In Hans Drehers Inszenierung nach Motiven von Bret Easton Ellis’ „American Psycho“ eskaliert ein Wall Street-Killer als armseliger Clown.
Früh platzt die Blase schon. Wenn auch nur in Form eines Luftballons. Ein wenig Konfetti prasselt auf den Boden. Was kollabiert, ist nicht das System, sondern die brüchige Identität eines seiner finanzkapitalistischen Monster. Der Exzess bleibt rein individuell.
So verpufft das, was man im Leben von Patrick Bateman, der Figur in Bret Easton Ellis’ Roman, noch als Umrisse von Sinngehalt erahnen kann, sehr schnell – und ist ebenso schnell zusammen gefasst: Bateman lebt an der Wall Street den American Dream, wohnt im Luxusviertel der Upper Class (wo Tom Cruise sein Nachbar ist), trägt Unterhosen im Wert von, wie er betont, 80 Dollar und stählt seinen Körper für die Ellbogengesellschaft da draußen.
Wie leicht das geht, zeigt schon die Eröffnungsszene: Während er kosmetische Konsumgüter aufzählt, die den Körper in der Leistungsgesellschaft perfektionieren, rutscht dieser Muster-Yuppie auf einer einshamponierten Folie und säumt sich ausgiebig in Badeschaum – weil die Geschäfte, die er am Tag macht und nachts mit anderen Mitteln fortsetzt, zum Himmel stinken. Diese athletische Figur des Bösen spielt Felix Lampert als wäre sie nicht von dieser Welt.
Psychogramm eines Wallstreet-Killers
Dass man Kultfilme erfolgreich auf die Bühne bringen kann, hat man an der Rottstr5 unter anderem mit „Fight Club“ bewiesen. Das gelingt auch Hans Drehers Bühnenadaption. Frei nach dem Kultroman von Bret Easton Ellis und der gleichnamigen Verfilmung mit Christian Bale in der Hauptrolle wird die Handlung auf das Seelenleben des Protagonisten verdichtet, als Psychogramm eines Wall Street-Serienkillers.
Dass es nicht viel mehr als zwei DarstellerInnen braucht, ist auch Ronja Sczepanski vom young‘n‘rotten-Jugend-Ensemble zu verdanken, die in die verschiedenen Rollen schlüpft, die genauso schnell im kurzweiligen Stück um die Ecke gebracht werden. Drehers Inszenierung geizt nicht damit, die expliziten Gewaltdarstellungen aus Ellis’ Skandal-Roman aus dem off sprechen zu lassen. Und doch sind es Ansichten eines Clown, der „Karikatur eines Menschen“, wie die Hauptfigur über sich selbst gesteht. Wenn er dann geschminkt in der Heath-Ledger-Joker-Maske auftritt, später mit der aus Kubricks „Clockwork Orange“ bekannten Melone samt Baseballschläger dazu, gewinnt man den Eindruck, als habe sich Ellis’ Börsen-Psycho zur popkulturellen Gestalt verflüchtigt, die das Böse verkörpert.
Mit ebensolcher filmischen Routine fließt und plätschert das Blut in der Inszenierung reichlich. Noch mehr aber das Wasser. Die Bade-Apotheose zum Schluss ist da bezeichnend: so oft dieser Serienkiller sich abduscht – rein waschen kann er sich nicht mehr. Ja, dieser Patrick Bateman ist eine kultige Romanfigur, ein Kind der 90er. Aber dieses Kind ist erwachsen geworden, ein ausgewachsener Yuppie im Endstadium: Dass er tagsüber der dezente Wall-Street-Karrierist und nachts ein brutaler Serienkiller ist, macht keinen wesentlichen Unterschied, er ist kein Abstraktum des Bösen sondern die konkrete, quicklebendige Verkörperungen des mörderischen neoliberalen Systems. Nur eben als popkultureller böser Clown.
:Benjamin Trilling
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