Bild: Heavy Metal Holiday: Die MetalDays in Slowenien zählen zu den schönsten und lustigsten Festivals., MetalDays in Slowenien: Heavy-Metal und Strandurlaub in einem Foto: mar

Smaragdgrünes Wasser, das sich durch die Alpen schlängelt, 40 Grad im Schatten, Bikinis, Badehosen und Beachvolleyball. Das weckt wohl bei so Manchem sommerliche Ferienstimmung, aber wohl kaum den Gedanken an ein Heavy-Metal-Festival. Gerade deshalb – aber nicht nur – sind die MetalDays in Slowenien ein besonderes Festival, an das man noch Jahre zurückdenken wird!

„Hell over Paradise“ lautete – mehr als passend – bis 2012 das Motto des bis dahin Metalcamp genannten Festivals. 2013 änderte sich der Name in MetalDays, doch Ort und Konzept blieben die gleichen: Dort, wo idyllisch das Flüsschen Tolminka in die Soča fließt und die Berge zum Wandern im Sonnenschein einladen, dort geht ein Mal im Jahr die Metalhölle los: 70 Bands der harten Zunft lassen zusammen mit 10.000 Fans das Naturparadies für sieben Tage erbeben!

Bands von bluesig bis böse

Es ist nicht nur die schiere Masse an Menschen, die auf einmal die Felder, Wälder und Flussufer nahe des Städtchens Tolmin mit ihren Zelten und Pavillons bevölkert, sondern vor allem die Musik. Wer unter Rockmusik Revolverheld versteht, hat hier absolut nichts zu suchen. Bands wie die schwedischen Bluespills, die sich dem klassischen Bluesrock nach 70er-Jahre-Vorbild verschrieben haben, oder Audrey Horne, die das Wochenende drauf in der Essener Innenstadt auf dem Nord Open Air gespielt, in Tolmin aber einen  enttäuschenden Akustikbrei abgeliefert haben, gehören hier noch zum Sanftesten.

Einfach unfassbar laut war es etwa am Dienstag, als Headliner und Death-Metal-Legenden Cannibal Corpse auf der Bühne standen. Selbst von der hinteren Hälfte des Festivalgeländes konnte man regelrecht in der Magengrube spüren, wie einem die Band um den Vokalisten Corpsegrinder nach den Gedärmen trachtet.

Vielleicht weniger gewalttätig, dafür umso böser schlossen Behemoth das Festivalabenteuer ab. Die Polen zeigten gekonnt spektakulär, wie ästhetisch das Diabolische in der Welt ist – und machten damit sichtlich eine ganze Menge Menschen glücklich.

Wasserspaß macht albern und geil

Hello Kitty Breakdown. Foto: marAuch die beiden Flüsse, Soča und Tolminka, machten mit ihrer Kühle, nein, eigentlich schon bergflusstypischen Kälte viele Menschen glücklich. Kein Wunder bei gemessenen 44 Grad Celsius – unterm Pavillon! Wer da sein Bier hat in der Sonne stehen lassen, durfte es beim Trinken im Mund auf angenehme 37 Grad runterkühlen. Wehe dem, der damit Flunkyball spielen muss!

Im Wasser jedoch sind die Dosen slowenisches Laško-Bier, das es im nur wenige Minuten entfernten Supermarkt gibt, gut aufgehoben. Genauso wie die Wodkamelonen. Oder die Schlauchboote, Luftmatratzen oder die gefühlten 70 Hello-Kitty-Schwimmreifen um einen einzigen – erwachsenen – Mann. Doch was heißt schon erwachsen? Wer einmal auf einem Festival war, weiß, wie dort der Wahnsinn waltet. Da ist man sich für keine Albernheit zu Schade, für keine Schmach zu blöd. Und im Wasser? Das ganze mal zehn. Ähnliches gilt übrigens auch für den Testosteronspiegel: Auch der wird von der Kombination Festival und Strand potenziert.

