven Aktionskunst – oder wie sie es selbst ironisch bezeichnen: „Medienspektakel mit praktischem Lebensbezug“. Auf der Bühne werden auf einer Leinwand die Meilensteine ihrer Aktionen gezeigt: Im Dezember 2013 schießt eine Ölfontäne durch ein piekfeines TV-Studio. Denn AktivistInnen von Peng infiltrierten eine PR-Veranstaltung des Ölkonzerns Shell und rufen dazu auf, dass Shell für die Umweltschäden im Nigerdelta aufkommen und sich aus der Arktis zurückziehen solle. Zuletzt inszenierten sie eine Pressekonferenz im Hauptquartier des Energie-Riesen Vattenfall und verkündeten einen Ausstieg des Konzerns aus der Kohleenergie und einen Umstieg auf erneuerbare Energien. Die Presse fiel darauf herein und verbreitete die Meldung, sogar die CDU gratulierte zur „Entscheidung“ Vattenfalls.
Bei ihrer Premiere in Dortmund verlesen sie das „populistische Manifest“ – eine schrullige Agitatorin hängst an der Decke: „Allein der Populismus wird uns retten…“ Konfetti-Explosionen, Sekt und die Aufforderung, gemeinsam die populistische Hymne mitzutanzen – die Gründungsparty der „Populistinnen“ wird zum Auftakt für ein Wochenende unter dem Motto „Theater trifft Aktion“.
Wie kommt man noch ans Publikum ran?
Neben „2099“, dem ersten Stück des Zentrums für Politische Schönheit, das zuletzt mit der Aktion „Die Toten kommen“ oder den inszenierten Mordabsichten des Dortmunder Nazi-Packs für Schlagzeilen sorgte, gab es an diesem Wochenende vor allem Workshops und Diskussionen zwischen AktionskünstlerInnen und anderen TheatermacherInnen.
Mit dabei war auch Johannes Grenzfurthner, der als Gründer schon seit 22 Jahren in der Kunst- und Theoriegruppe monochrom dabei ist. Für ihn ging es in den Diskussionen vor allem auch um „Taktiken“, das Publikum zu erreichen: „Wie kann man die Leute noch dazu bringen zuzuhören, wenn sie eigentlich gar nicht mehr zuhören wollen? Es wird fade, wenn man fragt, was das Theater kann? Dort, wo verschiedene Konfusionen auftreten, wo man nicht genau weiß, ist es jetzt Aktionismus oder Kunst? Oder ist es jetzt Theater oder nicht? Genau dort wird’s spannend“, so der Österreicher, für den es beim Theater mit Blick auf Pegida und Co immer auch um politische Fragen gehe: „Meine linke Auffassung von Kunst ist: Kunst muss überwunden werden. Wir müssen zu einem Punkt kommen, wo die Freiheit der Kunst, in dieser komischen bürgerlichen Gesellschaft, in der wir leben, nicht mehr notwendig ist. Wie lange gibt es den Kunstbegriff, von dem wir sprechen? 200 Jahre. Also, dieser Kunstbegriff ist so alt wie der Kapitalismus.“
Beispiele provokanter und progressiver Theaterkunst gab es auch schon an diesem Wochenende: Man darf gespannt sein, wie es beim Peng Collective oder dem Zentrum für Politische Schönheit weitergeht. Derweil entwickelt sich das Dortmunder Schauspiel zum innovativen Bühnen-Labor, das mutig zeigt: Politisches Theater geht doch.
:Benjamin Trilling
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