Sie hat es getan: Autorin E.L. James hat auf die Bitten ihrer Fans geantwortet und mit „Grey: Fifty Shades of Grey“ die Perspektive gewechselt – diesmal kommt der Mann zu Wort. Am 18. Juni wird der Roman in englischer Sprache veröffentlicht, führt aber dank Vorbestellungen jetzt schon die Bestsellerlisten an.
Mal ganz ehrlich: Brauchen wir das wirklich? Statt uns Missbrauch und falsch verstandenes BDSM (der umfassende Oberbegriff für das, was gemeinhin als SM angesehen wird; steht für Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism) aus der Opferrolle anzugucken, wird uns jetzt die Sicht des Täters vorgesetzt. Des missverstandenen ehemaligen Missbrauchsopfers Christian Grey, das jetzt selber zum Täter in einer misshandelnden Beziehung geworden ist.
Ob und wie gut Fifty Shades die BDSM-Gemeinde repräsentiert, wird ja bereits seit längerem in den Medien diskutiert. Problematisch ist die Darstellung von BDSM als Krankheit, die behandelt werden muss, statt als verantwortungsbewusster und einvernehmlicher Ausdruck einer Sexualität abseits der „Norm“ allemal.
Wenn die Kopie mehr kann als das Original
Aber jetzt erstmal ein Kompliment an die ehemalige „Twilight“- Fanfiction („The Master of the Universe“) – schließlich hat sie das geschafft, was dem Original versagt blieb: Genau die gleiche Geschichte aus einer anderen Perspektive nochmal durchzukauen. Stephenie Meyer hatte ja auch damit begonnen, „Twilight“ aus der Sicht des glitzernden Vampirs Edward zu schreiben („Midnight Sun“), brach das Projekt aber ab, nachdem die ersten Kapitel ohne ihre Einwilligung im Internet auftauchten. Schade eigentlich, der Perspektivwechsel hätte ihr bestimmt nochmal einen schönen Batzen Geld eingebracht. Und wir hätten ja nur zu gerne gewusst, wie spannend es ist, sich nachts ins Zimmer einer Minderjährigen zu schleichen und ihr beim Schlafen zuzugucken. Sicherlich spannender als zu lesen, warum Christian Grey seine gestörte Vergangenheit mit Pseudo-BDSM aufarbeitet. Bleibt abzuwarten, ob dann auch der Film zum Buch kommt. Die Cashcow muss schließlich gemolken werden – bis zum letzten Tropfen!
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