Rotting Christ: Das größte Geschenk an die Menschheit

Mit dem Abend jedoch kommen die namhaften Bands und das andere Geschlecht ist erst einmal vergessen. Am Nachmittag – und das ist für ein Festival dieser Größe sehr löblich – spielen zunächst Nachwuchsbands aus dem weiteren Umkreis, also Slowenien, Österreich und Italien. Die VeranstalterInnen sind so weise, kein Konzert vor 15 Uhr beginnen zu lassen; vorher sind sie eh alle baden, danach einkaufen, vielleicht vorher noch etwas in den Bergen wandern …Blick auf die Berge um Tolmin: Die Festungsruine ist ein lohnenswertes Ausflugsziel. Foto: mar

Jedenfalls brauchte ein Mann ohnehin keine Frau mehr, wenn er diesen Rotting-Christ-Auftritt gehört hat (andersrum verhielt es sich wohl genauso). Trotz leicht schwammigen Sounds ballerten die vier Griechen eine Kriegserklärung nach der anderen in den Moshpit. Mit den Basstönen traten sie wuchtig in den Arsch und die hohen Töne sorgten unaufhörlich für gezielte Schläge in die Fresse. Eine Band, die den Metal auf voller Tonskala verstanden hat! Dieser Auftritt war das größte Geschenk, das jemals an die Menschheit gemacht worden ist.

Neu interpretiert wird der Metal von Ne Obliviscaris (meiner persönlichen Entdeckung auf dem Festival). Wer sagt denn, dass ein fast schon emo/poppiger Gesang nicht auch auf ein Black-Metal-Fundament passt? Und dann präsentiert sich dieser Violinist noch optisch und akustisch auffällig. Eine australische Band, die man im Auge behalten sollte, wenn man Gruppen mag, die Genregrenzen gekonnt sprengen.

Sacred Steel über die Fans, das Wetter und den Pott

Konventionellere, aber nichtsdestoweniger kraftvolle Klänge gab es von Sacred Steel aus Stuttgart. Bevor die Power-Metaller am Dienstag die Massen an die große Bühne zogen, Sacred Steel beim :bsz-Interview. Foto: marsprachen sie ihren Respekt vor den Fans aus. Dass da Menschen trotz der Hitze hinauspilgern vor die Bühne und dann dort noch heftig abrocken, das sei beeindruckend – und motivierend. „Wenn du selbst vor dem Auftritt einen Tag hast, an dem du nicht hundertprozentig Lust hast, dann baut dich dieser Gedanke ungeheuer auf“, sagte Vokalist Gerrit P. Mutz – und klang dabei total ehrlich. Genauso, als die Band nach einem Lob auf den Saxon-Gig vom Vortag quasi einstimmig beteuerte: „Wir sind alle noch Fans geblieben!“ Insgesamt schienen sich Sacred Steel auf dem Festival sehr wohl zu fühlen, auch wenn das Wetter wahlweise „optimal“ oder „mindestens zehn Grad zu heiß“ war.

Als Band ist man lange Reisen gewöhnt. Sacred Steel waren selbst erst am Vortag aus Stuttgart angereist, und auf ihren Touren machen sie immer wieder gerne im Ruhrgebiet halt – dessen Ruf als Metalhauptstadt Deutschlands nicht von ungefähr kommt, wie die Band versichert. Aber so als Fan, 1.000 Kilometer für ein Festival? „Das lohnt sich absolut! Es ist so geil hier!“, bestätigt Louise, die extra aus Braunschweig angereist war – und damit noch eine Ecke weiter fahren musste als wir aus Bochum.

1000 Kilometer dafür? Ja! Ja! Ja!

Und tatsächlich, wenn man sich so umsah auf den Camping- und Parkplätzen, BO-, DO-, GE-, EN-Kennzeichen waren durchaus gar nicht so selten (was wieder einmal den guten Ruf des Ruhrgebiets untermauert). Und tatsächlich campten direkt neben uns SchleswigerInnen; sogar DänInnen soll man irgendwo gesichtet haben. Die meisten Kennzeichen verrieten durchaus Süddeutsche, ÖsterreicherInnen oder, natürlich, SlowenInnen, doch egal, wo sie herkamen, die meisten sind sich einig: MetalDays sind ein Festival der besonderen Art – und wir kommen wieder!

 

:Marek Firlej

 

 

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